Süddeutsche Zeitung

Hans Schmidt:Warnung vor WLAN in der Altstadt

Der Wolfratshauser Grünen-Stadtrat und Mobilfunkkritiker stößt bei Bürgermeister Heilinglechner nicht auf Verständnis. Der Antrag komme außerdem zu spät.

Von Matthias Köpf, Wolfratshausen

In einer alten Stadt wie Wolfratshausen ist der Denkmalschutz immer von Bedeutung, auch wenn es um den Zugang zum mobilen Internet geht. Denn die vielen kleinen WLAN-Sender, die ein Privatunternehmen mit der bisherigen Billigung der Stadt in der Marktstraße zwischen Musikschule und Schwankleck anbringen will, um den flanierenden Bürgern und Gästen einen kostenfreien Zugang zum Netz zu verschaffen, müssen sich ins geschützte Stadtbild fügen. Vorbehaltlich dieser noch ausstehenden Zustimmung seitens des Denkmalamts sind die Verträge mit dem Betreiber aber perfekt und auch schon unterschrieben, heißt es aus dem Rathaus. Doch die Wolfratshauser Grünen lässt das nicht ruhen. Sie haben einen Antrag an den Stadtrat gestellt, sich in der kommenden Woche noch einmal mit dem Vorhaben zu befassen.

Zu den Argumenten, die Grünen-Stadtrat Hans Schmidt schon zweimal im Bauausschuss vorgebracht hat, sind für die geforderte Behandlung im Stadtrats-Plenum keine wesentlichen hinzugekommen. Neben der Warnung vor einer unnötigen Vermehrung der Funkstrahlung in der Stadt, wie sie Schmidt schon seit vielen Jahren als lokaler und überregionaler Mobilfunkkritiker vorträgt und sich dabei unter anderem auf Empfehlungen des Bundesamts für Strahlenschutz bezieht, nennt er in einer aktuellen Pressemitteilung zum Grünen-Antrag Datenschutz-Gründe und Jugendschutz-Argumente. So ließen sich mit Hilfe der vielen kleinen Sender Bewegungsprofile der Nutzer innerhalb der Altstadt erstellen und kommerziell nutzen. Gleiches gelte für die Kundendaten in Kombination mit dem individuellen Surf-Verhalten im WLAN. Zudem fördere die Stadt die ausufernde Internet-Nutzung und damit die soziale Vereinzelung vor allem von Jugendlichen und könne trotz eventueller Filter kaum wirksam sicherstellen, dass nicht gewaltverherrlichende oder pornografische Inhalte angeklickt würden. Wegen all dieser Bedenken, wie sie auch CSU-Fraktionssprecher Günther Eibl schon vorgebracht hat, reiche eine Behandlung im Bauausschuss und in der Lenkungsgruppe zur Innenstadtentwicklung nicht aus.

Die Lenkungsgruppe hatte das Thema zur Attraktivitätssteigerung der Innenstadt vorangetrieben und hofft unter anderen auf interaktive Stadtführungen und auf je nach Standort des Nutzers zielgenau platzierbare Werbebotschaften örtlicher Kaufleute, die so Surfer in ihre Läden locken könnten. Über solche Werbung will der Anbieter das System finanzieren, für die Stadt fielen für die Installation einmalig bis zu 8000 Euro an, lautete das Angebot. Mitbezahlen soll der von der Stadt selbst gespeiste Innenstadt-Fonds.

Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) reagiert abweisend auf Schmidts neuerliche Forderungen. Schmidt müsse die Mehrheitsentscheidung im Ausschuss akzeptieren, sagt der Bürgermeister - zumal viele seiner Einzelforderungen für den Stadtrat ohnehin erfüllt oder unerfüllbar seien. So dürfe ein privatrechtlicher Vertrag zwischen der Stadt und dem Betreiber nun einmal nicht veröffentlich werden. Dafür sei längst schriftlich zugesagt, dass keine Nutzerdaten weitergegeben würden, die Sender sollten nachts abgeschaltet werden und auch Filter für unerwünschte Inhalte werde es geben. Die geforderte Auswertung nach einem Jahr erübrige sich, da der Vertrag nur auf zwei Jahre abgeschlossen sei und dann im Lichte der Erfahrungen über eine eventuelle Verlängerung gesprochen werden könnte, sagt Heilinglechner. Der Vertrag sei von beiden Seiten unterzeichnet, so dass Schmidt mit seinem Stadtratsantrag außerdem zu spät gekommen sei.

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SZ vom 03.03.2015
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