Reden wir über:Achternbuschs Vermächtnis

Reden wir über: "Ich mach ja auch gerne mal meinen Mund auf": Ludwig Gollwitzer.

"Ich mach ja auch gerne mal meinen Mund auf": Ludwig Gollwitzer.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Wiggerl Gollwitzer erinnert im "Hinterhalt" an den bayerischen Bürgerschreck.

Von Stephanie Schwaderer, Geretsried

Am 10. Januar starb Herbert Achternbusch, der in den Siebziger und Achtziger Jahren vor allem durch avantgardistische Filme Aufsehen erregt hatte. Acht Jahre lang war er mit Annamirl Bierbichler liiert und lebte mit ihr zeitweise in Ambach am Starnberger See. Wiggerl Gollwitzer, bekannt als leidenschaftlicher Laienspieler der Loisachtaler Bauernbühne, erinnert an diesem Donnerstag, 7. April, im Geltinger "Hinterhalt" an den Bürgerschreck und "sein bayerisches Gefühl".

SZ: Herr Gollwitzer, was verbindet Sie mit Herbert Achternbusch?

Wiggerl Gollwitzer: Eigentlich nix. Ich mach ja auch gerne mal meinen Mund auf, aber er hat das auf die Spitze getrieben - bisweilen erschreckend. Das war sein Stil, er wollte provozieren.

Was mögen Sie an ihm?

Eigentlich alles. Auch das Extreme. Er war ein Einzelgänger, der sich, auf Bairisch g'sagt, nix g'schissn hat, sondern seine Sache durchgezogen hat - trotz aller Widerstände und Verluste. Solche Leute gibt es nur ganz wenig.

Sind Sie ihm je begegnet?

Leider nein. Als "Das Gespenst" Anfang der Achtziger in Wolfratshausen lief, war ich noch zu klein. Der Film wurde ja dann verboten. Im Fernsehen habe ich irgendwann "Der Neger Erwin" gesehen. Erst habe ich mich gefragt, was das denn für ein Schmarrn ist, aber dann fand ich es ganz interessant, schon weil es bayerisch war. Und dann hab ich den Film gar nicht so schlecht gefunden.

Was werden Sie im "Hinterhalt" über Achternbusch erzählen?

Ein bisschen etwas zu seiner Geschichte und zu seinem Leben, da hab ich Einiges aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Und dann werde ich natürlich aus seinen Büchern lesen: hauptsächlich aus "Das Ambacher Exil" von 1987, aber auch aus seinem allerersten Buch "Zigarettenverkäufer", das 1969 bei Suhrkamp erschienen ist. Silke Vogel von der Stadtbücherei Wolfratshausen hat mir geholfen, ein Exemplar zu besorgen. Es kam interessanterweise vom Institut für Deutsch als Fremdsprache der Universität München und hat auch einen Stempel des Goethe-Instituts vorne drin. Es war also schon in den höchsten schriftstellerischen Himmeln Deutschlands unterwegs - ein Buch vom Achternbusch!

Würden Sie es als Lektüre empfehlen?

Na! Es lässt sich schier nicht lesen. Man braucht Stunden, um allein die Hintergründe zu kapieren. Ich hab nur ein paar Sachen herausgeholt, die an diesem Abend ins Konzept passen.

Junge Leute kennen Achternbusch nicht mehr. Lohnt es sich heute noch, sich mit ihm auseinanderzusetzen?

Vielleicht mehr denn je. Bewegungen wie "Fridays for Future" oder "Me too" greifen Themen auf, die Achternbusch vor 40, 50, 60 Jahren angesprochen hat - wenn auch oft auf verbal ordinäre Weise.

Käme seine Sprache noch an?

Das weiß ich nicht. Vielleicht würde sie junge Leute eher abschrecken. Die reden ja heute eine ganz eigene Sprache.

Der Abend ist überschrieben mit "In Bayern möchte ich nicht einmal gestorben sein" - ist das Ihr Lieblingszitat von Achternbusch?

Auf keinen Fall, so etwas kann man doch als Bayer gar nicht sagen! Dabei war er ja auch Bayer. Das geht mir nicht ein. Was mir von ihm beispielsweise deutlich besser gefällt: "Die Frage, haben Sie ein Hirn, kann einwandfrei nur der Metzger beantworten."

Gedenkabend mit Wiggerl Gollwitzer und Maxi Pongratz (Akkordeon), Donnertag, 7. April, 20 Uhr, Kleinkunstbühne "Hinterhalt", Gelting, Anmeldung über info@hinterhalt.de, der Eintritt kostet 15 Euro

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