Süddeutsche Zeitung

Historisches Bad Tölz:Treppauf durch die Stadtgeschichte

Eine neue Dauerausstellung im umgebauten Rathaus veranschaulicht an zwölf Stationen die Entwicklung von Bad Tölz über fünf Jahrhunderte hinweg. In Leuchtkästen sind Stiche, Karten und Fotografien zu sehen

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Der Stich zeigt die Kirche und die herzogliche Burg, außerdem eine Handvoll Häuser. Mehr war da noch nicht im Tölz des Jahres 1566. Diese wohl älteste Darstellung der Stadt stammt von Philipp Apian, der seinerzeit im Auftrag des Herzogs Albrecht V. ein umfangreiches Kartenwerk von Baiern erstellte. Sie markiert den Anfang der neuen Dauerausstellung im Tölzer Rathaus, die 500 Jahre Stadtgeschichte an zwölf Stationen vor Augen führt. Im Original sei der halb mannshohe Stich, der in einem Leuchtkasten mit Eichenholzrahmen an der Wand hängt, ungefähr so klein wie eine Briefmarke, sagt Manuela Strunz vom Stadtarchiv. Das Bild liegt ihr besonders am Herzen. "Es ist eines der ersten Stiche, die ich aufgekauft habe."

Die Idee zu einer solchen Ausstellung kam in der Kommission aus Stadträten und Mitgliedern der Stadtverwaltung auf, die zur Gestaltung des Rathaus-Neubaus gebildet worden war. "Es gab davon erst keine klare Vorstellung", erzählte Dritter Bürgermeister Christof Botzenhart (CSU) am Montag bei der Eröffnung. "Es war dann mein Vorschlag, den Weg durch die Tölzer Geschichte chronologisch anzulegen". Die Schau soll nach seinen Worten dokumentieren, dass diese Lokalhistorie in einer tiefen Tradition wurzele, woraus in der Gegenwart die Verpflichtung entstehe, die Stadt in eine gute Zukunft zu führen. Eben deshalb endeten die zwölf Stationen auch am neuen Sitzungssaal unterm Dach, wo die Weichen für das Tölz von morgen gestellt würden.

Der Gang beginnt unten im Hochparterre mit den beiden Stichen, wobei der zweite mit dem Titel "Ein Marck in Ober Bayern" von Gabriel Bodenehr das Tölz des Jahres 1644 zeigt. Treppauf folgen Kartierungen aus dem 18. und 19. Jahrhundert, beispielsweise den Burgfrieden von Tölz im Jahr 1793. Das erste Foto zeigt erstaunlich scharf die fast menschenleere Marktstraße im Jahr 1865 mit wenigen Pferdefuhrwerken und dem groben Katzenkopfpflaster. Drei Jahre älter ist daneben eine Aufnahme vom Badeteil, das damals noch fast ausschließlich aus dem Franziskanerkloster bestand. Das Kurviertel entstand danach allerdings in Windeseile. "Eine Entwicklung, die besonders staunenswert ist", wie Botzenhart sagte.

Ein Stockwerk höher: Auf einem Foto von 1930 fällt der Blick aus einem Fenster der Kalavarienbergkirche hinab zur Isarbrücke. Dies korrespondiere mit der Aussicht aus dem Treppenhaus hinauf zu dem kleinen Gotteshaus auf der Anhöhe, so Botzenhart. Zu sehen ist auf der Aufnahme auch der von einer Baumallee gesäumte Gabriel-von-Seidl-Weg, der durch freie Wiesen verläuft. Das nächste Bild ist eine Luftaufnahme der Kaserne und der Lettensiedlung, die 1955 von der US-Armee belegt waren. In der Nazi-Zeit hatten diese Gebäude die SS-Junkerschule beherbergt, was unten im Text nachzulesen ist. Die NS-Geschichte von Tölz laufe da im Hintergrund mit, sagte Stadtarchivar Sebastian Lindmeyr. Das letzte Schwarz-Weiß-Foto zeigt die inzwischen leer stehende Moralt-Fabrik an der Lenggrieser Straße im Jahr 1965. Damit soll daran erinnert werden, dass Tölz einmal ein wichtiger Standort in der holzverarbeitenden Industrie war. Die Farbfotos vom Bau der Südumgehung vor 33 Jahren und noch einmal des Kasernengevierts - 2015 nun mit Landratsamt, Polizei und dem spiralenförmigen "Schnecke"-Bau in der Mitte - runden die Dauerausstellung ab.

Das Material sichteten die beiden Stadtarchivare Lindmeyr und Strunz. Dazu seien schon einige Arbeitsschritte nötig gewesen, berichtete Lindmeyr. Immerhin verfügt das Archiv etwa über einen umfangreichen Fundus von gut 15 000 Fotografien. "Eine fantastische Sammlung", meinte Botzenhart. Wichtig war den Initiatoren und den Archivaren, ganz verschiedene Aspekte von Bad Tölz, vom Tourismus über Wirtschaft bis zum Verkehr, zu zeigen, die Entwicklungsschritte in der Stadtgeschichte nachzuvollziehen und das Wachstum nach Süden, Osten und Westen zu veranschaulichen. Die Unterschriften zu den Bildern verfasste Lindmeyr jeweils in einem einzigen Satz. Schließlich habe man ja "keine begehbaren Bücher an die Wand hängen" wollen, sagte der Stadtarchivar.

Für das Design zeichnete Julia Sterz verantwortlich, die in Bad Tölz bereits den Informationsweg Hindenburgstraße gestaltet hat. Mit den unterschiedlichen Dokumenten - Stiche, Karten, schwarz-weiße und farbige Fotografien - sei "nicht so einfach umzugehen", sagte sie. Ihren ersten Gedanken, alles in Schwarz-Weiß zu zeigen, verwarf sie wieder, weil sonst viel von der Wirkung der Bilder verloren gegangen wäre. Den Farbton verschob sie ins leicht Bläuliche, wodurch das Rot in seinen Nuancen nun "kirschiger" wirke als es sei. Das Gelb auf den Stichen ließ sie bestehen. Diese Vergilbungen sähen nicht sonderlich schmutzig aus, sagte sie. "Das ist altes Material, das darf es auch sein." Alle Bilder auf den Leuchtkästen sind schmal und hoch, weil dieses Format besser zum Treppenhaus passt. "Ein Querformat widerspricht der Architektur", sagte die Designerin. Über ein Silikonband im Eichenholzrahmen lassen sich die Darstellungen der Tölzer Stadtgeschichte auch austauschen.

Rund 26 000 Euro kostet die Dauerausstellung, etwas weniger als ursprünglich geplant. Christof Botzenhart äußerte sich erfreut, dass im Stadtrat und in der Verwaltung "eine große Bereitschaft bestand, dieses Projekt zu verwirklichen". Die Schau trage zur Identifikation mit der Stadt Bad Tölz bei, meinte der Dritte Bürgermeister und stellvertretende Vorsitzende des Historischen Vereins. "Das ist eine weitere Wegmarke zur Vermittlung der Tölzer Geschichte."

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SZ vom 13.06.2018
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