Gespräche gescheitert:Arbeiterwohlfahrt bricht mit Penzberg

Gespräche gescheitert: Die AWO hat das Seniorenheim an der Gartenstraße 40 Jahre lang betrieben. Nun steht die Kooperation mit der Stadt vor dem Aus.

Die AWO hat das Seniorenheim an der Gartenstraße 40 Jahre lang betrieben. Nun steht die Kooperation mit der Stadt vor dem Aus.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Verhandlungen über den Neubau eines Seniorenheims an der Gartenstraße stehen wegen zu hoher Kosten vor dem Aus. Stadt kündigt an, schnellstmöglich einen neuen Betreiber zu suchen.

Von Alexandra Vecchiato

40 Jahre lang hat die Arbeiterwohlfahrt (Awo) das Seniorenheim an der Gartenstraße betrieben. Das Heim und das Grundstück gehören der Stadt. Die Kooperation steht vor dem Aus. Die beiden Seiten können sich nicht auf die Konditionen für einen Neubau an gleicher Stelle einigen. Dem Awo-Bezirksverband sind die Kosten zu hoch. Er fordert, dass Penzberg den Abriss, den Aushub und die Abdichtung der Baugrube und die Entsorgung des Erdreichs übernimmt. "Wir können nicht eine halbe Million und mehr übernehmen", sagt indes Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei/SPD). Am Freitag gab das Rathaus eine fünfseitige Pressemitteilung heraus. Daraus geht unmissverständlich hervor, dass über eine Ausschreibung ein neuer Heimbetreiber gesucht werden solle.

Diese fünf Seiten sind die Antwort auf eine Presseerklärung des Awo-Bezirksverbands Oberbayern vom Donnerstag. An diesem Tag hätten Awo und Stadt ihre Unterschriften unter den Notarvertrag zum Verkauf des Grundstücks an der Gartenstraße setzen sollen. Stadtkämmerer Johann Blank musste den Termin mangels Rückmeldung kurzfristig absagen. Der Bezirksverband erklärte stattdessen schriftlich, dass die Kosten für den Neubau zu hoch seien.

Bezirksverbandsvorsitzender Andreas Niedermeier sieht den Schwarzen Peter bei der Stadt. Man sei ihr hinterhergerannt, habe sich stets um Gespräche bemüht. Die Awo sei in den vergangenen drei Jahren derart schlecht behandelt worden, dass man "auf keinen grünen Zweig" mehr komme. Der Bezirksverband kritisiert, dass das Gutachten zur Baugrunduntersuchung nicht vorliege. Der Awo sei ein Bodengutachten aus den 1970er-Jahren zur Verfügung gestellt worden, als das Heim von der Stadt errichtet wurde. Schon damals musste die Baugrube abgedichtet werden. Der Verband schätzt die Kosten auf eine halbe Million Euro allein dafür. Der Abbruch des Gebäudes wird auf circa 800 000 Euro taxiert. Diese hohen Kosten müssten auf die späteren Pflegesätze der Heimbewohner umgelegt werden.

Der Bezirk Oberbayern ist bereit, 130 000 Euro pro Platz zu tragen. Im neuen Penzberger Seniorenheim würden die Kosten pro Platz bei 150 000 Euro liegen, sagt Niedermeier. Man sei bereit gewesen, der Stadt das Grundstück für 400 Euro pro Quadratmeter abzukaufen - laut Niedermeier ein sehr hoher Preis. Marktüblich sind allerdings in dieser Innenstadtlage 690 Euro pro Quadratmeter. Knapp drei Millionen sollte der Deal in die Stadtkasse spülen. Dafür müsste Penzberg wenigstens noch die Kosten für die Abdichtung der Baugrube und den Abriss übernehmen, sagt Niedermeier. "Kommt nicht infrage", erwidert Zehetner.

Die Stadt möchte das Heim komplett an die Arbeiterwohlfahrt übertragen, also mit Grundstück und neuem Gebäude. Der Stadtrat beschloss im Juni 2017, an der Zusammenarbeit mit der Awo festzuhalten. Zuvor waren auch andere Betreiber im Gespräch, was zu Irritationen führte. Trotz dieses Bekenntnisses ging nichts vorwärts. Außer, dass der Stadtrat einen Bebauungsplan für das Vorhaben auf den Weg brachte.

Der Neubau eines Seniorenheims ist erforderlich, weil das Haus an der Gartenstraße 2 baulich nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes entspricht. Dieses sieht einen höheren Anteil an Einzelzimmern vor, ebenso müssen die Sanitäranlagen den Zimmern zugeordnet sein. Ein Umbau ist an der Gartenstraße nicht möglich. Die Heimaufsicht hat der Stadt eine Frist bis 2021 gesetzt, die Mängel zu beheben.

Die Awo reagierte verschnupft auf die Pläne der Stadt. 2016 kündigte der Verband den Vertrag zum 31. Dezember 2017. Seit drei Monaten gebe es keine Sicherheit mehr, sagt Zehetner. Die Kündigung sei nie zurückgenommen worden. "Wir sind nahe der Verzweiflung." Alle Planungen seien auf diesen einen Träger zugeschnitten. Nur auf eines pochte der Stadtrat: Der neue Vertrag müsse bis zum 31. März unterzeichnet werden. Eine Fristverlängerung werde es nicht geben. Dieser Beschluss wurde vor Kurzem in nicht öffentlicher Sitzung bestätigt. Die Awo lehnt eine Unterschrift ab, weil zu vieles unklar sei.

"Aus diesem Grund wird die Stadt Penzberg nunmehr schnellstmöglich in ein formelles Vergabeverfahren gehen und den Standort Penzberg zur Errichtung eines Seniorenheims ausschreiben", teilt Stadtkämmerer Johann Blank mit. Am Freitag sei ein Schreiben der Awo im Rathaus eingegangen, das sich unter anderem "zur Vorstellung der Awo bezüglich des Endes des Miet- und Trägerschaftsvertrags äußert". Dessen Inhalt müsse man erst bewerten, so Blank.

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