Geretsrieder Stadtentwicklung:Unternehmen will gegen Wohngebiet klagen

Lorenz-Areal, Lorenz-Gelände

Die Industriebrache an der Banater Straße, die jetzt in ein Wohngebiet umgewandelt wurde, grenzt direkt an die Hallen des Kompressoren-Herstellers Bauer Uniccomp (links). Das Unternehmen fürchtet existenzbedrohende Klagen künftiger Anwohner wegen Lärms.

(Foto: Manfred Neubauer)

Kompressoren-Hersteller Bauer sieht sich durch mögliche neue Nachbarschaft in der Existenz bedroht.

Von Felicitas Amler

Der Geretsrieder Kompressoren-Hersteller Bauer wird sich mit der Planung eines riesigen Wohngebiets in seiner direkten Nachbarschaft nicht abfinden. Die alleinige Gesellschafterin Monika Bayat hat am Mittwoch im Gespräch mit der SZ angekündigt: "Wir werden unser Recht bis zur letzten Instanz verteidigen." Sie finde die Idee, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, "hervorragend", sagt Bayat, verstehe aber nicht, warum dies an einem "konfliktträchtigen", von Gewerbe umgebenen Standort realisiert werden soll.

Bauer Kompressoren hat die Planung des Wohngebiets an der Banater Straße vom ersten Tag an kritisch gesehen. Am Dienstag sind diese Befürchtungen im Stadtrat noch einmal in einem dramatischen Ton vorgetragen worden: In der Frage-Viertelstunde, die sich an die Sitzungen anschließt, meldete sich Stephan Oberacher zu Wort. Der Regional-Beauftragte des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) fragte die Lokalpolitiker, ob sie sich dessen bewusst seien, dass sie Bauer in der Existenz bedrohten, da mit Klagen künftiger Bewohner gegen Lärm aus dem Betrieb zu rechnen sei. Bürgermeister Michael Müller (CSU) verwies auf Gutachten, wonach der Schallschutz im geplanten Quartier mit annähernd 800 Wohnungen zwischen Banater und Elbestraße gewährleistet sei. Müller: "Wir bedrohen nicht die Existenz irgendwelcher Betriebe, sondern beachten Recht und Gesetz."

Der Stadtrat hatte zuvor die Änderung des Flächennutzungsplans für das Gebiet - es ist das mehr als vier Hektar große Gelände der früheren Spielzeugfabrik Lorenz - beschlossen. Aus einem Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel wird damit ein allgemeines Wohngebiet. Dieses ist von einem Gewerbegebiet umgeben; direkte Nachbarn sind Aldi, Speck Kolbenpumpen, Bauer Kompressoren, Pizzabäcker Franco Fresco und die Feuerwehr. Gegen die Änderung stimmten Arthur Wolfseher (SPD) und Dominik Irmer (Freie Wähler), der selbst bei Bauer arbeitet.

Die Stadtverwaltung hatte auf die Sondersitzung des Stadtrats vergangene Woche verwiesen. In dieser hatten nicht nur Architekt Klaus Kehrbaum und Schallschutz-Gutachter Jens Hunecke zu dem Bauvorhaben der Wolfratshauser Krämmel-Gruppe gesprochen, sondern auch Klaus Hoffmann als Rechtsanwalt der Stadt. Er hatte aus juristischer Sicht die Einschätzung bestätigt, dass ein allgemeines Wohngebiet an der Banater Straße zulässig sei. "Wohnen neben Gewerbe ist natürlich auch ein Schallschutzthema", sagte Hoffmann; dieses sei aber geregelt.

"Es wird so viel beschönigt"

Nach dem Schallschutzgutachten hatte CSU-Stadtrat Andreas Rottmüller gefragt, ob die umliegenden Betriebe nun mit der Situation leben könnten. Darauf hatte der Gutachter geantwortet: "Aus unserer Sicht ja." Das sehen Monika Bayat und ihr Ehemann, Bauer-Geschäftsführer Philipp Bayat, ganz anders: Der Standort Banater Straße sei für Wohnungen "grundlegend falsch", das hätten sie auch Bürgermeister Müller gesagt. Dass bezahlbare Wohnungen in Geretsried fehlten, stehe außer Frage: "Wenn wir neue Arbeitskräfte einstellen, haben wir dasselbe Problem", sagt Monika Bayat. "Wir könnten uns auch vorstellen, eigene Mitarbeiter-Wohnungen zu bauen." Ein genossenschaftliches Modell sei bei Bauer in der Diskussion. Der Standort Banater Straße aber, mitten in einem traditionell als solches ausgewiesenen Gewerbegebiet, sei "definitiv nicht umsetzbar", sagen die Bayats. Dies hätten auch ihre Rechtsanwälte dargelegt. In der öffentlichen Darstellung werde dagegen "so viel beschönigt". Die Bauer-Gesellschafterin sagt: "Mir ist schleierhaft, warum die Stadt Geretsried an diesem Standort so festhält." Zumal es andere Möglichkeiten wie die Böhmwiese gebe, "wo all diese Konflikte vermeidbar wären".

Die Bauer-Gruppe, ein weltweit agierendes Familienunternehmen, ist seit 2002 mit der rund 12 000 Quadratmeter Produktionsfläche umfassenden Tochtergesellschaft Uniccomp an der Bayerwaldstraße in Geretsried ansässig. Im März 2015 wurde die Herstellung der Bauer Kompressoren von München nach Geretsried verlegt. In den neuen Standort mit 5000 Quadratmeter Produktionsfläche hatte das Unternehmen nach eigenen Angaben 15 Millionen Euro investiert. Wirtschaftsförderer Andreas Ross sagte bei der Einweihung, Bauer sei mit insgesamt 500 Arbeitsplätzen einer der größten Arbeitgeber des Landkreises. Monika Bayat, die das Familienunternehmen als Nachfolgerin ihres Vaters Heinz Bauer leitet, erklärte damals, die Ansiedlung des neuen Werks sei auch der wirtschaftsfreundlichen Politik der Stadt zu verdanken.

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Geretsrieder Stadtentwicklung: Einst wurde gemeinsam gefeiert: Im März 2015 weihte Bauer in Geretsried ein neues Produktionsgebäude ein – mit dem Bürgermeister an der Seite (v.l.): Wirtschaftsförderer Andreas Roß, Monika Bayat mit den Kindern Sophie und Emanuel, Geschäftsführer Philipp Bayat, Bürgermeister Michael Müller, Seniorchef Heinz Bauer und die beiden Geschäftsführer der Bauer Kompressoren Peter Kamm und Stefan Hacker. Foto: Harry Wolfsbauer

Einst wurde gemeinsam gefeiert: Im März 2015 weihte Bauer in Geretsried ein neues Produktionsgebäude ein – mit dem Bürgermeister an der Seite (v.l.): Wirtschaftsförderer Andreas Roß, Monika Bayat mit den Kindern Sophie und Emanuel, Geschäftsführer Philipp Bayat, Bürgermeister Michael Müller, Seniorchef Heinz Bauer und die beiden Geschäftsführer der Bauer Kompressoren Peter Kamm und Stefan Hacker. Foto: Harry Wolfsbauer

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