Icking:Herrenwitz und Frauenpower

Der Informationsabend zum Dorfladen gerät ein wenig aus der Spur.

Isabel Meixner

Icking: Netto weg - und nun? Diese Frage beschäftigt die Ickinger schon geraume Zeit.

Netto weg - und nun? Diese Frage beschäftigt die Ickinger schon geraume Zeit.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Das Mikrofon will Vigdis Nipperdey gar nicht mehr hergeben. Mit hochroten Wangen empört sie sich über die "Unterstellung", der Gemeinderat habe mit behäbigem und abweisendem Verhalten den letzten Interessenten für den Netto-Supermarkt vergrault: "Ich werde nicht zulassen, dass das immer wieder falsch hingestellt wird." Auch als einige Bürger buhen und Bürgermeisterin Margit Menrad andeutet, ihr das Mikrofon wegzunehmen, ereifert sich Nipperdey weiter: "Wenn wir nicht solchen anhaltenden Widerstand geleistet hätten, hätte das Gebäude heute ein hohes Baurecht."

Widerstand und Abwehrreflexe: Das zeigen manche Ickinger Bürger, wenn sie das Gefühl haben, fremdbestimmt zu werden. So war es bei der Diskussion über die Erweiterung des Supermarkt, in der die Pläne der Eigentümer mit sachlichen und weniger sachlichen Argumenten zerredet wurden. Und es setzt sich am Donnerstag in der Informationsveranstaltung zum Dorfladen fort. Ein Zuhörer fühlt sich "überrollt" von Wolfgang Grölls Anliegen, dass sich ein Arbeitskreis gründen möge, der sich mit den drei Nahversorgungsvarianten für Icking - Sortimentserweiterung in den Rathausgeschäften, Dorfladen und Neubau eines Supermarkts - beschäftigt. Ein anderer wirft Gröll, der die Machbarkeitsstudie für einen Dorfladen in Icking erstellt hat, Eigeninteressen vor, eine Frau will, dass auch ein Supermarkt seine Pläne für den Ort präsentiert, wieder andere fordern eine Bürgerbefragung. Auch die monothematische Information wird kritisiert - auf einer Veranstaltung zum Thema Dorfladen.

Mit seinem Vortrag scheint Gröll, der seit 18 Jahren Orte bei der Gründung von Dorfläden berät, manche der 100 Anwesenden eher abzuschrecken. Das liegt wohl zum einen an der Dauer seines Monologs - nach 80 Minuten zum Allgemeinen geht Gröll erstmals auf den konkreten Standort Icking ein - und zum anderen an der ihm eigenen Präsentationsart. So erzählt er etwa von einem Dorf mit hohem Altersdurchschnitt, in dem das von ihm begleitete Geschäft die Ersatzfamilie für viele sei und gut laufe: "Die Einwohner dort sind vielleicht noch reproduktionsfreudig, aber nicht mehr -fähig."

Das "Basisprogramm" in einem Dorfladen müsse stimmen - und nicht wie im Fall eines von Gröll besuchten Kleinhotels mangelhaft sein: Als er aus der Dusche kam, fand er kein Handtuch. Den Einwurf eines Zuhörers " . . . stand da das Zimmermädchen?" nimmt Gröll auf: "Das Zimmermädchen wäre ja noch ein einzigartiges Verkaufsargument gewesen." Es ist der Moment, an dem die ersten Teilnehmer die Veranstaltung verlassen. Es sind nicht die letzten an diesem Abend, die vorzeitig gehen.

Die Fakten von diesem Abend sind schnell berichtet: Ein Arbeitskreis hat sich noch nicht gegründet, Listen, in die sich Interessierte eintragen können, liegen im Rathaus aus. Und die Gemeinde führt eine Bürgerbefragung durch, von der sie sich eine Antwort für oder gegen den Dorfladen erwartet. Wolfgang Gröll glaubt, dass im besten Fall schon im September ein Dorfladen eröffnen könnte. Dafür müssten die Ickinger aber handeln statt diskutieren.

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