Geretsrieder Großmetzgerei:Behörde fand schon 2014 Listerien bei Sieber

Geretsrieder Großmetzgerei: Vor einem Jahr haben die Behörden den Betrieb in der Böhmerwaldstraße in Geretsried geschlossen.

Vor einem Jahr haben die Behörden den Betrieb in der Böhmerwaldstraße in Geretsried geschlossen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Eineinhalb Jahre vor dem Skandal wurde eine Listerien-Art in Wurstbrät entdeckt - allerdings eine für den Menschen ungefährliche.

Bei der Aufarbeitung des Skandals um Bakterien in Produkten der Geretsrieder Großmetzgerei Sieber verdichten sich Anzeichen, dass eine Gefahr schon früher hätte erkannt werden können. Nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums wurde im November 2014 eine Listerien-Art in einer Probe Wurstbrät nachgewiesen - jedoch eine, die für den Menschen nicht gefährlich ist.

"Solche Funde gelten als Indikator für mangelnde Hygiene und als möglicher Hinweis auf das Vorhandensein krankheitserregender Listerien", kritisiert der verbraucherschutzpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Florian von Brunn. Beim Auftreten dieser Bakterienart sei es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass auch die gefährliche Variante vorhanden sei, heißt es auch auf der Internetseite der Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit in Baden-Württemberg.

Das Ministerium verweist dagegen auf eine EU-Verordnung, die bei dem 2014 gefundenen Bakterium keine rechtliche Handhabe liefert. "Bisher sind keine Erkrankungsfälle beim Menschen beschrieben, die durch eine lebensmittelbedingte Übertragung von Listeria innocua ausgelöst wurden", teilt das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit mit. Außerdem sei Wurstbrät kein verzehrfertiges Lebensmittel. Daher könne aus diesem Nachweis nicht auf Hygienemängel im Betrieb geschlossen werden. Dass ein solcher Keim in einem Produkt lande, das vom Verbraucher noch erhitzt werden muss, sei niemals vollständig ausgeschlossen.

Im April war im Prozess gegen den früheren Sieber-Chef bekannt geworden, dass bei Eigenkontrollen der insolventen Großmetzgerei schon 2013 und 2015 die gefährliche Listerien-Variante festgestellt worden sein sollen. Die Kontrollen der Behörden waren seinerzeit immer negativ.

Erst im März 2016 hatten amtliche Kontrolleure in einem Wammerl eine extrem über dem Grenzwert liegende Zahl von krankheitserregenden Listerien gefunden. Die Behörden stellten nach einer genetischen Analyse einen Zusammenhang zu einer Erkrankungswelle in Süddeutschland mit acht Toten her. Sieber musste auf Anordnung des Freistaats schließen. Der Ex-Chef der Firma wurde wegen fahrlässigen Inverkehrbringens gesundheitsgefährdender Lebensmittel zu einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt. Gegen das Urteil haben Verteidigung und Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Nach Behörden-Angaben ist seit Vertriebsverbot kein Fall mehr aufgetreten.

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