Geretsried:Industrie will Wohngebiet verhindern

Wolfratshausen

Quelle: SZ-Grafik

Auf dem Lorenzareal soll ein Quartier für 1500 Menschen entstehen. Doch der Unternehmensverband befürchtet Beschwerden und warnt vor einer "schleichenden De-Industrialisierung".

Von Felicitas Amler, Geretsried

Die Industriegemeinschaft Geretsried (IGG) ist entschieden dagegen, dass auf dem Lorenzareal zwischen Elbe- und Banater Straße ein Wohngebiet entsteht. Wohnbebauung sei wichtig für Geretsried, auch im Interesse der Unternehmen und ihrer Mitarbeiter, sagt IGG-Sprecher Jochen Pelz, aber an diesem Standort würde sie nach seiner Ansicht das bestehende Gewerbe gefährden. Pelz befürchtet, dass Bewohner sich über Geruchs- und Lärm-Beeinträchtigungen beklagen könnten. "Das sind Belastungen, die die Firmen von ihrem Hauptzweck abhalten." Man müsse auch an übergeordnete Entwicklungen denken, sagt Pelz und warnt vor einer "schleichenden De-Industrialisierung".

Auf der mehr als vier Hektar großen Industriebrache könnten in Kooperation von Eigentümer Reinhold Krämmel, Baugenossenschaft und Stadt Wohnungen für bis zu 1500 Menschen entstehen. Gedacht ist an ein in seiner Größe weithin einzigartiges Modell sozialgerechter Bodennutzung: 30 Prozent Sozialwohnungen, 40 Prozent geförderter Wohnraum für Normalverdiener und 30 Prozent frei finanziert für Bewohner mit höheren Einkommen. Noch sind die Planungen in der Phase der Prüfung; ein Emissionsschutzgutachten soll klären, ob und wie sich Wohnungen in das Gewerbegebiet integrieren lassen. Der Stadtrat hat bisher nur sein Einverständnis zu den nötigen Verhandlungen gegeben.

Der IGG-Sprecher sagt, seine Vereinigung sei enttäuscht, dass sie nicht frühzeitig konsultiert worden sei. "Die Erfahrung zeigt einfach: Wenn Wohnen so massiv an Gewerbe heranrückt, sind Beschwerden programmiert", erklärt Pelz. Die IGG könne den Betrieben nur raten, dass sie ihre Bedenken bekanntgeben. Ein Problem könnten, so Pelz, Anwohner-Beschwerden über eine Geruchsbelästigung durch die Sieber Gesellschaft für Wurst- und Schinkenspezialitäten sein (Sieber-Geschäftsführer Dietmar Schach sagte der SZ allerdings, von seinem Betrieb gehe keine Geruchsbelästigung aus); ein anderes Klagen über Lärm aus der Speck Kolbenpumpenfabrik. Und der Kompressorenhersteller Uniccomp-Bauer sei "als Lärmquelle auch nicht unerheblich". Bauer habe vorsorglich einen Anwalt eingeschaltet; dies hat nach Schachs Auskunft auch Sieber getan. Nach IGG-Einschätzung könnten auch weiter entfernt liegende Unternehmen wie Pulcra und Tyczka betroffen sein, da sie das am Lorenzareal vorbeiführende Industriegleis nutzen, wodurch sich ebenfalls Anwohner gestört fühlen könnten. Die Unternehmen in Geretsried seien jedenfalls "alle sehr beunruhigt". An die Stadt appelliert Pelz, ihre Gewerbegebiete zu schützen.

Bürgermeister Michael Müller (CSU) zeigt sich von der Nachdrücklichkeit der IGG-Kritik überrascht. Er sagt, es sei ja noch nichts festgelegt. Vielmehr sei man gerade in einem vertiefenden Prüfungsverfahren: Mit der Frage des Emissionsschutzes stehe und falle das Vorhaben. Das Gutachten werde konkrete Lösungsvorschläge zur Abschottung des Industriegleises und der drei anliegenden Betriebe zum Wohngebiet bringen. Es sei da einerseits an eine sinnvolle Anordnung der Baukörper zu denken, andererseits auch an Lösungen, wie man sie vom Mittleren Ring in München kenne, sagt Müller. All dies sei schließlich "Thema der Prüfung". Im Übrigen betont der Bürgermeister, es sei nicht das erste Mal in der Stadtgeschichte, dass in Geretsried ein Gewerbe- in ein Wohngebiet umgewandelt werde, und nennt das Beispiel Alpenstraße. Von einer De-Industrialisierung könne, zumal wenn man an das neue Gewerbegebiet Gelting II denke, nicht die Rede sein.

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