Süddeutsche Zeitung

Icking:Eine überfällige Recherche

Sybille Krafft rät Icking zur Untersuchung seiner NS-Geschichte.

Von Claudia Koestler

Die Ickinger Historikerin Sybille Krafft plädiert für eine gesamte Aufarbeitung der nationalsozialistischen Geschichte Ickings. Dazu brauche es aber den "Willen der Gemeinde", erklärt sie. Seit bekannt ist, dass der Namensgeber des Wenzbergs, Paul Wenz (1875-1965), aktiver Nationalsozialist war, steht die Isartalgemeinde vor der Frage nach dem Umgang mit der Vergangenheit. "Das ist die Chance, ein längst überfälliges Kapitel ernsthaft historisch aufzuarbeiten, so wie es Tausende Orte schon gemacht haben", sagt Krafft.

Der Gemeinderat hat beschlossen, dass ein Arbeitskreis unter externer, professioneller Hilfe installiert werden soll. Unklar ist aber noch, wie er sich zusammensetzen soll und ob die Untersuchung über die Straßenbenennungen hinausgehen wird. Krafft sagt, sie sei "selbstverständlich bereit, fachlich zu beraten", allerdings nicht ehrenamtlich. Diese Einschränkung und Kraffts Bewertung eines Arbeitskreises zur Causa Wenz als "nicht mehr notwendig" hatte in der jüngsten Gemeinderatssitzung für Irritationen gesorgt. Bürgermeisterin Margit Menrad (UBI) hatte von Krafft per Mail erfahren, dass "angesichts der vielen Gemeinde(rats)mitglieder, JournalistInnen und HobbyhistorikerInnen, die sich im Laufe der bisherigen Wenz-Diskussion öffentlich zu Wort gemeldet haben", ihr ein eigener Arbeitskreis aus Ickinger Mitgliedern des Historischen Vereins "nicht mehr notwendig" erscheine. Und: Sie selbst könne als Historikerin ehrenamtlich nur im Rahmen des Historischen Vereins Wolfratshausen oder des Vereins Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald tätig werden. "Ich gehe davon aus, es ist ein Rückzug", erklärte Menrad deshalb.

Krafft widerspricht. Eine Absage habe sich auf eine unbezahlte Arbeit bezogen, nicht generell auf ihre Bereitschaft zur fachlichen Hilfe. Ein Arbeitskreis nur zum Thema Wenz sei redundant, "denn die Fakten sind reichlich auf dem Tisch". Diese Erkenntnisse aber in einen Kontext der Geschichte einzubetten, erachte sie als "sinnvoll" und als Aufgabe des Arbeitskreises.

Claudia Roederstein schlug in der Ratssitzung vor, das Ehepaar Erich Kasberger und Marita Krauss aus Pöcking einzuladen. Diese hätten bereits Erfahrungen in der Recherche von NS-Ortshistorie und könnten helfen, wie in Icking eine Aufarbeitung erfolgen soll.

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Quelle:
SZ vom 23.02.2017
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