Erneuerbare Energien:"Wer heute ein Haus ohne Solaranlage baut, der verschenkt Geld"

Erneuerbare Energien: Nistkästen gibt es am Ickinger Supermarkt. Doch das Gebäude hat nach Ansicht von Thomas Martin Potenzial für mehr: Noch fehlt eine Solaranlage auf dem großen Dach.

Nistkästen gibt es am Ickinger Supermarkt. Doch das Gebäude hat nach Ansicht von Thomas Martin Potenzial für mehr: Noch fehlt eine Solaranlage auf dem großen Dach.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die SPD Icking will einen Antrag zur Baupflicht von Photovoltaik-Anlagen in den Gemeinderat einbringen. Elektroingenieur Thomas Martin hält das für das richtige Instrument, wenn auf den Dächern mehr passieren soll.

Von Susanne Hauck

"Das Dach ist eine Schande", schimpft Thomas Martin. Er meint die Überdachung des Ickinger Rewe-Supermarkts. Was ihn daran so stört: Sie ist nackt. Für ihn gehören jedoch auf die riesige Fläche Solarpaneele drauf. Martin wirft der Isartalgemeinde Versäumnisse vor. So ist es für ihn unbegreiflich, warum die Kommune den Investor des vor drei Jahren eröffneten Markts nicht dazu verpflichtet hat, eine Photovoltaik-Anlage zu bauen, zumal ihr das Grundstück auch noch gehört.

Hintergrund und Anlass der Kritik: Die SPD Icking will einen Antrag zur Einführung der solaren Baupflicht im Gemeinderat einbringen und hat dazu am Dienstag einen Infovortrag veranstaltet. Der Referent des Abends: Thomas Martin, Elektroingenieur und Mitbegründer der Bürgerstiftung Energiewende Oberland (EWO). Mehr als ein Dutzend Zuhörer hat sich trotz des guten Wetters im Nebenraum des Gasthof Klostermaier eingefunden. Neben SPD-Gemeinderat Julian Chucholowski ist es von den anderen Fraktionen im Ickinger Gemeinderat aber nur noch Peter Schweiger (PWG), der sich zum Thema schlaumachen will. Referent Martin erklärt erst einmal, um was es bei der solaren Baupflicht eigentlich geht. So gibt es Erwägungen der Bundesregierung, für Neubauten schärfere Standards einzuführen und die Bauherren dazu zu verpflichten, eine Solaranlage auf dem Dach zu installieren. Auch Kommunen können das durchsetzen, indem sie entsprechende Verordnungen im Bebauungsplan festlegen oder per städtebaulichem Vertrag regeln.

Erneuerbare Energien: Referent Thomas Martin

Referent Thomas Martin

(Foto: Hartmut Pöstges)

Wenn sie denn auch wollen und es bei der angestrebten Energiewende nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben soll, schiebt Martin einschränkend ein. Er bemängelt den allzu oft mangelnden politischen Willen. Auch im Landkreis würden Kommunen die bürokratischen Hürden scheuen oder sich damit hinausreden, was rechtlich alles nicht möglich sei. Für Martin ist es ein Skandal, dass etwa die neue Geretsrieder Gymnasiumsturnhalle keine Photovoltaik-Anlage bekommen hat oder die Stadt Wolfratshausen beim Bebauungsplan für die zu sanierende Hammerschmiedschule nur geschrieben hat: "Solarenergie kann genutzt werden".

Icking ist dagegen mit der Solarenergie schon relativ weit, wie Martin anhand einer Karte (Stand Ende 2020) zeigt. So gibt es 226 Photovoltaik-Anlagen im Ortsgebiet, die damit rund 45 Prozent des Strombedarfs durch erneuerbare Energien abdecken. "Es gibt Gemeinden, die schlechter abschneiden", lobt Martin und vergleicht das Ergebnis mit der Stadt Wolfratshausen, die kaum mehr als 13 Prozent durch erneuerbaren Energien aufweist. Rund die Hälfte des in Icking erzeugten Stroms von 4770 Kilowattpeak stammt allerdings von der großen Freiflächenanlage in Walchstadt. Weitere große Solaranlagen befinden sich auf dem Dach vom Gymnasium und auf quasi allen gemeindeeigenen Liegenschaften. Nachholbedarf gebe es aber auf den Privatdächern. Hier hinke die Kommune hinterher.

Für Martin ist die Solarenergie eine super Sache und das richtige Instrument zur Energieunabhängigkeit. Weil es die einfachste Art sei, auf den vielen ungenutzten Dachflächen mehr Strom zu erzeugen und sich die Eigentümer mit dem billigeren Eigenstrom viel Geld sparen könnten. "Eine Photovoltaik-Anlage rentiert sich immer", ist Martin überzeugt. "Wer heute ein Haus ohne baut, der verschenkt Geld." Die Anschaffungskosten von etwa 8000 Euro für einen vierköpfigen Haushalt seien in weniger als zehn Jahren amortisiert. Der Referent weiß natürlich auch, dass das Wort "Pflicht" im Normalfall wenig Gegenliebe bei Bürgern und Bauherren auslöst. Für ihn ist es trotzdem der richtige Weg, denn durch die solare Baupflicht würde erreicht, dass sich die Leute mehr mit dem Thema beschäftigen. Und so würde auch endlich mehr in Sachen Solarstrom passieren. "Das Ziel muss es sein, dass jedes neue Haus eine Photovoltaikanlage hat." Mit weniger will sich Martin nicht zufrieden geben.

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