Zwei Jahre lang war der Isura Madrigal Chor notgedrungen verstummt, nun meldete er sich mit einem Benefizkonzert für den Frieden eindrucksvoll zurück und bewies, dass er nichts von seiner Stimmkraft und Ausdrucksfähigkeit verloren hat. Chapeau! Unter der anspruchsvollen Leitung von Johannes Buxbaum haben die Sängerinnen und Sänger ein bemerkenswert hohes Niveau erreicht. Ein rundherum gelungener Auftritt, wenn der Anlass ein nicht so trauriger wäre.
Zweimal schon musste das Konzert im vergangenen Jahr verschoben werden. Das Programm sollte eigentlich an das Kriegsende 1945 erinnern. "Nun ist es angesichts des Ukraine-Kriegs erschreckend aktuell geworden", sagte Buxbaum am Freitag in der zu Dreiviertel gefüllten Kirche Heilige Familie am Johannisplatz.
Das klug und sehr vielseitig ausgewählte Repertoire spannte einen Bogen von alten Barockweisen bis zu modernen Kompositionen: sieben selten gehörte Lieder, die den Horror des Krieges beklagen, aber auch die Hoffnung auf ein Leben in Frieden und Freiheit besingen. Zur Aufführung kam das Volkslied "Es geht eine dunkle Wolk herein", ein dem Dreißigjährigen Krieg zugeschriebenes Zeitdokument, dessen Natursymbolik auf das hereinbrechende Unheil hindeutet, ebenso wie das dramatisch intonierte "Kriegslied", ein vertontes Gedicht von Matthias Claudius aus dem Jahr 1778 mit den berühmten Anfangsworten "S'ist Krieg!". Im Kontrast dazu stand das lieblich-harmonische "Holder Friede" des in Vergessenheit geratenen Andreas Romberg, einem Komponisten an der Schwelle zwischen Klassik und Romantik.
Seinen Facettenreichtum konnte der Geretsrieder A-cappella-Chor bei "Da pacem domine" unter Beweis stellen, einer Komposition für ein internationales Friedenskonzert in Barcelona, das zum Gedenken an die spanischen Terroranschläge 2004 geschrieben wurde. Mächtig und mit eindringlichen Harmonien forderten die Sänger anschließend "Dona nobis pacem", gib uns Friede, ein Werk des 2020 gestorbenen Kirchenmusikers Heinrich Poos.
Mit dem lyrischen "Friede erfüllet Stadt und Land" von Niels la Cour setzte das Ensemble zum Ende hin eine versöhnliche, tröstliche Note. Ein grandioses Finale erlebte das Publikum mit der ergreifenden Interpretation des ukrainischen Lieds "Molytwa sa Ukrajinu" (Gebet für die Ukraine), das der Chor noch kurzfristig einstudiert hatte. Man musste die Worte dieses zutiefst wehmütigen, ganz schlicht vorgetragenen Stücks nicht verstehen, die Botschaft traf auch so ins Herz. Das "Gebet für die Ukraine" wurde 1885 geschrieben, als das russische Zarenreich die ukrainische Sprache unterdrückte. Im Unterschied zur Nationalhymne gilt es als die geistliche Hymne des Landes, die in den Gottesdiensten gesungen wird.
Zwischen den einzelnen Liedern traten Sänger und Sängerinnen ans Mikrofon und teilten ihre ganz persönlichen Ängste, Hoffnungen und Gedanken mit den Zuhörern. Sie erinnerten mit Schriftsteller Josef Roth an die geschichtsträchtige Metropole Lemberg und lasen Passagen aus Kriegstagebüchern vor.
Das Wort ergriff auch Maria Reitinger, die Vorsitzende des Vereins Osteuropahilfe, an den die Konzerteinnahmen als Spende gingen. "Wie ein Tsunami ist das alles über uns hereingebrochen", sagte sie. Der Verein, der seit 1989 die Ukraine unterstützt, sei Tag und Nacht damit beschäftigt, Hilfsgütertransporte mit Medikamenten, Verbandszeug und Kleidung zusammenzustellen und an die Grenze zu fahren, wo sie weitertransportiert werden.
Ein Konzert kann Trost sein, Kraft spenden, Mut machen. Und so erlebte es auch das Publikum. Die Musik werde "keinen Schuss verhindern, aber sie ist trotzdem nicht umsonst", sagte einer der Chorsänger. "Denn sie hilft, dass wir selbst nicht zynisch werden."