Protest gegen S7-Verlängerung:Ta-ta-ta-taaaa

Protest gegen S7-Verlängerung: Doku mit Drohne: Heinz Wensauer (links) bei den Dreharbeiten.

Doku mit Drohne: Heinz Wensauer (links) bei den Dreharbeiten.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Heinz Wensauer hat seinen Film gegen die geplante S-Bahn-Verlängerung nach Geretsried im Internet veröffentlicht - untermalt mit dramatischer Musik.

Von Konstantin Kaip

Wenn der Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller (CSU) an die geplante Verlängerung der S-Bahn-Linie 7 von Wolfratshausen nach Geretsried denkt, mag er vielleicht die Neunte Symphonie von Beethoven im Kopf haben. Die lang ersehnte Anbindung seiner Stadt, die gleich drei Bahnhöfe bekommen soll, wäre für ihn und die meisten seiner Bürger schließlich eine große Freude. Für Heinz Wensauer indes klingt sie bedrohlicher. Wie, kann man gleich am Anfang des Films hören, mit dem der Wolfratshauser gegen das Projekt ins Feld zieht und der nun auf Youtube zu sehen ist: Es ist das "Ta-ta-ta-taaaa" von Beethovens Fünfter. Das berühmte Motiv der "Schicksalssymphonie", wie sie auch genannt wird, habe er mit Absicht gewählt, sagt der 78-Jährige. "Es geht ja um das Schicksal von Wolfratshausen und Geretsried."

"S 7 S-Bahn Verlängerung Wolfratshausen Geretsried - Eine Kuckucksbahn" lautet der etwas sperrige Titel des Werks, der dafür wegen seiner Vielzahl an Schlüsselwörtern leicht auf dem Videokanal zu finden sein sollte. Wensauer wollte das Werk, das mit aufwendigen Drohnenaufnahmen der Firma "Air Bavarian" und Spendengeldern der betroffenen Grundstücksbesitzer entstanden ist, eigentlich schon im September für alle öffentlich zugänglich machen. Es gab aber Kritikpunkte. Die Darstellung sei den Betroffenen vor allem nicht drastisch genug gewesen, sagt der Wolfratshauser Rentner. Das habe er geändert. "Mir ist schon bestätigt worden", sagt Wensauer mit Berufung auf höhere Stellen, "dass wir nicht übertrieben haben."

Passend zum wachrüttelnden Beethoven-Einstieg erfährt der Zuseher per Bildschirm-Titel sogleich, was er in den kommenden Minuten zu sehen bekommt: Die geplante S-Bahn-Verlängerung sei ein "Frevel an Natur und Bürger im Namen der Verkehrswende", liest man, bevor das Bild deutlich wird und die Musik in sphärisch-elektronische Klänge übergeht. Dann zieht die Kamera über der geplanten Trasse hinweg, die sich per Computersimulation in die Landschaft fräst. In Wolfratshausen werden die zweijährigen Sperren an Sauerlacher- und Königsdorfer Straße wegen des Tiefbahnhofbaus eingeblendet, per Stau-Simulation baut sich dann auf einer Straßenkarte das "maximale Verkehrschaos" auf, das laut Filmemacher Wensauer zu erwarten ist.

Auf der Weiterfahrt bis Gelting sieht man die Kurve der Gleise und die Verschwenkung der Straße, die dafür nötig wird. Zum regelmäßig wiederkehrenden "Ta-ta-ta-taaaa" zählen eingeblendete Texttitel verlorene Grün-, Erholungs- und Biotopflächen und die zu erwartende Versiegelung auf. Geretsried Mitte und der Ortsteil Stein werden mit den geplanten Bahnhöfen nur noch im Standbild eingeblendet. "Sonst wäre der Film zu lang geworden", erklärt Wensauer. Nach knapp viereinhalb Minuten enden die Aufnahmen.

Wer mag, kann dann noch weitere fünf Minuten die Argumente lesen, die Wensauer in aufsteigender weißer Schrift auf schwarzem Grund gegen die geplante S-Bahn-Verlängerung ins Feld führt, bei der es der Stadt Geretsried und den anderen Akteuren seiner Meinung nach nur um die "großflächige Generierung von neuem Bauland" geht. Sehenswert ist der kleine Film aber auch, wenn man ihnen nicht folgen mag: wegen der Luftaufnahmen, die den geplanten Streckenverlauf auf eindrucksvolle Weise erlebbar machen. Von der Bahn gab es bislang schließlich keine bewegten Bilder dazu. Jeder, für den die S 7-Verlängerung weniger dramatisch klingt, kann den Ton ja auch ausschalten.

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