Geretsried:Vier Jahrzehnte allzeit bereit

Die "Eulen" in Geretsried sind der älteste Pfadfinderstamm im Landkreis. Die Gemeinschaft der 40 Mitglieder macht viel mehr aus als "jeden Tag eine gute Tat".

Von Claudia Koestler, Geretsried

Erlebnisse in der Natur, Freundschaften fürs Leben, allzeit bereit sein und natürlich das Sitzen und Singen am Lagerfeuer: Viele verbinden diese Vorstellungen mit der Pfadfinderei. Tatsächlich ist all das noch immer aktuell. Und auch in Geretsried wird das Zusammengehörigkeitsgefühl gepaart mit Spiel, Spaß und Lerneffekten gelebt - inzwischen seit vier Jahrzehnten. Die Pfadfinder des Stammes "Eulen" feiern am Samstag ihr 40-jähriges Bestehen mit einem großen öffentlichen Fest und zahlreichen Aktivitäten, bei denen sie sich Neugierigen und Interessierten präsentierten wollen.

"Ich glaube, dass jeder Junge seinem Land auf die ein oder andere Art helfen will. Es gibt einen einfachen Weg dafür: Er kann Pfadfinder werden." So beginnt das Buch "Scouting for Boys" des britischen Offiziers Robert Baden-Powell aus dem Jahr 1908. Der hatte schon als Junge den Londoner Hyde Park kartografiert und auf dem Schulhof geübt, sich von hinten an seine Lehrer anzuschleichen. "Scouting for Boys" war sozusagen die Kinder-Variante eines militärischen Nachschlagewerks, in dem er seine Kenntnisse später weitergab. Es wurde das Standardwerk der Pfadfinderbewegung, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts schnell wuchs und mittlerweile weltweit mehr als 40 Millionen Mitglieder zählt.

Stamm Eulen Geretsried Pfadfinder Jubiläum

Abenteuerliche Anfänge: Zur Zeit ihrer Gründung müssen sich die Geretsrieder Pfadfinder noch abwechselnd bei ihren Eltern treffen.

(Foto: privat/oh)

Vielen Außenstehenden aber sei noch immer nicht klar, worum es bei der Pfadfindern von heute eigentlich gehe, weiß der stellvertretende Stammesführer Valentin Fensterseifer. "Es gibt durchaus Vorurteile, gerade, weil das Pfadfinden aus einer militärischen Struktur heraus geboren wurde, auch wenn diese inzwischen längst keine Rolle mehr spielt", sagt er. Stattdessen zähle einfach das Leitmotiv "von der Jugend für die Jugend". Zudem gebe es Klischees, mit denen sie öfters konfrontiert würden: "Die Vorstellung etwa, dass wir jeden Tag eine gute Tat vollbringen müssten - aber wir haken da keine Listen ab", erklärt Valentin Fensterseifer. Vielmehr gehe es darum, das Leben in einer Gruppe zu fördern, in der Natur zu sein und Verantwortung zu übernehmen. "Wir streben eher danach, grundsätzlich gute Menschen zu sein, und offen und freundlich anderen zu begegnen." Und nein: "Wir verkaufen keine Kekse an der Haustüre", sagt Fensterseifer und lacht.

In den 40 Jahren seines Bestehens hat der Stamm "Eulen" eine bewegte Geschichte hinter sich. 1976 schlossen sich Jugendliche an der Karl-Lederer Hauptschule zu einer Sippe zusammen. Sie gaben sich den Namen "Waldkauz", und ihre wöchentlichen Gruppenstunden fanden erst reihum bei den Eltern statt, später im Pförtnerhaus des Guts Buchberg. Was ein echter Pfadfinder alles weiß und kann, das lernten die Geretsrieder bei Treffen mit Münchner Kollegen. 1978 einigten sich die Geretsrieder Pfadfinder dann schließlich auf den Namen "Eulen".

pfadfinder

Sie brennen für die Pfadfinderei: Wie man ein Feuer macht, gehört zum Grundwissen eines jeden Scouts.

(Foto: privat)

Doch lange konnten sie nicht in ihrem Quartier bleiben. Weil Gut Buchberg damals wegen Schweinepest unter Quarantäne gestellt wurde, mussten sie vorübergehend wieder auf die Elternhäuser ausweichen. Im Januar 1981 stand schließlich fest: Die Pfadfinder mussten ihr Heim auf Gut Buchberg komplett räumen - just im selben Jahr, als die "Eulen" als Stamm anerkannt wurden. Die Obdachlosigkeit währte aber nicht lange: Der Geretsrieder Bauunternehmer Josef Krämmel schenkte ihnen seine Jagdhütte im Naturschutzgebiet "Mooseuracher Moor" zum Ab- und Wiederaufbau. Mit Unterstützung von Stadt und Eltern entstand so im Sommer 1981 das "Eulennest" am Forst.

Das Glück währte indes nur kurz - am 11. Mai 1982 zündete ein Pyromane das Pfadfinderheim an. "Entsetzt und geschockt", wie die Chronik berichtet, machten sich die Mitglieder des Stammes an den Wiederaufbau. In den Folgejahren aber blühte der Stamm auf: Die Mitglieder, von denen sich die Jüngsten in "Meuten", die zehn- bis 16-Jährigen in "Sippen" organisieren, und die 16- bis 25-Jährigen als "Ranger-Rover" firmieren, gestalteten zahlreiche Aktivitäten, von Treffen und Lagern über Singekreise hin zu Fahrten zu Zielen in ganz Europa. Inzwischen zählen die Geretsrieder "Eulen" etwa 40 aktive Mitglieder. Sie alle wollen mit ihrem Jubiläumsfest und ihrem Engagement für Abenteuer nicht nur Verantwortung übernehmen, sondern auch nachhaltig begeistern.

Programm am Samstag, 23. Juli: 13 Uhr Eröffnung, danach Bühnenpräsentationen der Gruppen. 14.45 Grußworte der Stadt. Dazwischen buntes Programm mit Spielstraße, Ausstellung, Musik, olympische Spiele für Kinder und Erwachsene. Bei gutem Wetter von 21.30 Uhr an Feuershow. Am Forst 1 a, auf der Böhmwiese neben dem Fussballfeld.

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