Icking:Die Kunst des Archäologen

Icking: Markus Fagner ist Archäologe und Landwirt. Auf einer Wiese hat er dieses Kunstwerk installiert, das für ihn die Situation der Natur symbolisiert.

Markus Fagner ist Archäologe und Landwirt. Auf einer Wiese hat er dieses Kunstwerk installiert, das für ihn die Situation der Natur symbolisiert.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Markus Fagner hat in Meilenberg drei Meter hohe, rote Aluminiumsäulen in eine Wiese gesetzt. Dazwischen: ein abgestorbener Birnbaum

Von Benjamin Engel, Icking

Wer sich an der Straße von Münsing nach Icking von Süden her Meilenberg nähert, mag sich wundern: Gen Osten stehen mitten auf einer kleinen Wiesenkuppe, in direkter Nähe zum Golfplatz Bergkramerhof, vier rote, rund drei Meter hohe Aluminiumpfähle. Sie sind exakt angeordnet: Die Abstände zwischen ihnen und ihre Höhe sind gleich dimensioniert. Dadurch entsteht der Eindruck eines Quadrats. Im Zentrum hängt ein alter Birnbaumstamm, der von Drahtseilen gehalten wird, die diagonal zwischen den Pfählen gespannt wurden. Wo normalerweise der Blick über die Landschaft am Isarhochufer zu den Bergen gelenkt wird, bleibt er nun an diesem rätselhaften Ort hängen.

Der Archäologe Markus Fagner ist in Meilenberg aufgewachsen und hat die Installation vor etwa vier Jahren in die Wiese gesetzt. "Wahrscheinlich beschreibt das die Situation unserer Natur", beginnt der 56-Jährige einen Erklärungsversuch. Doch eigentlich will er das Kunstwerk im Stil der Land-Art gar nicht selbst interpretieren. Jeder solle selbst darüber nachdenken, was er damit verbinde, sagt er. Was ihn reize, sei das Wechselspiel zwischen dem möglichst naturbelassenen Baumstamm und den nicht natürlichen, rot leuchtenden Aluminiumpfosten. "Das hat einfach Spaß gemacht."

Für die Installation hat Fagner einen abgestorbenen Birnbaum aus seinem Garten verwendet. Weil der hohl war, ergab sich der ursprüngliche Gedanke: durch den Wind sollte das Holz Geräusche erzeugen. "Das funktioniert aber nicht, der Stamm ist zu stark gerissen." Immerhin lässt sich der Stamm mit einer Kette bewegen oder drehen und so doch irgendwie zum Klingen bringen.

Gerne würde Fagner ein nächstes Objekt aufstellen, an der Stelle einer vor rund 25 Jahren vom Blitz getroffenen Fichte nördlich von Meilenberg. Doch das kann dauern. Denn noch trägt der an der Ostseite aufgerissene und oben abgebrochene Stamm Zweige mit grünen Nadeln. Und solange der Nadelbaum nicht gänzlich abgestorben ist, will Fagner ihn nicht entfernen. Die Basaltsäule mit einem integrierten Öllicht an der Spitze, die den Baum einmal ersetzen soll, liegt schon bereit. Fagner erinnert das Gebilde an eine überdimensionierte Kerze.

Zwischen der Freude am spielerischen Umgang mit seinen Objekten und der Archäologie sieht Fagner durchaus Verbindungen. "Das ist womöglich von den unterschiedlichen Glaubensvorstellungen, den ich durch die Ausgrabungen begegne, beeinflusst. Hinter jedem Grab steht eine religiöse Vorstellung." Denn nach dem Tod gebe es etwas, davon sei er überzeugt. Das sei aber dann aus seiner Sicht für alle Menschen gleich. Es spiele keine Rolle, wie man das Jenseits bezeichne.

In Meilenberg lebt die Familie bereits in der dritten Generation. Der Großvater von Fagner hat das Gut 1932 vom damaligen Grafen Pocci gekauft. Landwirtschaft betreibt die Familie zwar auch heute noch. Allerdings gibt es kein Vieh mehr, es wird nur noch für den Feldfutterbau gewirtschaftet. Nach dem Abitur war Fagner erst einmal zwei Jahre bei der Bundeswehr, er wollte den Hof nicht übernehmen. An der Ludwigs-Maximilians-Universität in München begann er Archäologie zu studieren. Nach sieben Semestern war jedoch Schluss. Seine Mutter war gestorben und der junge Mann kehrte heim und stieg wieder in die familieneigene Landwirtschaft ein. In der Folgezeit begann er den Betrieb mit Pensionsvieh und Mutterkuhherde auf reinen Feldfutteranbau umzustellen.

Doch die Leidenschaft für Archäologie ließ Fagner in den nächsten 20 Jahren nie los. Er nahm sein Studium in München wieder auf, 2013 machte er seinen Abschluss. In seiner Magisterarbeit analysierte er Fibeln aus einer Siedlung der Neckar-Sueben an der Mündung des Neckars in den Rhein aus dem 1. bis 2. Jahrhundert. 2014 gründete er das Unternehmen Farch Archäologie und ist seitdem selbstständig tätig. Im Auftrag von Bauherrn dokumentiert und sichert er archäologische Funde, die bei Bauvorhaben auftauchen. Eine Tätigkeit, die ihn fasziniert, kann er sich doch mit allen Kulturepochen vom Paläolithikum bis zur Neuzeit auseinandersetzen. "Es ist faszinierend zu erforschen, unter welchen Bedingungen die Menschen wann wo gelebt haben."

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