Süddeutsche Zeitung

Grünpflege in der Stadt:Fällen ist die letzte Option

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Ob Klimawandel oder Krankheiten: Auch Bäume geraten zunehmend unter Stress. In der Stadt Bad Tölz kümmert sich Kontrolleur Simon Behmenburg darum, dass die Gehölze eine Zukunft haben.

Von Julia Graber, Bad Tölz

Der Anblick von Kettensägen und Astscheren, die ins Holz schneiden, weckt oft bei Passanten Sorge um die grünen Riesen. Vor allem, wenn die betreffenden Bäume ortsbildprägend sind, Alleen bilden und Kommunen schmücken. Dass solche Arbeiten oftmals notwendig sind, um eben diese Bäume zu erhalten, das wollte die Stadt Bad Tölz kürzlich in einem Pressetermin deutlich machen. Simon Behmenburg, Baumkontrolleur der Stadt Bad Tölz, stellte in diesem Rahmen die Kriterien vor, nach denen die Arbeiten ablaufen.

Bäume sind wichtig für ein angenehmes Stadtklima. Sie spenden Schatten und kühlen die Luft. Ihr Erhalt ist einerseits ein ökologischer Auftrag, andererseits aber auch mit hohen finanziellen Ausgaben verbunden: Die Stadt Bad Tölz plane allein in diesem Jahr mit einem "sechsstelligen Betrag für die Baumpflege", sagt Bürgermeister Ingo Mehner (CSU).

Eschentriebsterben, Totholz oder Schieflage sind einige der Kriterien, nach denen Behmenburg seine Arbeit ausrichtet. Der studierte Forstwirt ist seit Mai 2021 in der Kurstadt unterwegs und begutachtet die rund 7000 stadteigenen Bäume. "Weder Personen noch Dinge sollen beschädigt werden", erklärt Florian Schallhammer, Leiter des Städtischen Betriebshofs, die vorrangige Verkehrssicherungspflicht. Wichtige Baum-Pflegemaßnahmen seien daher beispielsweise das Totholz zu entfernen oder Kronen zu sichern. Manchmal reichen jedoch Pflegemaßnahmen nicht mehr aus und es muss gefällt werden. Bei etwa 50 Exemplaren ist das dieses Jahr der Fall.

Da es dem Tölzer Stadtrat ein Anliegen ist, den Baumbestand so gut es geht zu erhalten, haben sie den Baumkontrolleur eingestellt. Zuvor erledigten Externe diese Aufgabe. Behmenburg ist viel unterwegs. "Ich gehe durch die Stadt und beurteile die Bäume nach Stamm, Krone und Wurzelraum. Wichtig ist immer die Verkehrssicherheit", sagt er. "Wir haben 1700 Bäume, die akut gepflegt werden müssen. Ziel ist ein stabiler und gesunder Baum", erklärt der Forstwirt. Erst kürzlich war der Baumtrupp des Betriebshofs im oberen Rehgraben - im Bereich der Wohnanlage - aktiv. Hier folgen noch Aufräumarbeiten, sobald das Wetter mitspielt. Als nächstes sind Arbeiten im unteren Teil des Rehgrabens geplant, südlich der Gaißacher Straße. Am Lettenholz finden auch Erhaltungsmaßnahmen statt, zum Teil unterstützt durch das Staatliche Bauamt, da es über die nötigen Geräte verfügt.

Besondere Probleme mache das Eschentriebsterben, verursacht durch einen Pilz. "Hier verkümmern die Triebe, das setzt der Baumart sehr zu", sagt der Baumkontrolleur. Andere Krankheiten sind der Stammkrebs, besonders bei den Berg- und Spitz-Ahornen, oder die Rosskastanien-Miniermotte, ein Klein-Schmetterling. Dieses Insekt befällt das Laub, sodass Rosskastanien bereis im Sommer kaum noch Blätter tragen. Jene, die verbleiben, sind welk und ausgetrocknet.

So lange der Baum keine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellt, darf er aber stehen bleiben, "auch wenn es nur ein Jahr ist". Andere heimische Baumarten - wie etwa die Linde - kommen hingegen "sehr gut zurecht", erklärt der Forstwirt. Auf Berg-Ahorn und Spitz-Ahorn sollte in der Stadt hingegen zukünftig verzichtet werden, so lautet sein Rat.

Behmenburgs Protokoll bewertet, ob ein Baum durch Krankheit oder Totholz eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellt. Da der Erhalt Priorität hat, kommt das Fällen von kranken oder sicherheitsbedrohlichen Bäumen nur dann in Betracht, wenn keine andere Hilfe Besserung verspricht. Ob das notwendig ist, entscheidet die Baumschutzkommission, in der Vertreterinnen und Vertreter des Stadtrats sitzen. Das Gremium wird unter anderem von Baumkontrolleur Behmenburg fachlich unterstützt.

Aber auch die "Baum-Erziehung" gehört zum Aufgabenspektrum des Forstwirts. "Junge Bäume werden so erzogen, dass Äste die Straße nicht behindern". Besonders V-Vergabelungen, Druckzwiesel genannt, sind kritisch, da von ihnen eine Bruchgefahr ausgeht. Daher werden Druckzwiesel bei junge Pflanzen entnommen.

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SZ vom 21.01.2022
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