Mord in Königsdorf:Vertrauen zurückgewinnen

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Polizeipräsident Robert Kopp will das Sicherheitsgefühl verbessern. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Polizeipräsident Robert Kopp will nach dem Doppelmord von Höfen den Menschen wieder ein Gefühl der Sicherheit geben. Denn nach wie vor gilt: Im Landkreis gibt es vergleichsweise wenige Straftaten.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz-Wolfratshausen

Im Landkreis leben die Menschen so sicher wie in kaum einer anderen Region in Deutschland. Das zeigt die Kriminalitätsstatistik des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd für das vergangene Jahr. Nach dem Doppelmord von Höfen bei Königsdorf helfen all diese Zahlen aber wenig: Das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung ist durch das schreckliche Verbrechen mehr oder weniger dahin.

"In 20 Jahren in der Kommunalpolitik habe ich noch nie erlebt, dass man so intensiv über ein Verbrechen gesprochen hat", sagte Landrat Josef Niedermaier (FW) am Mittwoch beim Sicherheitsgespräch des Landratsamtes mit dem Polizeipräsidium Oberbayern Süd. Für den Polizeipräsidenten Robert Kopp ist es wichtig, dass die Menschen im Landkreis nach den furchtbaren Mordtaten wieder "ein an die tatsächliche Kriminalitätslage angepasstes Vertrauen" zurückgewinnen. Dabei denkt er auch an den Einsatz von Sicherheitswachten.

Der Fall in Höfen wurde schnell aufgeklärt. Binnen fünf Wochen waren drei 32, 42 und 23 Jahre alte polnische Staatsbürger und eine 49-jährige polnische Pflegekraft als mutmaßliche Täter festgenommen. Niedermaier dankte der Polizei für den enormen Aufwand und die akribische Ermittlungsarbeit: "Es ist ein großer Verdienst, dass man die Sache so schnell aufgeklärt hat." Der rasche Erfolg trage maßgeblich "zu einer besser gefühlten Sicherheit im Landkreis" bei. Dennoch hat Polizeipräsident Kopp keine Zweifel daran, dass die entsetzliche Gewalttat doch Spuren hinterlasse. Deshalb sei es wichtig, dass die Polizei "sichtbar dazu beiträgt", das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung zu stärken.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass nun unentwegt Streifen auf den Straßen unterwegs sind. Deutschland sei ein Rechtsstaat, kein Polizeistaat, so Kopp. Allerdings könnten seiner Ansicht nach Sicherheitswachten helfen, die im südlichen Bayern noch kaum bekannt, andernorts aber durchaus erfolgreich seien. Dabei handelt es sich nicht um Hilfspolizisten, schon gar nicht um eine Art Bürgerwehr. Vielmehr werden die ehrenamtlichen Kräfte von der Polizei ausgebildet, um dann zu zweit ihre Runden zu drehen. Zum Beispiel in Parkanlagen, im Umfeld von Asylunterkünften, bei Partys im Freien. Ihre einzige Befugnis: Sie dürfen die Identität einer Person feststellen. Zu 99,9 Prozent seien sie Ansprechpartner und "wandelnde Litfaß-Säulen", sagte Kopp. Dafür suche man weder Extremisten noch Gschaftlhuber, sondern Leute, die kommunikativ begabt, wetterfest und gut zu Fuß sind. Eines stellte Kopp klar: "Wir schieben keine Arbeit ab, die hoheitlichen Aufgaben erfüllt nach wie vor die Polizei."

Würde sie nicht vom Doppelmord in Höfen in den Schatten gestellt, sähe die Statistik bei den Wohnungseinbrüchen für 2016 sogar erfreulich aus. Im Landkreis gab es bloß 30 Fälle dieser Art, dass sind 33,3 Prozent weniger als 2015. Der Fall in Höfen sei auch nicht das Paradebeispiel für einen normalen Einbruch, sagte der Polizeipräsident. Der übliche Einbrecher sei scheu - "hat er das Gefühl, erkannt zu werden, macht er die Fliege".

Insgesamt stieg die Zahl der Straftaten im Landkreis im Vorjahr leicht um 102 auf insgesamt 4202. Rechnet man die von Ausländern begangenen Delikte hinzu, sind es 4218. Die Aufklärungsquote beträgt 63,7 Prozent. "Mehr als jeder zweite Täter wird von uns erwischt", sagte Kopp. Mit einer Kriminalitätsbelastung von 3363 Straftaten pro 100 000 Einwohner habe der Landkreis einen deutlich besseren Wert als alle anderen Kreise und die Stadt Rosenheim, für die das Polizeipräsidium Oberbayern Süd zuständig ist.

Ein Problem hat die Polizei zum einen mit "Fake News", also Lügen im Internet, die ebenfalls zu einer Verunsicherung in der Bevölkerung führen. "Wir haben leider die Situation, dass trotz unserer Berichterstattungen Halbwahrheiten und totale Falschmeldungen die Sicherheitslage verdrehen". Dagegen versuche man mit Präsenz in den sozialen Medien und auch mit strafrechtlichen Mitteln vorzugehen. Zum anderen machen Telefonbetrüger der Polizei zu schaffen. Auch nach dem Doppelmord bei Königsdorf.

Kaum war die Sonderkommission eingerichtet, riefen Betrüger bei Senioren an, gaben sich als Beamte der "Soko Höfen" aus und forderten unter einem Vorwand Geld. Perfider gehe es nicht mehr, sagte Kopp: "Auf Bairisch gesagt: eine Sauerei."

© SZ vom 13.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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