Geretsried:Bürgerbegehren soll Wald retten

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So könnte es im neuen Sportgymnasium einmal aussehen. Dafür 20 000 Hektar Wald zu opfern, wollen zahlreiche Geretsrieder verhindern. (Foto: Architekturbüro C.F. MØLLER/oh)

Eine Interessengemeinschaft will die Rodung von 20 000 Quadratmetern Bäumen für ein privates Sportgymnasium verhindern. Die SPD legt sich nicht fest.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Es wird wohl zu einem Bürgerbegehren kommen: Der Widerstand von Geretsriederinnen und Geretsriedern gegen einen waldvernichtenden Standort für ein privates Sportgymnasium hat sich verfestigt. Das hat sich am Sonntag beim SPD-Stadtgespräch zu diesem Thema in der Gaststätte Isarwinkel gezeigt. Ein Sprecher der dort zahlreich versammelten Interessengemeinschaft (IG) Wald sagte, da der Stadtrat bereits das Bauleitverfahren gestartet habe, seien die Weichen unverrückbar gestellt: „Das nimmt uns die Chance, kreativ mitzuwirken“, so Thomas Laumont.

Der Stadtrat hat am 14. Mai die Aufstellung eines Vorhaben- und Erschließungsplans für ein Sportgymnasium am Schulzentrum an der Adalbert-Stifter-Straße beschlossen. Dazu müsste auch der Flächennutzungsplan geändert werden. Eine Privatinitiative, die München Süd Sportschule GmbH, möchte ein als hochmodern, klimaneutral, barrierefrei und pädagogisch innovativ bezeichnetes Gymnasium für bis zu 700 Schülerinnen und Schüler bauen und 2027 eröffnen. Die Stadt würde ihr dafür eine 20 000 Quadratmeter große Fläche Wald, die im Süden an das interkommunale Hallenbad anschließt, verpachten. Dagegen votierten im Stadtrat Kerstin Halba (SPD) und Josefine Hopfes (Grüne).

Ute Hennekes (links) leitet das Projekt Sportgymnasium. In Geretsried stößt sie damit auf erklärten Widerstand. SPD-Stadtrat Hans Hopfner (sitzend vorn links) und SPD-Vorsitzender Martin Bruckner (rechts) wünschen sich eine ergebnisoffene Diskussion. (Foto: Felicitas Amler/oh)

Die SPD habe sich aber noch nicht auf eine Haltung zu diesem Projekt festgelegt, erklärte ihr Sprecher Martin Bruckner am Sonntag. Tatsächlich zeigte sich im Verlauf der Diskussion, dass es in der Partei Befürworter wie Gegner gibt. So bekannte sich Wolfgang Werner, Sportreferent des Stadtrats, zu dem Vorhaben und schloss einen anderen, häufig als Alternative genannten Standort – den des alten Hallenbads an der Jahnstraße – aus, da dieser „zu klein“ sei. Dabei zeigte sich allerdings, dass selbst die anwesende Projektleiterin Ute Hennekes die benötigte Größe für den Bau des geplanten Gymnasiums noch nicht nennen konnte. Sie sagte, soweit sei die Planung noch nicht. Worauf wiederum SPD-Vorstandsmitglied Robert Sixt sagte: „Wenn Sie für 700 Schüler planen, müssen Sie die ungefähre Größe kennen.“ Hennekes aber verneinte.

Als klarer Gegner des Vorhabens erklärte sich SPD-Mitglied Wolfgang Kohler. Er fragte, warum für eine Schule, die „nur für eine überschaubare privilegierte Minderheit“ gedacht sei, unbedingt dieser Standort gewählt werden soll. Hennekes betonte, es handle sich zwar um eine Privatschule, die Geld koste, aber nicht um eine „Eliteschule“. Das Schulgeld, das sie in einer Pressekonferenz im Mai mit 500 bis 600 Euro monatlich beziffert hatte, könne womöglich von 100 Euro aufwärts „einkommensabhängig gestaffelt“ werden, dies werde gerade noch geprüft.

Resi Harth kündigt „größten Widerstand“ gegen eine Waldrodung an

Das zentrale Argument gegen den Standort bleibt aber die Zerstörung einer 20 000 Quadratmeter großen Fläche Wald. Die Geretsrieder Umwelt- und Anti-AfD-Aktivistin Resi Harth erklärte dies in einem flammenden Redebeitrag. Es helfe wenig, wenn für gefällte Bäume anderswo nachgepflanzt werde: Jeder ausgewachsene Baum versorge 50 Menschen mit Sauerstoff, jeder junge Baum leiste lediglich ein Hundertstel davon, sagte sie. Es gehe bei der Rettung von Bäumen um Klimaschutz, Staubfilter, Schattenspender, Luftbefeuchter, um eine „Arche Noah“ für kleine und große Tiere und um „eine Wohlfühloase für uns alle“. Harth kündigte unter Applaus „größten Widerstand“ gegen eine Rodung von 20 Hektar Stadtwald an: „Ich baue mir ein Baumhaus auf einem der Bäume und bleibe dort sitzen. Versorgt mich bitte!“

Grundsätzlicher ging SPD-Schriftführer Bernhard Lorenz das Thema an. Er sieht die Stadt in der Pflicht, mit der Bürgerschaft eine grundlegende Stadtentwicklungsplanung zu erörtern. Es gebe in absehbarer Zeit verschiedene Erfordernisse, eine dritte Grundschule, ein Seniorenheim, ein Pflegeheim, womöglich ein Azubi-Wohnheim oder ein Heim für Erzieherinnen oder Lehrkräfte. „Was brauchen wir?“, fragte er. „Und welche Grundstücke hat die Stadt?“ All dies müsse im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern entwickelt werden. Dazu müsse sich die Stadt öffnen und alle Planungen zugänglich machen.

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Lorenz lehnt ein Sportgymnasium keineswegs ab, er fragte allerdings nach Konzept, Bedarf und Anmeldezahlen. Da all dies nicht vorliege, sei das Ganze „ein Wagnis, und die Stadt beteiligt sich an diesem Wagnis“, sagte er.

IG-Wald-Sprecher Laumont machte nachdrücklich darauf aufmerksam, dass die Beschlusslage des Geretsrieder Stadtrats eindeutig sei: Es werde ausschließlich der Standort am Schulzentrum untersucht. Was jetzt noch an Diskussionen stattfinde, seien „Alibiveranstaltungen“. Nur mit einem Bürgerbegehren sei der Wald noch zu retten.

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