Heimatwerkstatt - von hier für die Welt:Kreatives Kreislaufmanagement

Heimatwerkstatt - von hier für die Welt: Barbara Kleinschmidt spielt nicht nur Horn im Philharmonischen Orchester Isartal. In ihrer "Taschenwerkstatt" verarbeitet sie die Musikbanner nach den Konzerten zu modischen Shoppern, Bags und Beuteln.

Barbara Kleinschmidt spielt nicht nur Horn im Philharmonischen Orchester Isartal. In ihrer "Taschenwerkstatt" verarbeitet sie die Musikbanner nach den Konzerten zu modischen Shoppern, Bags und Beuteln.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Barbara Kleinschmidt fertigt Taschen aus Musikbannern. Mit diesem "Upcycling" können die Plastikplanen wiederverwertet statt entsorgt werden.

Von Sally-Victory Jüssen

Mehr als 20 verschiedene Exemplare hängen in dem Arbeitszimmer der "Taschenwerkstatt" von Barbara Kleinschmidt. Keine gleicht der anderen, denn jede der Taschen ist ein Einzelstück. An den Wänden hängen welche mal mit roten Henkeln, mal mit grünen abgesetzten Nähten oder mit gemusterten Stoffbordüren am Reißverschluss. In den Regalen stehen kleine Kosmetiktaschen, Federmäppchen und Shoppingbeutel. Der Korpus ist schwarz-weiß, versehen mit Buchstaben, musikalischen Begriffen oder Daten und Orten, an denen die Konzerte des Philharmonischen Orchesters Isartal stattgefunden haben. Trotz der Vielfältigkeit der Taschen haben sie eines gemeinsam: Alle wurden von der Hornistin aus alten Musikbannern "upgecycelt", also neu verwertet.

Die Idee bekam die Musikerin vor vier Jahren. Damals verteilte sie Werbeplakate in der Umgebung. Für jedes Konzert waren es sechs Banner, erinnerte sich Kleinschmidt. Die drei Meter langen und 80 Zentimeter hohen Plakate erfüllten ihren Zweck und fanden nach den Konzerten keinen Nutzen mehr. Sie verspürte Lust, die Banner zu verwerten, das Kreative stand dabei im Vordergrund. Kleinschmidt erzählt, dass ein Kollege die Plakate gebündelt zu einer großen Rolle sammelte und ihr mit den Worten übergab: "Die kannst Du haben, dann hast Du bis Weihnachten genug." Auf die Idee, Taschen herzustellen, sei Kleinschmidt bei einem Urlaub in der Schweiz gekommen. "Dort habe ich Taschen aus Lastwagenplanen gesehen und fand die Idee dahinter total toll ", erzählt sie mit einem Strahlen im Gesicht. Mit der Produktion von Einkaufstaschen fing sie dann im Jahr 2015 an.

Die Resonanz zu den Produkten sei so gut gewesen, dass sie sich für das Sommerkonzert des Philharmonischen Orchesters Isartal im Jahr 2016 mit weiteren Musikerinnen zusammenschloss. Gemeinsam nähten sie dann an einem Samstagabend 60 Taschen. "Innerhalb einer Stunde waren alle Taschen verkauft", sagt Kleinschmidt. "Anfragen für spezielle Taschen habe ich auch bekommen, wie für eine Tennistasche oder eine Tasche, die in den Radlkorb passt", erzählt sie fröhlich. Auch "Badehosenbags" und Notentasche fertigte sie schon in ihrer Freizeit an. Kleinschmidt ist nach eigenem Bekunden offen für alles und liebe es, kreative Möglichkeiten zu nutzen, um Gebrauchtes zu recyceln, sagte sie.

So unterschiedlich wie ihre Taschenkreationen sind, seien auch die Kunden. Viele Mädchen im Teenageralter fänden die Taschen schön. Die bunten Farben kommen bei ihnen gut an, vermutet Kleinschmidt. "Ältere Generationen finden die Idee dahinter total cool und mögen es, dass die Taschen Geschichten erzählen", sagt sie. Auf zukünftigen Taschen möchte sie besonders jene Veranstaltungen, die einst von den Plakaten beworben wurden, hervorheben. "Die Menschen verbinden die Tasche dann mit dem Konzert und wünschen sich, dass beispielsweise Beethoven auf der Tasche steht", sagt sie.

Auch die Lebensdauer der Recyclingprodukte ist hoch. Denn die älteste Tasche in ihrem Besitz sei bereits vier Jahre alt. Sogar wetterfest seien die Taschen, denn die ehemaligen Werbebanner bestehen aus Polyvinylchlorid, kurz PVC genannt, und sind einseitig beschichtet. Selbst Plakate, die an Orten wie einem Brückengeländer in Wolfratshausen hingen, könne sie noch für die Taschen verwenden. Dabei seien dann meistens nur die Ösen ausgerissen, weiß sie. Derzeit habe sie noch so viel Material von vergangenen Konzerten, dass sie mit dem Nähen nicht hinterher komme. Die Planen seien sehr ergiebig und sie habe mehr übrig, als sie verwenden könne. Mit dem Material müsse sie also nicht knausern, scherzt Kleinschmidt, zumal in einem Jahr circa neue 70 Plakate zusammenkämen.

In der Vergangenheit hat die Hornlehrerin auch bereits Nähworkshops gegeben. Darin vermittelt sie Kindern und Jugendlichen, dass das Upcycling eine wichtige Sache ist. Jeder sei aufgefordert, kreative Möglichkeiten in Hinsicht auf die Verwertung von Plastik zu suchen.

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