Süddeutsche Zeitung

Grundstück in der Stobäusstraße:Radikal abgeholzt

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Bund Naturschutz kritisiert Rodung in Wolfratshausen

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Die Ortsgruppe des Bund Naturschutz (BN) kritisiert die Baumfällungen auf einem Grundstück in der Stobäusstraße. Die Bauherren haben sämtliche Bäume, insbesondere Fichten und Föhren gefällt. Die BN-Ortsgruppe fragt sich, ob ein so radikales Vorgehen notwendig war. "Diese Bäume können doch unmöglich alle bei der Bebauung des Grundstücks gestört haben", moniert die Wolfratshauser BN-Vorsitzende Sigrid Bender in einer aktuellen Stellungnahme.

Aus ihrer Sicht ist es bedauerlich, dass in Wolfratshausen keine Baumschutzverordnung existiert. Zudem würden in vielen Bebauungsplänen zu wenige Vorgaben für deren Erhalt festgesetzt. Bender bemängelt, dass sich die Stadtverwaltung und die politischen Gremien vom Bürgermeister bis zum Rat nicht durchringen könnten, das zu verbessern. "Was zählt da noch das Argument, dass Bürger aus Angst vor einer Baumschutzverordnung Bäume fällen würden, wenn auf der anderen Seite jedes neu zu bebauende Grundstück mit altem Baumbestand komplett gerodet wird", schreibt die BN-Ortsvorsitzende.

Artenschutzrechtliche Bestimmungen, etwa zum Schutz von Fledermäusen, seien zudem auch außerhalb der Geltungsdauer des Fäll- und Rodungsverbots einzuhalten. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz dürfen Bäume zwischen dem 1. März und dem 30. September nicht entfernt werden, um nistende Vögel zu schützen. Doch auch in der kalten Jahreszeit müsse geprüft werden, ob in Bäumen etwa Fledermäuse ihr Winterquartier hätten und diese daher stehen bleiben müssten. Die BN-Ortsgruppe bezweifelt, dass die Föhren und Fichten auf dem Grundstück in der Stobäusstraße eigens begutachtet wurden. Derartige Prüfungen würden häufig übersehen, heißt es in der Pressemitteilung.

Insbesondere fragt sich Bender, warum nicht einzelne Bäume stehen gelassen und damit "kleine Oasen" geschaffen worden seien. Denn die stetig wachsende Bevölkerung brauche zwar mehr Platz. Doch ohne Bäume, Sträucher und die darauf siedelnden Tieren könne niemand auf der Erde leben. Gerade Exemplare in Städten seien für die Anwohner wichtig. Die Bäume spendeten Sauerstoff und stärkten Psyche und körperliches Wohlbefinden der Bürger. Pflanzen wirkten als Luftfilter, verringerten den Lärm und spendeten Schatten. Zudem verschönerten sie das Stadtbild, indem sie hässliche Fassaden von Häusern verdeckten. Die BN-Ortsgruppe verweist auf eine Broschüre des bayerischen Umweltministeriums mit dem Titel "Zukunftschancen für Freund Baum ...", in der dies nachzulesen sei.

Für die Nachbarn des Neubaugrundstücks an der Stobäusstraße sieht die Umweltgruppierung viele Nachteile. Die Anwohner fürchteten nun, ohne die großen Bäume viel stärker Wind und Sonne ausgesetzt zu sein. Zudem könnten ihre Kinder nicht mehr Eichhörnchen und Spechte beobachten, die auf den alten Föhren und Fichten ihren Lebensraum hatten.

Ebenso denkt die BN-Ortsvorsitzende Bender an die neuen Bewohner des Baugrundstücks. Vielleicht gebe es in den Häusern Menschen, die sich an stehen gebliebenen Pflanzen freuten. "Die wissen, dass wir ohne deren Sauerstoffproduktion nicht leben können, die deren Schatten genießen, sich an dem Vogelgezwitscher erfreuen und damit auch froh sind, weniger Schädlinge in ihrem Garten zu haben", argumentiert der Wolfratshauser BN. "Die daran denken, dass alles miteinander verbunden ist."

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Quelle:
SZ vom 31.01.2018
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