Geretsried:Pfade der Begegnung

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Haben sich für den barrierefreien Umbau des Pfadiheim-Geländes eingesetzt (v.l.): Herbert Swoboda, Kerstin Barth, Renato Wittstadt und Diana Lischka.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Auf dem Gelände des Geretsrieder Pfadiheims steigt das erste Inklusionsfest im Landkreis

Von Viktoria Spinrad, Geretsried

Um das Häusl schlängelt sich nun ein gepflasterter Weg, er mündet in ein kleines Amphitheater. Dasselbe Bild bei der Feuerstelle: Auch hier hat ein kleiner Pflasterweg Einzug in die mediterrane Gartenlandschaft gehalten. Genauso wie drüben bei der Außenbühne: In einer sanften Rechtskurve schmiegt sich der Weg an Holzstapel und Büsche - es sind drei neue Wege für die Inklusion im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen.

Menschen mit Behinderungen neue Wege eröffnen - das wollten sie im Pfadiheim in Geretsried. Ein Jahr ist es nun her, dass 100 Landschaftsgärtner anrückten und das Gelände des Jugendgästehauses umgestaltet haben. An diesem Montag ließ sich das Ergebnis des Großprojekts bestaunen: Wer im Rollstuhl unterwegs ist, kann hier nun problemlos ins Amphitheater, auf die Bühne und an die Feuerstelle oder in das Toilettenhäusl rollen - und zwar ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein.

Den Menschen ihre Autonomie lassen, das ist Herbert Swoboda wichtig. Seit fünf Jahren pachtet er das Pfadfinderheim an der B 11. In der Zeit kamen immer wieder Eltern auf ihn zu, die fragten: "Wieso kann mein behindertes Kind nicht auch mitmachen?" Also ließ man sich hier etwas einfallen: Schließlich sind Menschen mit Beeinträchtigungen eine der Zielgruppen der "Weißen Rose", also des interkulturellen Jugendnetzwerk im Bund Deutscher Pfadfinder, das das "Pfadiheim" in Geretsried gepachtet hat.

Innerhalb von nur einer Woche verwandelten 150 Helfer den Außenbereich in eine barrierefreie Zone. Dem Sandkasten ist ein neuer Jugendspielplatz gewichen, die Feuerstelle wurde als Atrium abgesenkt und neue, barrierefreie Wege in dem großzügigen Außenbereich geschaffen.

Doch diese sollen keine Einbahnstraßen sein, sondern Möglichkeiten für Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. Deswegen sollen am Wochenende Rollstuhl-Ballerinas auf der Außenbühne tanzen, sollen Mitglieder eines inklusiven Vereins im neu geschaffenen Amphitheater ein Theaterstück aufführen, sollen Besucher zusammen Schach spielen, sollen sich auch Menschen ohne Behinderungen im Rollstuhl-Basketball ausprobieren und durch einen Sinnesparcour tasten: Dann steigt hier das erste Inklusionsfest "Sport und Spiel für alle".

Nach dem Starnberger Vorbild, wo es das Inklusionsfest schon länger gibt, sollen sich verschiedene Vereine auch untereinander vernetzen und einander zeigen, wie Inklusion funktionieren kann. "Es gibt schließlich nicht das eine Konzept", sagt Kerstin Barth vom Kreisjugendring (KJR) des Landkreises. Der KJR hatte auch die Idee für das Inklusionsfest in Geretsried.

Barth zählt auf: abgesenkte Busse, Geldautomaten, bei denen man nicht in einen Schlitz greifen muss, Broschüren in leichter Sprache. Wenn es nach ihr geht, soll das Geretsrieder Fest im Vorzeige-Außengelände auch demonstrieren, dass auch Menschen ohne Beeinträchtigungen von barrierefreiem Denken profitieren - und dass es für Vereine oder andere Einrichtungen kein Ding der Unmöglichkeit ist, sich auf Menschen mit Down-Syndrom oder mit Sehproblemen einzustellen.

Getreu dem Motto "Behindert ist man nicht, behindert wird behindert" soll das Fest die Menschen für die Inklusion sensibilisieren. Das Event soll langfristig im Landkreis verankert werden, möglicherweise mit wechselnden Standorten. Wenn dann die eigens aus Thessaloniki angereisten Rollstuhl-Ballerinas über den Pflasterweg auf die Bühne rollen und dort ihre Pirouetten drehen, wird sich zeigen: Der Weg zur Inklusion ist zwar steinig - aber mit ein bisschen Kreativität haben alle etwas davon.

Das Inklusionsfest "Sport und Spiel für alle" findet bei schönem Wetter am Samstag, 20. Juli, von 14 bis 22 Uhr auf dem Gelände des Pfadiheims in Geretsried statt. Adresse: Bundesstraße 11 Nr. 3. Der Eintritt ist kostenfrei, Spenden werden erbeten. Kontakt: Telefon 08171 / 267 623. Der Erlös soll in den barrierefreien Umbau des KJR-Busses fließen

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