Geretsried:Schweres Blech, ganz geschmeidig

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Die Gruppe "Tromposaund" gibt beim "Pipapo"-Festival in Gelting auch ohne Massenpublikumsandrang ihr Bestes - und das ist ziemlich gut.

Von Petra Schneider, Geretsried

Was war denn los am Donnerstagabend? Irgendwo eine Christkindlmarkteröffnung mit Gratis-Glühwein? Oder war wieder eine Straße gesperrt? Irgendetwas muss die Massen aufgehalten haben, sonst wären sie bestimmt zum Konzert der Tromposaund in die Kulturbühne "Hinterhalt" gekommen. Die Enttäuschung über die arg kleine Runde, zu der, wie schon beim Eröffnungsabend, Bürgermeister Michael Müller und Kulturamtsleiterin Anita Zwicknagl gehörten, war den "Pipapo"-Organisatorinnen Assunta Tammelleo und Andrea Weber anzumerken. Die sechs Holzhauser Blasmusikanten nahmen's sportlich und spielten trotzdem gut gelaunt ein zweistündiges Programm aus traditioneller Blasmusik, modernen Popsongs und Wiesn-Hits.

"Mia gfrein uns, dass mia für eich heit eine Unterhaltung macha dürfen", sagt Frontmann Hans-Peter Huber. Leider hätten viele Zuschauer vermutlich wegen der Gewerkschaft abgesagt. Denn nicht nur Lufthansa-Angestellte dürften nicht arbeiten, sondern offenbar auch Kulturfreunde. "Aber mia streiken ned", und das ist gut so. Denn die sechs Burschen, die mit Flügelhorn, Trompete, Tenorhorn, Tuba, Posaune und Schlagzeug Wiesnzelte zum Kochen bringen und große Säle füllen, werden auch mit dem "Hinterhalt" fertig: Am Ende schwofen und schunkeln die Zuschauer und wollen die sympathischen Musiker, die sich nach dem Konzert noch auf einen Ratsch zu den Leuten setzen, nicht gehen lassen.

Vor zwei Jahren wurde die Lederhosen-Combo mit dem Kulturförderpreis des Kreises ausgezeichnet. Spätestens seit sie im Juli beim EM-Finale Deutschland mit einem Konzert in Paris vertraten, dürften sie der Geheimtipp-Nische entwachsen sein. Was Tromposaund ausmacht, ist ihre lässige Mischung unterschiedlicher Stilrichtungen, die Blasmusik-Traditionalisten ebenso überzeugt wie Freunde moderner Brass-Musik. Ihre Interpretationen von Stücken wie "Englishman In New York" oder "The Lion Sleeps Tonight" sind flott und eigenständig.

Einer der Höhepunkte am Donnerstag ist der melancholische Klassiker "Mr Bojangles". Posaunist Moritz Huber stülpt sich eine Schiebermütze auf den Kopf und präsentiert den vielfach gecoverten Song ungemein cool. Das New Orleans der Sechzigerjahre, eine verrauchte Jazzkneipe, gedämpftes Licht und halb volle Whiskeygläser - da wirken Lederhosen und Defiliermarsch plötzlich wie aus einer anderen Welt.

Tromposaund sind als Mitglieder der Musikkapelle Holzhausen groß geworden - mit Ausnahme des Schlagzeugers Quirin Sturm, den man wegen des Fachkräftemangels in Holzhausen aus Bichl angeworben habe, wie Schmid erklärt. Der erste Teil des Konzerts widmet sich Traditionellem: "Vronerl-Polka", "Abendsternwalzer", "Maxglaner Zigeunermarsch" oder ein Walzer von Herbert Pixner. Locker haben sie das alles drauf. Selbst ein Marsch wirkt nie dröge, nichts scheppert und schmettert, fast geschmeidig klingt das Blech. Schwer gefühlvoll wird es beim "Boarischen Herz": Viel Heimat und Himmelblau, "i leg mei Hand aufs Herz, denn unser Hoamtland, des is scho 's Paradies", singen die sechs. Seit ihren Auftritten bei der Mittagswiesn im Marstall-Festzelt sind sie auch Entertainment-Profis. Ein Prosit der Gemütlichkeit gibt es deshalb auch im "Hinterhalt". Und ein bisschen Slapstick: Der Tellsche Apfelschuss, den Josef Schmid, einziger Schweizer der Gruppe, wagt. Nicht mit der Armbrust wird da geschossen, sondern mit dem Instrument. Oder die grandiose Gartenschlauchnummer "Gardena-Weise": Drei Flügelhörner werden mit Schläuchen verbunden, durch die eine schlichte Melodie geblasen wird. Eine Riesengaudi, trotz kleinem Publikum.

© SZ vom 26.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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