Geretsried:Schulter an Schulter

Geretsried: "Wir müssen froh sein über das, was wir haben": Claudia Koreck und Band bei ihrem Auftritt im Geltinger "Hinterhalt".

"Wir müssen froh sein über das, was wir haben": Claudia Koreck und Band bei ihrem Auftritt im Geltinger "Hinterhalt".

(Foto: Harry Wolfsbauer)

200 Gäste drängen zum Konzert von Claudia Koreck, das statt im Kulturherbst-Festzelt im Geltinger "Hinterhalt" stattfindet. Die Fans der bayerischen Mundart-Sängerin sind so oder so begeistert. Doch nicht alle Ticketbesitzer werden eingelassen

Von Thekla Krausseneck, Geretsried

Claudia Koreck ist offenbar eine Frau, die in sich ruht. Entspannt steht sie auf der Bühne der Geltinger Kulturkneipe "Hinterhalt". Fast 200 Gäste drängen sich in dem Kellerraum, Stühle gibt es nicht, es ist warm, stickig und eng. Nicht ganz dasselbe wie das geräumige Festzelt an der Jahnstraße, in dem Korecks Konzert eigentlich hätte stattfinden sollen, ehe Kulturherbst-Veranstalter Florian Zwipf-Zaharia Insolvenz anmeldete. Aber Koreck lässt sich davon nicht die gute Laune verderben. "Es ist sich nicht ganz ausgegangen", sagt sie, "wir müssen froh sein über das, was wir haben." Das Publikum bricht in Applaus aus.

Korecks Fans haben teilweise weite Strecken auf sich genommen, um ihr Konzert zu besuchen: Ein Paar kommt aus Stuttgart, eines aus der Nähe von Memmingen, ein anderes aus Holzkirchen. Einige wissen nichts vom abgesagten Kulturherbst - und stehen am Sonntagabend unversehens vor einem menschenverlassenen Festplatz an der Jahnstraße, von wo aus sie direkt in den Hinterhalt weitergeschickt werden. Wer spät dran ist, hat das Nachsehen: Weil in die Kulturkneipe aus Gründen des Brandschutzes nur 199 Menschen eingelassen werden dürfen, müssen 20 Gäste wieder heimgeschickt werden, gleichgültig, ob sie Tickets im Vorverkauf erworben haben oder nicht.

Weil man sich anfangs nicht sicher gewesen sei, wie viele Kartenbesitzer zum Konzert kommen würden, habe man auch einige Besucher eingelassen, die ohne Tickets gekommen seien, sagt Veranstalterin und Hinterhalt-Wirtin Assunta Tammelleo. Doch die schwierige Ticket-Situation sei ja im Vorfeld bereits kommuniziert worden: "Da kann ich nicht fünf vor acht kommen", sagt Tammelleo.

Die Atmosphäre im Hinterhalt, in dem die Besucher beinahe Schulter an Schulter stehen, ist dicht und intensiv. Für jene Gäste, die das Glück haben, ganz vorne zu stehen, hat das Konzert, eine Armlänge von der Sängerin entfernt, den Charakter einer privaten Session. Im hinteren Bereich des Saals allerdings ist die nicht allzu hoch gewachsene Künstlerin hinter all den Köpfen nicht zu sehen, ihren Schuhen mit den hohen Absätzen zum Trotz.

Den fehlenden Sichtkontakt wiegt sie mit Anekdoten auf - und mit ihren Liedern, die ihren Gästen so geläufig sind, dass sie ihnen auf den Lippen liegen. Gleich zu Beginn erzählt sie, dass sie nach einigen Jahren in München nun zurück in ihren Heimatort Traunstein gezogen sei. Da sie nun zweifache Mutter sei, komme es ihr sehr entgegen, dass die Oma in der Nähe wohne - die hole die Kinder ab und zu ab, um mit ihnen auf den Spielplatz zu gehen. Währenddessen habe sie, Koreck, Zeit, um auf dem Sofa sitzend Songs zu schreiben - wie zum Beispiel "Frei". Eine andere dieser alltäglichen und dadurch berührenden Anekdoten nimmt Korecks Gäste mit auf den Spielplatz, wo sie sich neulich mit Freundinnen getroffen habe. Alle hätten inzwischen zwei Kinder, und eine Mutter habe Kaffee in einer Thermoskanne und Kuchen mitgebracht. Auch sie sei inzwischen "halb dreißig", sagt Koreck, und wie sie da zusammen gesessen hätten, seien sie wie jene Frauen gewesen, "von denen ich immer gedacht hatte, die seien alt". Daraus entstand das Lied "Erwachsen", das mit Versen daherkommt wie: "Wir wollten doch nie erwachsen werden, es reicht doch schon, wenn wir groß sind."

Wie treffsicher Koreck - die ganz normale Koreck, die, so die Aussage ihrer Anekdoten, gar nicht anders ist als ihre vielen Zuhörerinnen - die Herzen erreicht, zeigt das Beispiel einer Frau, die ganz hinten im Hinterhalt steht. Von Koreck sieht sie nichts, aber als diese ihr letztes Lied ankündigt, das sie ihrer verstorbenen Oma gewidmet habe, entfährt dieser Frau ein leises "Ja!". Das Lied beginnt, und sie singt es mit den Lippen mit, die Augen geschlossen, die Hand auf dem Schlüsselbein, als wäre sie allein in dem überfüllten Saal. In diesem Moment macht sie es wie Koreck, und ruht in sich.

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