Kirche in Geretsried:Nothelfer für die Nikolauskapelle

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Details wie das historische Schloss mit schmiedeisernen Verzierungen machen den Charme der Kapelle aus. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Sakralbau ist 300 Jahre alt und damit für das junge Geretsried historisch identitätsstiftend. Die etwa eine halbe Million Euro teure Sanierung soll im kommenden April beginnen.

Von Benjamin Engel, Geretsried

Der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Nikolauskapelle, Florian Sachers, sowie sein Stellvertreter und Kirchenpfleger, Josef Urso, vor dem Altar. (Foto: Hartmut Pöstges)

Durch das Gewicht ihrer Tritte haben Generationen den roten Ziegelsteinboden in der Geretsrieder Nikolauskapelle glatt geschliffen und an manchen Stellen einsinken lassen. Genauso original von 1722 - das Fertigstellungsdatum des achteckigen, denkmalgeschützten Sakralbaus - ist wohl das Gestühl. Darauf nehmen heute noch die Besucher zu Taufen, aber auch kleinen Hochzeiten oder Andachten Platz. Doch Holzwürmer und Pilze haben das Holz angegriffen, vor allem auch im Dachstuhl, weswegen immer wieder etwas erneuert werden muss. Heuer und im kommenden Jahr steht die nächste, notwendige Sanierung an, wofür die zum Erhalt gegründete Interessengemeinschaft nun das Geld zusammen hat - eine halbe Million Euro.

Der unter den Sohlen von Generationen abgetretene rote Ziegelboden ist original erhalten. (Foto: Hartmut Pöstges)
Die 300 Jahre alte Nikolauskapelle an der Bundesstraße 11. (Foto: Manfred Neubauer)

Eine hohe Summe für die kleine Kapelle mit oktogonalem (achteckigem) Grundriss. Für das historische Identitätsgefühl der erst in der Nachkriegszeit entstandenen Stadt Geretsried ist der Sakralbau unweit des Abzweigs zur Tattenkofener Straße an der Bundesstraße 11 aber fast wichtiger. "Es ist das älteste Gebäude der Stadt Geretsried. Wie kann man das nicht erhalten wollen", fasst dies Florian Sachers in zwei knappe Sätze. Der Vorsitzende der Interessengemeinschaft zur Erhaltung der Nikolauskapelle spricht davon, wie sehr die Stadtgesellschaft, insbesondere die Landsmannschaften, mit dem Bau verbunden sei.

Allein über eine sogenannte Dachschindel-Patenschaft sind so laut Kirchenpfleger Josef Urso 56 000 Euro zusammengekommen. Für die einzelnen Elemente aus Lärchenholz konnte jeder Beträge zwischen 30 (für die unterste Reihe) und 300 Euro (für den Giebelbereich) spenden. Die Stadtkirche suche weitere Unterstützer, so Urso. Wie sehr die Dachabdeckung der Kapelle marode geworden ist - zahlreiche Schindeln fehlen -, lässt sich vom Boden aus nicht unmittelbar, aber doch deutlich erkennen, etwa an der Unterkante des Zwiebelturms.

Holzwürmer haben den Dachstuhl angegriffen

Blick zum Kaiserstiehl. Die rot markierten Sparren müssen saniert werden. (Foto: Schwarz GbR/oh)

Im seit drei Jahrhunderten noch nie sanierten Dachstuhl darunter haben sich die Fäulnis, Pilze und Nagekäfer (Anobien) ins Holz gefressen. Die Konstruktion ist genauso dringend zu erneuern wie das Holzschindeldach. Zudem lässt die Interessengemeinschaft eine bislang nicht vorhandene Blitzschutzvorrichtung einbauen. Es gilt, die Vergoldungen an der Turm- und Dachbekrönung mit Erdkugel und Doppelkreuz zu restaurieren. Die Fassade neu gestrichen, de Innenraum gemalt sowie der Kirchenboden ausgebessert werden. Auf dem habe einst ein Teppich gelegen, so Sachers. Das habe die Unebenheiten ausgeglichen. Doch das Landesamt für Denkmalpflege habe darauf bestanden, dass dieser entfernt werde. Dabei kommt die schöne Farbgebung des Ziegelbodens zur Geltung.

Die Sanierung unter Leitung des Tölzer Architekten Hermann Thurner soll voraussichtlich im kommenden April beginnen. Zunächst einmal müsse der Holzwurm eliminiert werden, so Sachers. Anschließend sehe der Zeitplan vor, die Blitzschutzvorrichtung zu installieren. Im kommenden Jahr 2024 gehe es mit den Dach- und den Malerarbeiten weiter. "Vor Oktober wollen wir fertig werden", sagt Sachers.

Eine halbe Million Euro ist vorgesehen , um das finanziell zu bewerkstelligen. Von den Sanierungskosten wird die Stadt Geretsried 200 000 Euro übernehmen. Die Erzdiözese München und Freising steuert 80 000 Euro bei. Die Kirchenstiftung des Pfarrverbands Maria Hilf, zu dem dem die Nikolauskapelle zählt, sowie die Interessengemeinschaft zahlen den Restbetrag. Ausdrücklich erwähnt Kirchenpfleger Urso, dass die Tyczka-, die Sparkassen- und die Krämmel-Stiftung sowie die Baugenossenschaft Geretsried ebenfalls gespendet haben.

Ein "St. Niclas Gottshaus" ist in der sogenannten "Matricula Conradia" erstmals im Jahr 1315 erwähnt. Es handelt sich um eine Filialkirche der Pfarrei Königsdorf. Der Freisinger Bischof Johann Franz Eckher von Kapfing hat den heutigen Oktogonalbau mit dem Zwiebeltürmchen am 18. September 1722 geweiht.

Der Ziegelboden ist originalgetreu erhalten

Bis zu 20 Messen im Jahr soll der Königsdorfer Pfarrer einst laut Sachers in der schmucken Kapelle gefeiert haben. Seine Bedeutung soll der Bau gewonnen haben, weil die Flößer nach ihren Fahrten isarabwärts auf dem Rückweg zu Fuß daran vorbeigekommen sein sollen. So berichtet es der Landwirt des Hofs direkt nebenan. Er verwahrt auch den großen Schlüssel, mit dem er das Schloss der Außentür aufsperrt. Heute, so berichten Sachers und Urso, fänden noch Andachten, Hochzeiten und 15 bis 20 Taufen - speziell dafür sei die Tendenz steigend - in der Kapelle statt.

Der Altar mit dem Bild des Heiligen Nikolaus und den Ansichten der 14 Nothelfer darum herum. (Foto: Hartmut Pöstges)
Hier die Heiligen Blasius und Dionysius . (Foto: Hartmut Pöstges)

Platz ist drinnen allerdings für maximal 50 Personen. Bemerkenswert sind die schlichten um die Kerzenhalter gemalten Apostelkreuze, das originalgetreu erhaltene Gestühl und der Boden. Das Altarbild mit dem Heiligen Nikolaus dominiert den Innenraum. Darum herum gruppieren sich Abbildungen der 14 Nothelfer. "Eigentlich müssten es 15 sein", sagt Urso. Er meint damit den ersten Vorsitzenden der Interessengemeinschaft zwischen 1967 und 1997, Otto Rothe. Er habe sich an entscheidender Stelle dafür eingesetzt, die in der Nachkriegszeit langsam verfallende Kapelle zu erhalten. Erstmals bis 1972 sowie von 1987 bis 1990 wurde der Bau bereits saniert. Nach der jetzigen Maßnahme sollte das für ein paar Jahrzehnte nicht mehr notwendig sein.

www.stnikolauskapelle.de/

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