Herausforderung:50 Kilometer im Schneesturm

Starnberg Wanderung um den Starnberger See

Dick eingepackt starten die Langstreckenwanderer auf der Seepromenade in Starnberg. Von den 94 Teilnehmern bewältigt etwa die Hälfte die 50 Kilometer lange Route rund um den See.

(Foto: Georgine Treybal)

Fast hundert Langstreckenwanderer trotzen Wind und eisiger Kälte und marschieren zwölf Stunden um den Starnberger See. Trotz der Strapazen wollen sie das Ganze im nächsten Jahr wiederholen

Von Michael Berzl, Starnberg

Bei einem Sauwetter wie am Samstag um den Starnberger See zu wandern, ist eigentlich schon Herausforderung genug. Einem der fast hundert Teilnehmer der organisierten Umrundung reichte dies aber noch nicht. Der 35-jährige Wolfgang Niedermeier hat die etwa 50 Kilometer lange Strecke in der Nacht zuvor schon einmal zurückgelegt, um mit drei Begleitern Markierungen anzubringen. Um sechs Uhr morgens war er wieder am Ausgangspunkt in Starnberg, eine Stunde Frühstückspause, und dann ging es in der Gruppe weiter. Was wie pure Strapaze klingt, ist für Niedermeier willkommener Ausgleich zur Hektik im Beruf. Am Tag darauf erwähnt er zwar auch, wie mühsam der Weg durch die hohen Schneewehen bei Höhenried war, vor allem schwärmt er von den Kontakten zu anderen Mitwanderern: "Da kommst du einfach ins Ratschen". Und am kommenden Sonntag geht es gleich weiter: Vom Marienplatz nach Unterschleißheim und zurück; das sind dann nur 35 Kilometer. Im April geht es dann auf den Jakobsweg, 320 Kilometer. Ein Langstreckenwanderer aus Leidenschaft. Die braucht man wohl auch um eine Herausforderung wie am Samstag zu bewältigen.

Trotz Unwetterwarnung, obwohl Wind und Schnee angekündigt waren, haben sich morgens um acht Uhr am Bahnhof am See 94 Teilnehmer und zwei Hunde zu einer Zwölf-Stunden-Wanderung versammelt. Bis Freitagabend lagen 114 Anmeldungen vor, berichtet der Organisator, Manfred Kager aus Augsburg. Die jüngste war 17 Jahre alt, die älteste 70. Einer der Wanderer kam aus Mainz, ein anderer ist mit dem Flugzeug aus Düsseldorf angereist. Angesichts des Wetters ist die Ausfallquote gar nicht so hoch. Ein Paar aus Österreich musste zum Beispiel absagen, weil die Anreise wegen der Straßenverhältnisse kaum mehr möglich war.

Ausgerüstet mit gutem Schuhwerk, wasserdichten Jacken, Skiunterwäsche, Stirnlampen und vor allem viel Ausdauer. Von Starnberg aus ging es am Ostufer hinunter, an Ambach und Ammerland vorbei bis Seeshaupt am Südende des Starnberger Sees, durch den Bernrieder Park, am Buchheim-Museum vorbei, über Tutzing, Feldafing und Pöcking wieder zurück. Es waren schon einige, die dann doch zu erschöpft oder ausgekühlt waren, um weiterzugehen und lieber in die S-Bahn einstiegen. Aber etwa 50 Unverdrossene schafften die ganze Strecke und trafen sich zwölf Stunden nach dem Aufbruch zum Abschluss im Tutzinger Hof zu einem gemeinsamen Abendessen.

Für den Kager ist es die zweite Auflage nach der Premiere in kleinerem Rahmen im vergangenen Jahr. Und der 51-jährige Veranstalter hat seine Sache gut gemacht, wenn man sich unter Teilnehmern umhört. "Was der organisatorisch geleistet hat, das ist der Wahnsinn", schwärmt zum Beispiel die 42-jährige Stefanie Nonnenmann. Und das kostenlos, während andere "Megamärsche", wie solche Touren in der Szene genannt werden, oft bis zu 80 Euro Teilnahmegebühr kosten. Die Unkosten für Sanitäter und Verpflegungsstationen trägt der Veranstalter selbst. "Das macht mich nicht arm", scherzt er.

Er kennt die Szene, weiß dass die Enthusiasten einiges aushalten. Das sind Männer und Frauen, die fast jedes Wochenende unterwegs sind, für die ein "Hunderter" fest zum Jahresprogramm gehört, also eine 100-Kilometer-Wanderung, bei der man auch eine Nacht hindurch unterwegs ist. Dagegen ist ein Fünfziger wie rund um den Starnberger See überschaubar. Wer sich dafür anmeldet, lässt sich so leicht auch nicht durch widriges Wetter abhalten.

Umso mehr freut ihn die Resonanz der Teilnehmer und die unerwartete Unterstützung an der Strecke. In Ammerland zum Beispiel, wo nach 13 Kilometern die erste Verpflegungsstation mit Bananen und Müsliriegel, Teewasser und Suppe in einer Bushaltestelle an der südlichen Seestraße aufgebaut werden sollte. Über den See pfiff der eisige Wind, der eingeschneite Unterstand bot kaum mehr Schutz vor der Kälte. Da war das Angebot des Hoteliers Rainer Sailer natürlich willkommen, der für die Wanderer seinen Stadel aufsperrte, damit sie dort vor dem Wetter geschützt Pause machen können. Im nächsten Jahr dürfen sie wieder kommen, wenn sie wollen. Kager will. Die Wanderung rund um den Starnberger See möchte er wieder organisieren, "nachdem die Resonanz so positiv war und alles gut geklappt hat", wie er sagt. Vielleicht klappt es dann auch mit dem Wetter besser.

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