Er hat schon stärker ausgeteilt: Ludwig Schmid alias Bruder Luigi Barnabas hat am Wochenende nur wenige deftige Sottisen gegen Kommunalpolitiker losgelassen. Abgewatscht wurde diesmal niemand. Der rote Faden, der sich durch seine 20. Fastenpredigt in den Geretsrieder Ratsstuben zog, war vielmehr ein geradezu unverschämt abgewogenes „sowohl als auch“. Oder in Barnabas‘ Worten: „Des geht beides.“ Für ein Sportgymnasium oder für den Wald? Geht beides. „Wenig Ahnung und viel Meinung?“ Geht beides. Man kann sogar gleichzeitig rot und blau sein, sagt Barnabas: „SPDler und THW. Oder als Sechzger bei der Feuerwehr.“ Und er als Fastenprediger könne über Missstände klagen, aber trotzdem seine Stadt lieben: „Des geht beides.“

So irrlichtert er am Freitagabend (mit Wiederholung am Samstag) durch die kleine und die große Politik. Beschreibt als das Gute in der herrschenden Staatsform, dass man „in der Demokratie auch a Depp sein“ dürfe. Lässt jene zwanzig Jahre, in denen er Fastenpredigten gehalten hat, in den Anzahlen von Päpsten (drei), US-Präsidenten („vier beziehungsweise drei, je nach Zählweise“), Bundespräsidenten (fünf), Bundeskanzlern (drei) und bayerischen Ministerpräsidenten (vier) vorbeiziehen, um dann zu fragen, wie viele Heiligsprechungen es in derselben Zeit wohl gegeben habe - und zu verraten: „131. Aber die zähl ich euch nicht alle auf.“


Nicht nur der Fastenprediger kann aber dieses Jahr ein kleines Jubiläum feiern. Noch zehn Jahre länger gibt es die Gartenberger Bunkerblasmusik, Veranstalterin des Abends. Ludwig Schmid, der in diesem Ensemble selbst Klarinette spielt, ehrt es zum 30-Jährigen als „Geretsrieder Original“ - eine Auszeichnung, die er erfunden hat und deren einziger Juror er ist. Mit einem speziellen Gruß an die am Freitagabend anwesenden Vorgänger-Originale Marlies Effenberger, Erich Fischer und Rudi Utzinger zeichnet Schmid den Leiter der Bunkerblasmusik, Roland Hammerschmied, aus. Der muss zurzeit wegen einer Verletzung Beinschiene tragen und nun von einem Drehstuhl aus dirigieren.
Nach der freundlichen Ehrung geht es weiter mit kleinen Bosheiten. So stichelt Barnabas gegen die Geretsrieder SPD, die sei der große Sieger der Bundestagswahl. Denn der Traum der Geretsrieder Sozis, die immer „ned ganz so guad“ abgeschnitten hätten, sei es ja immer gewesen, so viele Prozente zu machen wie die Bundes-SPD: „Des habts jetzt gschafft.“


Der Saal ist begeistert. Und da zeigt sich wieder einmal, dass man mit Hohn und Häme doch die größten Lacher erzielt. Dafür sind bei Barnabas regelmäßig auch die Nachbarn gut. Was täten die Geretsrieder ohne die Wolfratshauser, fragt er verschmitzt. Und zieht einen waidmännischen Vergleich, auf den ihn angeblich der Eglinger Bürgermeister Hubert Oberhauser gebracht hat: Was der Unterschied zwischen einem Bürgermeister und einem Jäger sei? „Als Bürgermeister schaust du, dass die Böcke in der Nachbarstadt geschossen werden.“
Viel Applaus gibt's auch für die Steigerungen der Bürgermeister-Projekte, die Barnabas darstellt. Hans Schmid habe seinerzeit nur das Spaladin geplant; Cornelia Irmer einen ganzen Stadtteil, die Böhmwiese. Mit Michael Müller sei ein neuer Stadtteil mitten in Geretsried entstanden und gleichzeitig ein „international beachtetes“ Geothermie-Großprojekt, dazu „beinahe ein Sportgymnasium vom weltbekannten Star-Architekten Daniel Libeskind“. Von Amtsinhaber zu Amtsinhaber seien es immerzu Steigerungen gewesen, sagt der Fastenprediger, und fragt, was wohl dem nächsten einfallen werde: „Ein Weltraumbahnhof? Olympia?“
Wann die S-Bahn kommt, ist klar
Damit hat sich Barnabas sein eigenes Stichwort gegeben - und kommt auf den Dauerbrenner: die immer noch nicht bis Geretsried fahrende S-Bahn. Früher habe es geheißen, die S-Bahn werde zum Zeitpunkt der Olympischen Spiele in München fahren. Das sei womöglich gar nicht falsch gewesen, spekuliert er: „Kann ja sein, dass wir 2036 oder 2040 Olympische Spiele in München haben. Und vielleicht, vielleicht fährt bis dahin dann auch die S-Bahn.“
Dann gibt's noch ein paar Giftpfeile in Richtung Wolfratshausen, wo der Bürgermeister „das Bahnhofsbieseln zur Chefsache erklärt“ habe (weil es im Bahnhof kein öffentlich zugängliches WC gibt), und nach Berlin. Bei den Bundesparteien wisse man ja nie, woran man sei. Auf die Frage „Für die Schuldenbremse oder dagegen?“ gebe es dort nur eine Gegenfrage: „Vor der Wahl oder nach der Wahl?“
Schließlich endet der bierselige Abend in einem großen, gemeinsam mit dem Publikum skandierten Bekenntnis zu G - E - R. Allerdings ist dies für Ludwig Schmid nicht wirklich das Ende seiner Aktivitäten. Denn als leidenschaftlicher Bäcker, der er ist, geht er wenige Stunden nach dem schweißtreibenden Bühnenauftritt um drei Uhr morgens noch in die Backstube. Will sagen: Fastenprediger oder Schmid-Bäck? Geht beides!