Eine bunte Schar Menschen sitzt in einer Bar, trinkt, isst, raucht, lacht und genießt die Gesellschaft. Im Hintergrund spielt jemand Klavier, ein weißer Hund liegt geduldig unter einem Tisch. Eine blonde Frau stützt ihren Kopf auf die angewinkelten Arme, vor ihr steht ein Teller Nüsse. Ihr gegenüber steht vermutlich der Koch mit einer weißen flachen Mütze. Daneben unterhält sich ein Paar, die beiden lachen. Eine Kneipe ist bei jedem Wetter ein guter Ort. Auf diesem Triptychon mit dem Titel „An der Bar“ hat die Malerin Silvia Friedrich-Rust einen genussvollen Moment festgehalten. Eine Alltagsszene, wie sie wohl jeder kennt. „Divertimenti – Vergnügliche Augenblicke“ hat sie ihre aktuelle Ausstellung im Hollerhaus überschrieben.
Vergnüglich geht es auch auf dem großformatigen Gemälde „Die Party“ zu. Damen haben sich in Schale geworfen, haben zu Lippenstift, Perlenketten, verwegenen Kleidern und bunten Tüchern gegriffen. Im Hintergrund unterhalten sich Frauen und ein Mann mit rotem Einstecktuch. Ungewöhnlich ist die Frau im Vordergrund: Sie hat dem Betrachter den Rücken zugekehrt und die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Warum? Wer mag das sein? Man würde ihr gerne auf die Schulter tippen. „Ich halte die Bilder für etwas ganz Besonderes“, sagt Galeristin Lia Schneider-Stöckl bei der Vernissage. „Es sind Szenen aus dem Leben, die jeder kennt und an denen man gerne teilhaben möchte.“ Die impressionistische Malweise von Silvia Friedrich-Rusts öffne dem Betrachtenden die Augen für die Schönheit des Augenblicks und animiere zur Wahrnehmung des Gegenwärtigen.


Gerade erst fertig geworden ist ein achtteiliger Zyklus mit Tanzstudien in Schwarz, Grau und Weiß. Während die Malerin normalerweise Ölfarben verwendet, hat sie hier mit Acryl gemalt. Dynamisch geht es zu, man möchte am liebsten gleich mittanzen. „Bewegung, das liegt mir. Ich versuche, flüchtige Momente in meinen Bildern festzuhalten und das Gefühl dieses Momentes zu transportieren“, erklärt Silvia Friedrich-Rust.
Die Künstlerin ist promovierte Kunsthistorikerin und viel in der Welt herumgekommen, hat sich von Hongkong, Tokio und New York inspirieren lassen. In der amerikanischen Metropole lebte sie eine Zeit lang bei einer Freundin und genoss das pulsierende Leben. „Jeder Tag war eine Herausforderung“, schwärmt sie von dieser Zeit und verweist auf das Bild „Großstadt“. Der Betrachter sieht Menschen, die nach einem Theaterbesuch nach Hause gehen, darunter eine blonde Frau, die ihr kleines Kind an der Hand hält. Hell erleuchtet ist so eine Großstadt auch bei Nacht. „Wir sind damals spontan ins Theater gegangen. Karten gab es immer“, erinnert sie sich an die aufregende Zeit im Großstadtdschungel.
Gegenüber hängt eine Urwald-Szene mit üppiger Vegetation. „Das erinnert mich an einen Aufenthalt in Borneo“, erklärt die Künstlerin. In Borneo habe sie bei archäologischen Ausgrabungen mitgewirkt. Auffällig sind die Orchideen und Blumen, ein Jaguar hingegen ist so zart und klein im Hintergrund versteckt, dass man ihn nur bei genauem Hinsehen entdeckt.
Prägende Inspirationen erhielt Silvia Friedrich-Rust, als sie mit vierzehn Jahren als Deutsche Preisträgerin eines Aufsatzwettbewerbs der Walt-Disney-Produktion zusammen mit anderen Jugendlichen aus aller Welt zu einer Reise nach Los Angeles und durch die Vereinigten Staaten eingeladen wurde. Zum ersten Mal lernte sie fremde Kulturen und andere Lebensweisen kennen. Auch die Darstellungen und Geschichten von Walt Disney haben die in Icking lebende Malerin inspiriert.
„Ich habe mein Leben gelebt und das kommt mir jetzt zugute.“
Als Künstlerin ist sie Autodidaktin. Als Kunsthistorikerin arbeitete sie zunächst als wissenschaftliche Angestellte an der Bergischen Universität Wuppertal. Dort leitete sie den Arbeitskreis 18. Jahrhundert. Die Semesterferien nutzte sie zum Malen. „Mich faszinierte die Industrielandschaft, die Fabrikgebäude und wie sich die Umgebung von Jahr zu Jahr verändert“, erklärt sie.
„Meine allererste Ausstellung verdankte ich Beatrix von Metternich“, erinnert sich die Künstlerin. „Sie fragte mich, ob ich nicht im Schloss Fürstenberg ausstellen möchte.“ Später verarbeitete sie ihre Reisen in ihren Bildern. „Ich habe mein Leben gelebt und das kommt mir jetzt zugute.“ Dass das Leben aber auch in der Kneipe um die Ecke malerische Momente haben kann, beweist ihre Ausstellung im Hollerhaus.
Die Ausstellung ist bis 13. April zu sehen, geöffnet Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung (08178/4408).