Süddeutsche Zeitung

Grünes Stadtleben:Kleingärtnern droht Ungemach

Am Breitfilz in Penzberg fallen einzelne Parzellen weg, dabei steigt in der Stadt die Nachfrage nach Flächen zum Pflanzen und Jäten eigentlich

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Seit fast drei Jahren gibt es ein Nutzungsverbot für die Gartenparzellen im Breitfilz. Um die Anordnung des Landratsamtes Weilheim-Schongau rückgängig zu machen, muss ein Bebauungsplan für das Sondergebiet aufgestellt werden. Über den Geltungsbereich diskutierte der Bauausschuss des Penzberger Stadtrats nun am Dienstag. Die Planer machten dabei deutlich, dass es in den Randbereichen zu Konflikten mit dem Naturschutz komme, weil einige Kleingärten in den besonders schützenswerten Biotop- und FFH-Flächen liegen. Das könnte im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens dazu führen, dass von Seiten des Naturschutzes Veto gegen die Pläne eingelegt wird.

Der Ausschuss einigte sich nach langer Debatte letztlich darauf, mit dem Bebauungsplan-Entwurf ins Verfahren zu gehen. Doch soll mit den Betroffenen das Gespräch gesucht werden, ob sie die Gartenparzellen gegen andere tauschen möchten. Wer seinen Kleingarten aufgibt, kann mit der Stadt über eine Ablöse für Hütten und anderes verhandeln.

Momentan hat keiner der Nutzer einen gültigen Pachtvertrag. Erst muss die Freizeitgartenanlage rechtlich auf sicheren Füßen stehen, sprich: Unter anderem müssen Rettungswege geschaffen werden, die es der Feuerwehr ermöglichen, jede Parzelle zu erreichen. Das entsprechende Brandschutzkonzept liegt vor. Bestehende Wege werden ausgebaut, neue angelegt. Derzeit finden Bohrungen statt, welche die Versorgungssicherheit mit Löschwasser klären sollen. In Planung ist auch ein 48-Kubikmeter-Wassertank.

Ein weiterer Schritt zur Wiedernutzung der Kleingärten ist die Gründung eines Vereins, der sich künftig um die Verpachtung kümmert. Die Stadt hatte dies jahrzehntelang übernommen, möchte die Aufgabe allerdings abgeben. Der Verein "Team Breitfilz" steht in den Startlöchern und hofft, in diesem Jahr mit dem Projekt ein gutes Stück voranzukommen.

Mit der Erstellung der Planungsunterlagen wurden Architekt Eberhard von Angerer und die Landschaftsarchitekten Vogl und Kloyer betraut. Man habe alle Wunschvorstellungen des Vereins berücksichtigt, sagte von Angerer in der Sitzung. Der Eingang zur Gartenanlage befindet sich im Süden. Dort soll ein neues Vereinsheim entstehen. Weil mit dem Neubau Parkflächen wegfallen, ist geplant, eine neue Parkmöglichkeit zu schaffen. Mit der Feuerwehr sei das Wegenetz abgestimmt, sagte von Angerer. Allerdings gebe es mit dem Geltungsbereich für die Anlage "Konfliktsituationen" mit dem Naturschutz.

Die Gartenanlage liegt im Hochmoor Breitfilz. Eingriffe in solch wertvolle Flächen machen Ausgleichsmaßnahmen notwendig. Für die etwa 300 Gartenparzellen und das Wegenetz muss die Stadt circa 13 000 Quadratmeter Ausgleichsflächen schaffen. Das bedeutet, die Stadt muss Areale in dieser Größenordnung ökologisch aufwerten. Die Kosten stehen noch nicht fest. Laut Landschaftsarchitektin Johanna Vogl hat der Bund Naturschutz ein Konzept erarbeitet für Maßnahmen direkt im Breitfilz.

Knackpunkt sind drei bis vier Parzellen, die direkt an das Hochmoor angrenzen. Von Angerer betonte, dass es zu Schwierigkeiten im Verfahren kommen könne, würden die Parzellen beibehalten. Für einige könne Bestandschutz geltend gemacht werden, sagte Vogl. Bei anderen, insbesondere im westlichen Bereich, sieht die Landschaftsarchitektin schwarz. Eine klare Absage erteilte sie der vom Verein gewünschten Ausdehnung des Geltungsbereichs, weil dort ein wertvolles Birkenwäldchen steht. Paul Hattemer, Vorsitzender des Breitfilz-Vereins, erklärte in der Sitzung, der Verein wolle die Gartenanlage nicht "künstlich verkleinern". Es bestehe ein großes Interesse an den Parzellen, nicht nur von Altpächtern. Zudem wachse die Stadt. Der Bedarf an Schrebergärten werde also größer.

Dem mochte der Ausschuss nicht folgen. Die Ränder zum Hochmoor hin müssten geschützt werden, sagte Martin Janner (Penzberg Miteinander). Das Breitfilz sei ein Alleinstellungsmerkmal der Stadt. Er plädierte dafür, der Einschätzung der Fachplaner zu folgen und die kritischen Parzellen langfristig aufzulassen. Sebastian Fügener (Grüne) betonte, man wolle die Breitfilzler nicht verjagen, aber man sollte über einen Tausch der Grundstücke oder eine Umsiedlung nachdenken. Es gehe darum, den Altpächtern ihre Gärten wieder zur Verfügung zu stellen und nicht darum, neue Pächter aufzunehmen. Sollte es Bedarf für weitere Schrebergärten geben, dann an anderer Stelle, sagte Hardi Lenk (SPD). "Und nicht in diesem hochsensiblen Bereich." Er schlug vor, dass Parzellen in den sensiblen Lagen nicht mehr verpachtet werden, wenn die Nutzer sie nicht mehr wollten. Ferner soll mit den Betroffenen gesprochen werden, zu welchen Konditionen sie sich eine Aufgabe ihrer Grundstücke vorstellen können.

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SZ vom 21.01.2021
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