Süddeutsche Zeitung

Geschütztes Gebäude in Wolfratshausen:Noch nicht gerettet

Der Bauausschuss des Stadtrats lehnt den Antrag zum Abriss des Hauses an der Alpenstraße 14 für vier Reihenhäuser einstimmig ab. Die Entscheidung obliegt aber dem Landratsamt

Von Konstantin Kaip

Zweieinhalb Monate können eine entscheidende Zeitspanne sein. Das zeigt der Fall des Gebäudes in der Alpenstraße 14 in Wolfratshausen. Das gehört zu dem geschützten Ensemble, das als Siedlung "Isarleiten" in den Dreißigerjahren für Arbeiter der Geretsrieder Rüstungsbetriebe errichtet wurde. Dennoch will es der Besitzer abreißen lassen, um dort vier Reihenhäuser zu bauen. Der Bauausschuss des Wolfratshauser Stadtrats hatte dem Vorhaben im Februar 2016 mehrheitlich zugestimmt. Am 16. Februar 2017 genehmigte dann das Landratsamt per Vorbescheid Abriss und Neubauten, weil zu diesem Zeitpunkt kein wirksamer Ensembleschutz bestand. Zehn Wochen später, zum 1. Mai 2017, trat eine Gesetzesänderung in Kraft, die den Abriss einzelner Gebäude in einem geschützten Ensemble verbietet.

Der Historische Verein hat in der Folge immer wieder auf diese Gesetzeslücke hingewiesen und mit Demonstrationen und Unterschriftensammlungen gegen den geplanten Abriss protestiert. Mit scheinbarem Erfolg: Anfang des Jahres verkündete Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW), der Eigentümer wolle vom Abriss absehen. Nun aber stand er wieder auf der Tagesordnung des Bauausschusses. Der hat den Bauantrag zum Abbruch des Mehrfamilienhauses und Neubau von vier Reihenhäusern am Mittwoch einstimmig abgelehnt.

Ein Grund zum Aufatmen ist das für die Mitglieder des Historischen Vereins indes nicht. Zwar hatte deren Vorsitzende Sybille Krafft vor der Sitzung alle Stadträte in einem offenen Brief aufgefordert, dem Antrag nicht zuzustimmen, weil mit dem Abriss "dieses einmalige städtebauliche Denkmalensemble an der Wolfratshauser Alpen- und Schießstättstraße für immer zerstört" würde. Doch erstens ist die entscheidende Behörde das Landratsamt, das den Abriss bereits per Vorbescheid genehmigt hat. Und zweitens hat auch der Bauausschuss am Dienstag seine Ablehnung im Wesentlichen damit begründet, dass der nun eingereichte Bauantrag vom Vorbescheid abweicht. So wurde für die Reihenhäuser etwa eine größere Wandhöhe beantragt, die laut Vorlage die Proportionen des Dachgeschosses im Vergleich zur Umgebung deutlich verändert. "Der gesamte Gebäudezug steht unter Ensembleschutz", sagte Hans Schmidt (Grüne). "Deshalb ist es besonders wichtig, dass sich die Bauten in die Umgebung einfügen." Er bemängelte auch die geplanten Garagen. Günther Eibl (CSU), führte an, dass die Planung auf das für das Ensemble typische Hochparterre verzichte, deshalb werde seine Fraktion dagegen stimmen. Zwar hatte BVW-Sprecher Josef Praller die Ablehnung seiner Fraktion zuvor nicht nur mit der Gestaltung begründet. Man könne auch "einem Abbruch nach derzeitiger Gesetzeslage nicht zustimmen", sagte er. Bürgermeister Heilinglechner wies die Stadträte jedoch darauf hin, dass sie dem Antrag auf Vorbescheid bereits mehrheitlich zugestimmt hätten. Nun den Abbruch abzulehnen "wäre gesetzeswidrig", sagte er.

Es sei klar gewesen, dass der Antrag "große Aufmerksamkeit" bekommen würde, sagte Heilinglechner - auch durch den offenen Brief. Allerdings gebe es einen genehmigten Vorbescheid. Dass der Eigentümer nun doch einen Abriss plane, fand der Bürgermeister "sehr bedauerlich". Er werde nun mit dem Bauherrn das Gespräch suchen und "schauen, wie wir diese Sache auf eine andere Weise lösen können".

Ob der Abriss rechtlich zu verhindern ist, bleibt indes fraglich. Das Landratsamt will sich nicht zur Sache äußern, weil der Bauantrag dort noch nicht vorliegt. Und auch vom Landesamt für Denkmalpflege gab es trotz Anfrage bislang keine Antwort. Krafft äußert sich verhalten optimistisch. "Wir freuen uns sehr, dass der Beschluss einstimmig erfolgt ist", sagte sie nach der Bauausschusssitzung. Um das Ensemble zu retten, werde der Historische Verein "weiterhin auf die Bedeutung der unbequemen Denkmäler aufmerksam machen". Zur Demonstration vor dem Haus am Samstag (11 Uhr) werde man auch den Hausbesitzer einladen, um mit ihm "gemeinsam nach Lösungen zu suchen", sagte Krafft. "Wir hoffen auf Einsicht."

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Quelle:
SZ vom 14.12.2018
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