In Geretsried:Ein störendes Denkmal

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Das Innere des entweihten Gotteshauses: Das Fresko hat der Maler Hubert Distler (1919–2004) gestaltet, der eng mit dem Architekten Franz Lichtblau zusammenarbeitete. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die evangelische Petruskirche sieht sich nicht in der Lage, die entweihte Versöhnungskirche zu sanieren.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Was aus der ehemaligen evangelischen Versöhnungskirche in Geretsried werden soll, scheint derzeit völlig ungeklärt zu sein. Pfarrer Theo Heckel von der Petruskirche, in deren Besitz das Gebäude am Chamalières-Platz ist, sagt der SZ auf Anfrage, die Kirche habe für die Räume keine Verwendung. Dies sei letztlich der Grund gewesen, warum sie die Versöhnungskirche vor etwa einem Jahr entwidmet hatte. Dass das von dem Architekten Franz Lichtblau (1928–2019) entworfene Gebäude nunmehr vom Landesamt unter Denkmalschutz gestellt wurde, sei der Petruskirche bisher nicht förmlich mitgeteilt worden, so Heckel.

Charakteristikum des Denkmals sind die wabenförmigen Gebäudeteile. (Foto: Hartmut Pöstges)

Allerdings sieht der Pfarrer seine Kirchengemeinde wegen des Denkmalschutzes vor großen Herausforderungen. Denn dieser ist mit der Auflage verbunden, das Haus „instand zu halten, instand zu setzen, sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdung zu schützen“ (Artikel 4 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes). Dazu würde es vermutlich gehören, das Dach zu sanieren. Der damalige Kirchenvorstandssprecher Dieter Kaufmann hatte im vergangenen September erklärt, der bauliche Zustand der Versöhnungskirche sei „nicht besonders gut“. Vor allem das Dach brauche immer wieder Pflege. Eine Gesamtsanierung würde „gleich eine ganz große Aktion“, von der Elektrik bis zum Brandschutz, meinte Kaufmann seinerzeit. Das sieht Heckel nun genauso. Die Frage, ob es einen Käufer geben könnte, der die entwidmete Kirche etwa für kulturelle Zwecke nutzt, sei offen, sagt er.

Die 1970 erbaute und vor 54 Jahren geweihte Versöhnungskirche ist ein einzigartiger, in sieben wabenförmige Elemente gegliederter Bau, den die Geretsrieder Architekturhistorikerin Kaija Voss „aufsehenerregend“ nennt. Neben Olaf Andreas Gulbransson, dem Sohn des Zeichners und Malers Olaf Gulbransson, Gustav Gsaenger und Reinhard Riemerschmid gehört Lichtblau zu den Architekten, die Bayerns Kirchenbau im 20. Jahrhundert Voss zufolge maßgeblich geprägt haben. Im Lebenswerk des Architekten finden sich Kirchen wie die evangelische Auferstehungskirche in Oberaudorf (1957/58), die Michaelskapelle in Dietramszell (1961), die Emmauskirche in München-Harlaching (1964) oder die Umgestaltung der Johanneskirche in Bad Tölz (1970). Das Echo auf die neue evangelische Kirche in Geretsried war indes laut der Architekturhistorikerin gespalten, es reichte von restloser Begeisterung über den modernen Bau bis zur harschen Kritik.

Pfarrer Heckel betont nun, die evangelische Kirche Geretsried besitze noch einen anderen Lichtblau-Bau – die Petruskirche an der Egerlandstraße. Diese werde als Zentrum der kirchlichen Aktivitäten gehegt.

Geretsried hatte bisher, von Bauernhäusern in Gelting und Schwaigwall abgesehen, nur drei Denkmäler: das heutige Rathaus, einst Verwaltungsgebäude der NS-Sprengstoffwerke; die Kapelle Sankt Nikolaus, die gerade saniert wird, und das einstige Künstlerhaus von Alf Lechner am Isardamm, ehemals der Kohlebunker des Kraftwerks der Dynamit AG, Tarnname Tal I.

denkmalliste_merge_173126.pdf

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