Herbstmigration:Guten Flug, Frau Waldrapp

Waldrapp

Der Waldrapp soll im nördlichen Alpenraum wieder fest angesiedelt werden. Entsprechende Zuchtprogramme laufen bereits.

(Foto: Markus Gläßel)

Auf dem Weg in den Süden macht einer der seltenen Vögel gerade Station bei Königsdorf

Von Florian Zick, Königsdorf

Eine Schönheit ist er nicht. Man könnte sogar sagen, er ist ein ziemlich komischer Vogel: der Kopf kahl, das Gesicht fleischrot, der lange Nackenschopf weidlich ungekämmt. Es gibt sicher hübschere Vögel als den Waldrapp. Sogar bei den Experten vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) spricht man von einem "sehr speziellen Aussehen". Aber dafür hat der Waldrapp auch eine sehr spezielle Geschichte zu erzählen.

Der etwa gänsegroße Vogel ist in unseren Breiten schon länger ausgestorben. Dass trotzdem auch hier immer mal wieder ein Waldrapp gesichtet wird, liegt an zwei Auswilderungsprojekten, das eine zu Hause in Burghausen, das andere im Salzburger Land. Dort werden Waldrappe gezüchtet und nach einem Flugtraining dann in ihre Winterquartiere im Süden begleitet - zum Beispiel mit einem Ultraleichtfluggerät. Ohne menschliche Hilfe klappt das nicht. Denn Waldrappe sind zwar Zugvögel, trotzdem kann man sie nicht einfach so fliegen lassen, wie Sabine Tappertzhofen von der LBV-Geschäftsstelle in Wolfratshausen wissen lässt. Woher sollen die Vögel denn auch ihren Zugweg kennen, wenn ihnen den niemand zeigt?

Auf dem Weg in den Süden kann es passieren, dass Waldrappe auch hier in der Gegend Station machen. So werden auch im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen im Frühjahr und im Herbst immer wieder Sichtungen gemeldet - in Gelting, Kochel am See oder wie zuletzt südlich von Königsdorf.

Fast täglich seien jüngst Meldungen aus Königsdorf eingegangen, sagt Tappertzhofen. Und weil die Tiere aus dem Zuchtprojekt alle einen Ring und einen Sender tragen, kann man auch sehr genau sagen, welcher Vogel da gerade den Landkreis durchstreift. Es ist der vier Jahre alte Leonardo, der sich gerade auf dem Weg in die Toskana befindet. Und weil Leonardo, seit er geschlüpft ist, nun schon ein paar Male hin- und hergeflogen ist, braucht er inzwischen auch keine menschliche Begleitung mehr. Er ist alleine nach Italien unterwegs.

Leonardo ist eigentlich ein Weibchen - aber so genau geht das in der Vogelwelt vermutlich nicht. Leonardo jedenfalls trägt die Ringnummer 079, ist also eines der älteren Tiere aus dem Zuchtprogramm, das es sich zum Ziel gesetzt hat, dass so schnell wie möglich wieder 120 Tiere zwischen dem nördlichen Alpenvorland und der Toskana wandern. Ab einer Größe von 120 Vögeln besteht nämlich die Möglichkeit, dass sich wieder eine eigenständige Waldrapp-Population herausbildet.

Sollte das gelingen, wäre Leonardo vielleicht bald schon nicht mehr der einzige Waldrapp, der sich in der Gegend blicken lässt. Vielleicht siedeln sich die Tiere sogar wieder an. Momentan machen sie hier auf dem Weg von Burghausen oder dem Salzburger Land in Richtung Italien nur eine kurze Verschnaufpause.

Mehr Informationen zum Projekt gibt es online unter: www.waldrapp.eu

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