Grünen-Politik an der Loisach:Flanieren, radeln, mitfahren lassen

Surfer an der Floßlände in München, 2015

Grünen-Stadtrat Hans Schmidt wünscht sich vieles, aber keine Stadt mit Leuchtturmprojekten wie etwa die Wolfratshauser Surfwelle.

(Foto: Robert Haas)

Die Wolfratshauser Grünen stecken beim Ortsgruppentreffen ihre Themen und Forderungen zu den bevorstehenden Europawahlen und Kommunalwahlen ab

Von Arnold Zimprich, Wolfratshausen

Justyna Czajka ist sichtlich zufrieden - so viele Leute hätte sie nicht erwartet zu dieser Sitzung des Wolfratshauser Ortsverbandes der Grünen. "Wie ich sehe, besteht ein großes Interesse an grüner Politik und den bevorstehenden Europawahlen", sagt Czajka.

Die Wahlen sind dann auch das wichtigste Thema an diesem Abend im "Grünen Salon" der Flößerei, und wie man am besten an die Leute herantritt. Die Grünen wollen erneut mit Infoständen auf ihre Politik aufmerksam machen. Fraktionssprecher Hans Schmidt ist Landkreis-Koordinator für den Europawahlkampf. "Freiheit, Gleichheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit müssen verteidigt werden", sagt Schmidt, er fordert zudem die Einführung einer CO²-Steuer und eine Politik, die gleiche Entlohnung für gleiche Arbeit zum Ziel hat. Dass viele EU-Mitglieder wieder einer Abkapselung in die Nationalstaatlichkeit anheimfallen, sei besorgniserregend. "Menschenrechte gelten nicht nur für EU-Ureinwohner", sagt Schmidt und wird kurz emotional.

Als nächstes steht das Thema Gemeinwohl-Ökonomie auf der Agenda. Bei dieser Art des Wirtschaftens steht im Vordergrund, was ein Unternehmen der Allgemeinheit vor Ort bringt. Es sei ein anderer Ansatz als der klassische, bei dem allein die Profitabilität im Vordergrund steht. Die Gemeinwohl-Ökonomie sei keine neue Idee, aber hinsichtlich der Endlichkeit der Ressourcen wieder topaktuell. Hans Schmidt will baldmöglichst Informationen dazu beschaffen. "Das Wirtschaften zugunsten des Gemeinwohls ist sogar in der bayerischen Verfassung verankert", hakt Grünen-Stadträtin Annette Heinloth an dieser Stelle ein.

Eng damit verbunden sei die Frage "Wie wollen wir leben?", die der Ökonom Nico Paech stellt. "Man muss sich das vorstellen", so Schmidt, "aktuell produzieren wir im Schnitt zwölf Tonnen CO² im Jahr". Produziert werden dürften allerdings nur zwei Tonnen. "Wir müssen weg vom Konsum und raus aus dem Hamsterrad", appelliert Schmidt. Justyna Czajka sieht Verzichtsforderungen hingegen kritisch. "Sobald von Verzicht die Rede ist, wird es schwierig" - die Menschen wollten auf den einmal erreichten Komfort nicht verzichten. "Wir müssen auf die zwei Tonnen pro Jahr runter", insistiert Schmidt. Energienutzungspläne seien ein wichtiges Mittel, um dies zu bewerkstelligen. In Sachen Stromverbrauch und beim Energiesparen an Gebäuden sei man schon auf dem richtigen Weg, beim Thema Verkehrsplanung aber noch viel zu tun. "Wir wollen eine Stadt zum Radfahren, Flanieren und Wohlfühlen statt zum Autofahren", sagt Schmidt. "So wie es jetzt läuft, sind wir nicht zufrieden. Wir wollen eine gemütliche Stadt die alles hat, was Menschen brauchen, keine Stadt mit Leuchtturmprojekten", sagt Schmidt mit Blick auf die geplante Surfwelle an der Loisach. "Die Bürgervereinigung geht einmal in die eine und dann wieder in die andere Richtung, wir Grüne stehen aber für unser Programm."

Lena Gneist wünscht sich "eine App, die mir sagt, wie ich am besten und schnellsten von, sagen wir mal, Geretsried nach Lenggries kommen kann". Bereits bestehende Apps würden das nicht bewerkstelligen. "Das wäre doch ein Projekt für Studenten", so Gneist. "Einfach muss eine App sein", sagt Josef Mayr, "damit sie die Leute vom Individualverkehr wegbringt". Annette Heinloth erwähnt die Mitfahrbankerl, in Münsing würden die bereits bestehenden Bänke bisher allerdings wenig wahrgenommen. Vielleicht liege die mangelnde Akzeptanz auch daran, dass sie nicht gut genug beworben wurden und nicht als Mitfahrbankerl, also einer "seriösen" Alternative zum Autostopp, erkennbar seien. "Ich habe die Hoffnung, dass es in Wolfratshausen auch von der Jugend genutzt wird".

Hans Schmidt hat noch eine weitere Idee: "Auch das Solarkataster, auf dem erkennbar ist, welche Dachflächen sich für Photovoltaik eignen, sollte in den Fokus der Öffentlichkeit rücken." Es sei Eigeninitiative gefragt, wie sie Lena Gneist vorlebe. Auf ihre Initiative hin wird die Stadt Geretsried drei Lastenfahrräder anschaffen, die sich die Bürger ausleihen können.

Kurz debattiert die Ortsgruppe noch darüber, wie man Jugendliche - speziell im Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen rund um die "Fridays for Future"-Initiative für grüne Ideen begeistern könnte. "Es fehlen coole Events in der Region", so Gneist, obwohl es an Ideen nicht mangle. "14-jährige Mädels wollen wissen, was sie machen können, außer am Freitag auf die Straße zu gehen". Mehr Projekte auf lokaler Ebene wie "Recup", also das Auffüllen von Kaffeebechern anstatt der Verwendung von Wegwerfbechern, seien gefragt. Beim nächsten Ortsgruppen-Treffen sollen dazu Ideen gesammelt werden.

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