Inklusion im Alltag:Die Kunst, für alle da zu sein

Inklusion im Alltag: An der Mittelschule Geretsried gibt es seit 2016 Schulassistenzen. Mittlerweile arbeiten auch drei Kräfte mit, die der Förderverein über Sponsoren finanziert. V.l.n.r.: Claudia Rosen (stellv. Schulleiterin), Katja Ritter (Assistenz), Caroline Osmanczyk (Assistenz), Helga König (Assistentin), Magdalena Singer (Vorsitzende Förderverein), Irene Wacker (weiße Jacke), Doll Erna (Sponsorin - hellblaue Jacke), Max Rummel (Sponsor), Ursula Nachtelberger (Sponsorin - rote Jacke), Ursula Göpfert (Vorsitzende T.U.N. e.V. - grüne Jacke), Roswitha Beyer und Gerlinde Berchtold (beide Franz Geiger Verein).

An der Mittelschule Geretsried gibt es seit 2016 Schulassistenzen. Mittlerweile arbeiten auch drei Kräfte mit, die der Förderverein über Sponsoren finanziert. V.l.n.r.: Claudia Rosen (stellv. Schulleiterin), Katja Ritter (Assistenz), Caroline Osmanczyk (Assistenz), Helga König (Assistentin), Magdalena Singer (Vorsitzende Förderverein), Irene Wacker (weiße Jacke), Doll Erna (Sponsorin - hellblaue Jacke), Max Rummel (Sponsor), Ursula Nachtelberger (Sponsorin - rote Jacke), Ursula Göpfert (Vorsitzende T.U.N. e.V. - grüne Jacke), Roswitha Beyer und Gerlinde Berchtold (beide Franz Geiger Verein).

(Foto: Harry Wolfsbauer)

An der Mittelschule Geretsried gibt es fünf Schulassistentinnen, die Schüler und Lehrer unterstützen. Die Finanzierung stemmen sowohl die Stadt Geretsried, als auch private Sponsoren.

Von Quirin Hacker, Geretsried

Die Mittelschule Geretsried setzt schon seit einiger Zeit einen Schwerpunkt auf Inklusion. An der Schule gibt es insgesamt fünf Schulassistentinnen, drei davon finanziert der Förderverein der Schule. Sie unterstützen die Lehrer bei Erziehungsaufgaben, kümmern sich um die Dokumentation von Zwischenfällen oder helfen den Schülern beim Lernen - besonders in der Unterstufe.

Helga König, eine der Schulassistentinnen, erzählt von einem Schüler mit Förderbedarf, der ihr besonders ans Herz gewachsen sei. Als sie neu in die Klasse kam, habe er nur Fünfen geschrieben. "Er war so in seiner Wut über die schlechten Noten gefangen, dass er keinen neuen Unterrichtsstoff aufnehmen konnte. Zusammen mit der Klassenleitung haben wir es geschafft, ihn aufzurichten, damit er an sich glaubt." Nun habe der Schüler sich deutlich verbessert.

290 der 487 Schülerinnen und Schüler an der Mittelschule haben einen Migrationshintergrund, 55 einen pädagogischen Sonderbedarf. Die Assistenzstellen seien deshalb unerlässlich, sagt die stellvertretende Schulleiterin Claudia Rosen. Frontalunterricht sei an der Mittelschule nicht möglich. Und für offenen Unterricht brauche es Personal.

Seit 2008 fällt Inklusion in den Aufgabenbereich regulärer Schulen, diese Änderung ist laut Magdalena Singer, Vorsitzende des Fördervereins und ehemalige Leiterin der Mittelschule Geretsried, auch eine Sparmaßnahme gewesen. Die Mittelschule Geretsried hat ihr Profil daraufhin gezielt auf Inklusion ausgerichtet. So könne sie gezielt die Finanzierung zusätzlicher Lehrerstunden und eines Sonderpädagogen anfordern, sagt die stellvertretende Leiterin Rosen.

An der Schule gibt es zwei Kooperationsklassen, in denen besonders viele Kinder mit Förderbedarf sind. Im Gegensatz zu Schulbegleitern, die jeweils ein Kind mit geistigen oder körperlichen Behinderungen betreuen, ist die Schulassistenz für die gesamte Klasse da. "Ich habe höchsten Respekt vor den Lehrern, die hier an der Schule arbeiten", sagt Schulassistentin Helga König. Sie unterrichteten Schüler mit Förderbedarf, solche, die an der Mittelschule gut aufgehoben sind und Schüler, die den M-Zweig, also die Mittlerer Reife anstreben. "Es ist eine Kunst, für alle da zu sein."

Jährlich gibt der private Förderverein für die drei Assistenzstellen 45 000 Euro dazu. Das Geld kommt teils von der Stadt Geretsried, teils von privaten Sponsoren. Kürzlich kamen die privaten Geldgeber in die Schule, um beim Unterricht dabei zu sein und das Gespräch mit den Schulassistentinnen zu suchen. Unter ihnen war Ursula Goepfert, Vorsitzende des Vereins TUN, der seit 2016 eine der drei zusätzlichen Assistenzstellen finanziert. Möglich sei das vor allem durch die jährliche Benefizveranstaltung in Beuerberg, sagte Goepfert.

Eine weitere Assistenzkraft ermöglicht die Familie Wacker. "Das ist einfach eine gute Sache, die hier vor Ort etwas bewirkt", erklärt Irene Wacker ihre Motivation. Auch die Ernst-Pelz-Stiftung aus Geretsried spendet jährlich. Der Franz-Geiger-Verein aus Wolfratshausen machte eine Spendenzusage für das kommende Schuljahr.

Der Austausch zwischen den Sponsoren und Schulassistentinnen warf jedoch auch kritische Punkte auf. Besonders Jungen mit Förderbedarf brauchen laut König männliche Vorbilder. Aber: Alle fünf Schulassistenzen sind Frauen. Weil die Schulassistenz an der Mittelschule als Teilzeitstelle angelegt sei, fänden sich keine männlichen Bewerber, erklärt Assistentin König. "Das Gehalt kann keine Familie ernähren. Das ist leider so."

Auch den Lehrermangel diskutierten die Anwesenden intensiv. Auf die Frage aus der Reihe der Sponsoren, was sie sich von der Politik wünsche, antwortete Claudia Rosen: "Den Lehrerberuf stärken und attraktiver machen. Das Lachen des Kindes über einen Erfolg ist ganz viel wert. Das müssen wir unserem Umfeld vermitteln."

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