Kommunalpolitik im IsartalLösungen für Wärmeversorgung und Wohnraum gesucht

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Wie bleibt Icking grün und lebenswert? Die Gemeinde am Hochufer der Isar ringt um Kompromisse zwischen Ortsbild, Wohnraumbedarf und nachhaltiger Energie.
Wie bleibt Icking grün und lebenswert? Die Gemeinde am Hochufer der Isar ringt um Kompromisse zwischen Ortsbild, Wohnraumbedarf und nachhaltiger Energie. (Foto: Hartmut Pöstges)

Große Grundstücke und viel Grün prägen Ickings Ortsbild – doch das erschwert die Zukunftsfähigkeit. Bürgermeisterin Reithmann präsentierte in der Bürgerversammlung neue Ansätze und Pläne.

Von Benjamin Engel, Icking

Großzügige Grundstücke, die in Icking nach kommunaler Vorgabe mindestens 900 Quadratmeter haben müssen, prägen den weitläufigen Charakter des Dorf- und Landschaftsbildes mit breiten Abständen zwischen den Gebäuden. Was die Gemeinde zu einer grünen Oase am Hochufer des Isartals macht, erschwert allerdings die Errichtung bezahlbaren Wohnraums oder eines zusammenhängenden Wärmeenergie-Versorgungsnetzes.

„Für die Grundstückseigentümer wird es darum gehen, eigene Lösungen für die eigenen Gebäude zu finden“, stellte etwa Ickings Bürgermeisterin Verena Reithmann (UBI) kürzlich in der Bürgerversammlung im Sitzungssaal des Rathauses klar. Die Bebauung in der Kommune erstrecke sich über große Flächen, weshalb ein zentrales Netz „absolut unwirtschaftlich“ sei. Die Bedingungen für oberflächennahe Geothermie seien wohl gar nicht so schlecht, so die Ickinger Rathauschefin.

Grundlage für Reithmanns Feststellungen ist der kommunale Wärmeplan, den das Kompetenzzentrum Energie der Bürgerstiftung Energiewende Oberland mit Sitz in Penzberg im Auftrag der Gemeinde erstellt hat. Die Analyse ist über die Homepage der Kommune Icking abrufbar und kommt etwa zu dem Ergebnis, dass 50 bis 60 Prozent des Wärmebedarfs durch oberflächennahe Geothermie abdeckbar wären. Die Technik lasse sich insbesondere bei Neubauten oder sanierten Bestandsgebäuden effizient einsetzen, heißt es weiter. Weil ein großer Teil der Häuser in der Kommune noch aus der Zeit vor Mitte der 1980er-Jahre stammt, sei das Potenzial, durch Sanierungen den Wärmebedarf zu reduzieren, groß.

Auf Ickinger Flur wurde vor einigen Jahren ein großes Tiefen-Geothermie-Projekt versucht, das allerdings scheiterte. In Zukunft soll oberflächennahe Geothermie eine Lösung sein.
Auf Ickinger Flur wurde vor einigen Jahren ein großes Tiefen-Geothermie-Projekt versucht, das allerdings scheiterte. In Zukunft soll oberflächennahe Geothermie eine Lösung sein. (Foto: Hartmut Pöstges)

Mit dem neuen Feuerwehrhaus, dem Kindergarten und dem Vereinszentrum als möglichen Ankerkunden sieht der kommunale Wärmeplan für den Ortsteil Dorfen beispielsweise die Chance für ein gemeinschaftliches Wärmeversorgungssystem. Dafür könnten Biomasse und Abwasserwärme als Energieträger genutzt werden.

Gewohnte Strukturen wie bei der Wärmeplanung zu verlassen, kann häufig zu Debatten führen. Das zeigte sich in der Bürgerversammlung insbesondere in der Frage nach bezahlbarem Wohnraum. Dafür weicht die Kommune Icking mit dem Bebauungsplan im Ortskern zwischen Kirchenleite, Ludwig-Dürr-Straße, Egartsteig und Wenzberg ihre strengen Vorgaben etwas ab. Statt einem Einfamilienhaus mit untergeordneter Einliegerwohnung soll nun bei einer Mindestgrundstücksgröße von 900 Quadratmetern eine Wohnung pro 300 Quadratmeter möglich sein.

Es gibt Befürchtungen, dass dichtere Bebauung dem Ickinger Ortscharakter schaden könnte

Das löste unter den knapp 50 Anwesenden Befürchtungen aus, dass künftig mit größeren Mehrfamilienhäusern wie im München-nahen Pullach verdichtet werden und der Ort seinen grünen Charakter verlieren könnte. Dem sei nicht so, entgegnete Bürgermeisterin Reithmann. Zunehmend hätten aber insbesondere Einheimische der jüngeren Generation erhebliche Schwierigkeiten, in der Kommune bezahlbaren Wohnraum zu finden. Der Gemeinderat habe die Motivation, dieser Entwicklung gerecht zu werden, den bisherigen Ortscharakter zu bewahren, aber behutsam aktiv zu werden.

Rathauschefin Verena Reithmann (links) sprach rund 90 Minuten bei der Bürgerversammlung.
Rathauschefin Verena Reithmann (links) sprach rund 90 Minuten bei der Bürgerversammlung. (Foto: Hartmut Pöstges)

Zur Lage der Kommune und diesen wie weiteren anstehenden Prozessen sprach Bürgermeisterin Reithmann rund eineinhalb Stunden. So stimmte die Rathauschefin etwa darauf ein, dass der Abwasserpreis steigen werde, weil im Wolfratshauser Klärwerk, an dem die Gemeinde beteiligt sei, im Jahr 2026 größere Investitionen anstünden. Außerdem verteidigte Reithmann, dass Icking Grundstückseigentümer mit dem Nachweis von Dichtigkeitsprüfungen für Abwasserrohre bedränge. Doch müsse die Kommune ausschließen, dass etwa Regenwasser von Dachflächen darüber abfließe, weil sonst in unteren Ortsbereichen Überschwemmungen drohten.

Um alle Einwohner gleichermaßen zu schützen, braucht es ein Sturzflutmanagementsystem

Nur mithilfe eines Sturzflutmanagementsystems kann es laut Reithmann darüber hinaus gelingen, die Häuser bei Starkregen adäquat zu schützen. Die Kommune müsse sicherstellen, dass kein Nachbar auf Kosten eines anderen geschützt werde. Noch heuer wolle Icking den Prozess für das Sturzflutmanagementsystem beginnen. Das hängt aber von Förderzusagen ab, wofür die Gemeinde, wie Reithmann sagte, schon seit „ewigen Zeiten“ den Antrag gestellt habe, aber noch auf Antwort warte. Damit Privatleute Schwachstellen an ihren Grundstücken prüfen könnten, verwies die Rathauschefin etwa auf den Leitfaden Starkregen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung oder die Möglichkeit bei Christa Venus in Ickings Rathausverwaltung Sandsäcke erwerben zu können.

Icking hat einen S-Bahn-Verbindung. Doch es braucht noch weitere öffentliche Verkehrsmittel für eine gute Erreichbarkeit der Ortsteile.
Icking hat einen S-Bahn-Verbindung. Doch es braucht noch weitere öffentliche Verkehrsmittel für eine gute Erreichbarkeit der Ortsteile. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Icking wird laut Reithmann zum Fahrplanwechsel im Dezember 2025 besser mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen: Eine neue Buslinie verbindet die S-Bahn mit Walchstadt und Attenhausen. „Unter der Woche fährt ein Bus alle zwei Stunden“, so die Bürgermeisterin. „Gegenüber gar nichts ist das gar nicht so schlecht. Am Wochenende fährt der Bus seltener.

In der Ludwig-Dürr-Straße will die Kommune einen Gehweg errichten. Zudem könnte ein Zebrastreifen über die Bundesstraße 11 auf Höhe des Sportplatzes realistischer werden. Dafür hat eine Ickingerin auch eine Online-Petition unter dem Stichwort „Crosswalk at the edge of the town“ gestartet.

Die Turnhalle an der Grundschule könnte um Allerheiligen 2025 abgerissen werden

Auf Nachfrage von Jakob Dondl nach dem Zeitplan zum Bau der Turnhalle an der Grundschule sprach Reithmann von einem „ehrgeizigen Plan“. Demnach sei angedacht, die Halle um Allerheiligen abzureißen und den Sportbetrieb zu Beginn des Schuljahres 2026/2027 wieder aufzunehmen. Zum Irschenhausener Rilke-Haus betonte die Rathauschefin, dass der Gemeinderat zwar eine Veränderungssperre erlassen könne, den Abriss zwar nicht wolle, aber das letztlich nicht verhindern könne.

Eine Radquerung der Isar über eine Brücke auf der Nordseite des Ickinger Wehr wird wohl weiter auf sich warten lassen. Icking habe sich dafür mit Wolfratshausen und Egling zusammengetan, so Reithmann. Zu den größten Problemen zähle die Finanzierung, wofür kein Fördertopf gefunden worden sei. Das zugemüllte Gleis am S-Bahnhof könne laut Bürgermeisterin Reithmann nur von der Bahn gereinigt werden. Darum bemühe sich die Kommune. Jeder einzelne sei aber gefordert, kein Müll auf die Gleise zu werfen.

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