Zusammenarbeit von Geretsried und Wolfratshausen:Stufenplan zur Städte-Hochzeit

Zusammenarbeit von Geretsried und Wolfratshausen: Geretsried von der Luft aus betrachtet. Zusammen mit der nördlichen Nachbarstadt Wolfratshausen will die Kommune zum Oberzentrum werden.

Geretsried von der Luft aus betrachtet. Zusammen mit der nördlichen Nachbarstadt Wolfratshausen will die Kommune zum Oberzentrum werden.

(Foto: Manfred Neubauer)

Stadträte und Verwaltung von Geretsried und Wolfratshausen forcieren die engere Zusammenarbeit, um kommunalpolitisch mehr Einfluss zu gewinnen. In einem Workshop präsentieren sie dazu breit gefächerte Ideen und Handlungsfelder.

Von Wolfgang Schäl

Der Nordlandkreis von Bad Tölz-Wolfratshausen muss sich aus Sicht von Geretsrieds Bürgermeister Michael Müller (CSU) "am Riemen reißen". Andernfalls werde weiterhin "an uns vorbeigearbeitet". Damit gemeint ist das in Bad Tölz geplante Transfer- und Innovationszentrum Oberland (TIZIO) im Landkreis-Süden, bei dem sich der Norden trotz der aus seiner Sicht besten Voraussetzungen übergangen fühlt. Das aber wiederum war Wasser auf die Mühlen der bereits länger schwelenden Idee, dass Geretsried und Wolfratshausen künftig enger zusammenarbeiten wollen. Werden die beiden Kommunen nämlich im Rahmen der Regionalplanung vom gemeinsamen Mittel- zum Oberzentrum hochgestuft, erhoffen sie sich dadurch kommunalpolitisch mehr Einfluss zu gewinnen und durch Synergieeffekte auch materiell zu profitieren. Diesem Ansinnen diente jetzt ein gemeinsames Brainstorming, zu dem sich Stadträte und Rathaus-Angestellte in der Aula der Waldramer Grund- und Mittelschule versammelten, dem mittlerweile dritten Treffen seiner Art.

Zusammenarbeit von Geretsried und Wolfratshausen: Geretsrieds Bürgermeister Michael Müller.

Geretsrieds Bürgermeister Michael Müller.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Es gab Zeiten, da waren die beiden Nachbarstädte Geretsried und Wolfratshausen einander nicht sonderlich wohlgesonnen. Mittlerweile ist längst die Einsicht eingekehrt, dass man sich mit gegenseitigen Animositäten mehr schadet als nützt, und man in gemeinsamer Marschformation weiter kommt als mit gegenseitiger Konkurrenz. Rund eine Stunde ließen deshalb die etwa 40 Teilnehmer in fünf thematisch voneinander abgegrenzten Arbeitsgruppen ihrer Kreativität freien Lauf, im nicht öffentlichen Klausurteil des Workshops begleitet von den Experten in den beiden Stadtverwaltungen und Götz Braun von der Beratungsfirma Klimakom. Er gab per Impulsreferat einen Überblick, über den bisherigen Weg zur gemeinsamen Ortsentwicklung und rief die Ergebnisse der Klausuren von 2019 und 2020 in Erinnerung. Im Anschluss konstituierten sich fünf Arbeitsgruppen, die im öffentlichen Teil der Versammlung schließlich die Ergebnisse ihrer Diskussionen vorstellten - erstmals ohne Covid-Masken. Die Resultate wurden auf fünf Stellwänden mit verschiedenfarbigen, angepinnten Zetteln präsentiert, sodass sich im Plenum ein im Wortsinn buntes Bild von der Stimmungslage im Mittelzentrum ergab.

Die Arbeitsgruppe "Verkehr und Mobilität" regte an, das Zusammenwachsen der beiden Städte durch eine "Ertüchtigung" des bestehenden Radwegs zu fördern, und dabei den Geretsrieder Ortsteil Gelting mit einzubeziehen. Als förderlich im Sinne eines Oberzentrums wurden der Aufbau eines Carsharing-Projektes und ein gemeinsamer Verleih von Elektrofahrrädern angeregt, außerdem die Einrichtung einer ortsübergreifenden Tempo-30-Regelung. Diese Maßnahmen zählten "zu den Sachen, die man ohne großen Aufwand sofort machen könnte", hieß es.

Zusammenarbeit von Geretsried und Wolfratshausen: Wolfratshausens Bürgermeister Klaus Heilinglechner.

Wolfratshausens Bürgermeister Klaus Heilinglechner.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die AG "Gesundheit und Krankenversorgung" plädierte für eine gemeinsame Fahrbereitschaft, für Ruftaxis und , eine verstärkte Kooperation bei der Geburtshilfe - "mehr Frauen sollen in Wolfratshausen ihre Kinder kriegen", so der Tenor. Und überhaupt sei eine deutlich verstärkte Imagepflege der Kreisklinik über die sozialen Medien höchst wünschenswert.

Große Ziele schweben den Teilnehmer der AG "Hochschule, Bildung, Kultur" vor. Stadtrat Manfred Menke (SPD) hat da "ein gemeinsames Potenzial für Hochschulen" vor Augen. Ein erster Schritt könne beispielsweise eine Meister- und eine Technikerschule sein. Im Bereich "Hochschule, Bildung, Kultur" könnten sich Menke und seine Arbeitsgruppe vorstellen, wechselseitig im Zweijahresturnus einen Kulturpreis zu vergeben und jeweils einmal pro Jahr zusammen eine interkommunale Veranstaltung zu organisieren. Weil es in den beiden Städten "ein äußerst vielfältiges Bildungsangebot" gebe, Stichwort Kulturherbst und Flussfestival, sei dies problemlos umzusetzen. Zu den zukünftigen Aufgaben zählt die Arbeitsgruppe eine übergreifende Kinderbetreuung, insbesondere für Kinder mit Behinderung.

Als Referent der AG "Einzelhandel und Wirtschaft" setzte sich SPD-Stadtrat Fritz Schnaller entschieden dafür ein, selbst proaktiv auf Handel und Gewerbe zuzugehen, deren Vertretern die Frage zu stellen, "wo der Schuh drückt", und wie man sie stadtübergreifend noch besser unterstützen könne. In diesem Kontext forderte Schnallers Arbeitsgruppe "ein gemeinsames Leitbild für Wohnen und Arbeiten".

Aus seiner AG wurde auch die Anregung laut, über ein gemeinsames Fernwärmenetz nachzudenken. Die Wolfratshauser Stadträtin Ulrike Krischke (BVW) sprach sich für ein "konsensorientiertes, übergeordnetes Gremium" aus, das nicht zwingend parteipolitisch orientiert sein sollte, da sich dort nach ihrer Einschätzung "die Stadträte aufeinander verlassen könnten". Dort könnten auch Dinge besprochen werden, "die man zufällig mitbekommen" habe, und empfehlende Beschlüsse formulieren.

Der Geretsrieder Bürgermeister Müller lobte abschließend die "kompetente Vorbereitung" des Workshops. Sein Wolfratshauser Amtskollege Klaus Heilinglechner (BVW) zeigte sich gleichfalls erfreut über den Verlauf. "Toll, was da für Ergebnisse herausgekommen sind." Man habe "einen weiten Bogen gespannt".

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