Geretsried:Es ist nur ein Drittel

Statt der prognostizierten 5000 Flüchtlinge leben aktuell 1522 Asylsuchende im Landkreis

Von Claudia Koestler, Geretsried

Von einem Baustopp an der größten Asylsuchenden-Unterkunft, die der Landkreis bislang schaffen will, könne nicht die Rede sein, betont Thomas Bigl, Sozialamtsleiter im Tölzer Landratsamt. Allerdings schritten die Bauarbeiten an den zwei Holzhäusern am Schulzentrum Geretsried derzeit tatsächlich nurmehr in gedrosseltem Tempo voran. War es im Frühjahr dieses Jahres noch das erklärte Ziel der Landkreisbehörde, dass die Unterkünfte im Juli bezugsfertig sein und rund 250 Flüchtlingen Platz bieten sollten, ist nach Angaben von Bigl nun die Fertigstellung erst für das vierte Quartal 2016 anvisiert.

Zwei Gründe nennt Bigl für die Verzögerung im Baufortschritt: Zum einen habe das Landratsamt zunächst Gespräche mit der Regierung von Oberbayern abwarten wollen, in denen zu klären sei, wer der Betreiber der Unterkunft sein werde. Zum anderen habe sich die Situation der Unterbringung von Asylsuchenden im Landkreis deutlich entspannt. Nach einem Zuweisungsstopp im Frühjahr schickte die Regierung von Oberbayern zeitweise keine neuen Flüchtlinge mehr vor die Türen des Landratsamts. In den Schulturnhallen in Icking und Bad Tölz findet seither wieder Sportunterricht statt und auch der Gemeindesaal in Münsing ist geräumt. Aktuell kämen zwar wieder zwischen fünf und zehn Flüchtlinge pro Woche in den Landkreis, aber eben nicht mehr bis zu 60 wie noch im Sommer des Vorjahres, sagt Bigl. Die 250 Plätze am Geretsrieder Schulzentrum werden somit, zumindest im Moment, nicht händeringend gebraucht. "Wir müssen demzufolge nicht in solcher Hektik bauen, wie wir noch Anfang des Jahres dachten", sagt Bigl.

Zuverlässige Prognosen, wie sich die Zahlen entwickeln werden, gibt es allerdings nicht. "Wir beginnen in Kürze mit der Aufstellung des Haushalts für 2017, wissen aber nicht wirklich, mit was für Zahlen wir da arbeiten sollen", sagt Bigl. Und bei den Unterkünften müsse das Amt "zwischen Leerstand und Notstand" balancieren. Vor einem Jahr gingen die Verantwortlichen noch davon aus, dass bis Ende 2016 an die 5000 Flüchtlinge im Landkreis Schutz suchen würden. Tatsächlich sind es derzeit 1522 Asylbewerber, dazu kommen 337 anerkannte Asylberechtigte, die als sogenannte "Fehlbeleger" weiter in den insgesamt 180 größeren und kleineren Liegenschaften im Kreis leben, weil es für sie keine Wohnungen gibt.

Anfang September steht laut Bigl der Gesprächstermin bei der Regierung an. Dann soll geklärt werden, ob die Staatsregierung die drei größeren Einheiten, also die Containeranlagen am Geretsrieder und am Tölzer Schulzentrum und jene in der Leonardis-Klinik in Bad Heilbrunn, übernimmt. Für das Landratsamt sei das "eine absolut bedeutsame Frage mit erheblichen personellen und finanziellen Auswirkungen, nämlich eine enorme Entlastung für uns", sagt Bigl. Zu klären gelte es auch, ob die Plätze zusätzlich zur vereinbarten Gemeindequote zur Verfügung stehen sollen oder eingerechnet werden und ob sie bei anhaltendem Leerstand in Wohnraum umgewandelt werden könnten, etwa für die 337 Fehlbeleger.

Sollten sich die Zuweisungszahlen von Asylbewerbern in den kommenden Wochen doch noch signifikant erhöhen, könnte zumindest die Unterkunft in Geretsried doch schneller fertig werden, betont der Sozialamtsleiter: "Im Notfall könnten wir sie in ein bis zwei Wochen bezugsfertig bauen."

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