Geretsried:Angeblich nur Schnapspralinen

Eine Frau wird wegen 1,24 Promille am Steuer verurteilt

Von Benjamin Engel, Geretsried

So etwas glaubt kein Richter: Allein die Naschsucht einer 57-jährigen Geretsriederin auf alkoholhaltige Süßigkeiten soll schuld gewesen sein: Als die Frau Ende Oktober ihre Tochter mit dem Auto gegen 16.30 Uhr von der Arbeit abholt, hat sie 1,24 Promille im Blut. Der Fall landet vor dem Wolfratshauser Amtsgericht, weil die Tochter die Polizei telefonisch alarmiert - ihr kommt ihre Mutter komisch vor. Die Reaktion der Angeklagten: "Ich habe dummerweise Mon Chéri gegessen. Das war zu viel." Daran zweifelt Amtsrichter Helmut Berger: "Wie viele Schachteln haben sie gegessen. Das müssen ja Tonnen gewesen sein", entgegnet er. Der Richter verurteilt die Frau wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr zu einer Geldstrafe von 1050 Euro und sieben Monaten Führerscheinentzug.

Zwischen dem Amtsrichter und der Angeklagten entwickelt sich ein kurzes Wortgeplänkel. Gerne könne sie irgendwelchen Unsinn erzählen, belehrt Berger die Angeklagte. Doch schöner wäre es, wenn sie erzählen würde, was sonst noch gewesen sei. Aber die Frau bleibt dabei. Mehr Alkoholisches als die mit Likör gefüllten Kirsch-Pralinen habe sie nicht zu sich genommen. Sie zählt ihren Tagesablauf auf, vom Hinfahren ihrer Tochter zur Arbeit in der Früh, dem Flurputzen, der Arbeit bis zum Einkaufen. Von Alkohol kein Wort.

Als der Richter die Frau mit der Aussage der Tochter konfrontiert, dass ihre Mutter öfter betrunken sei, erwähnt sie lediglich einen Stammtisch. Sie erklärt, dass sie da einen "Spritz" trinke. "Ich bin Alkohol gar nicht gewohnt." Als sie mit ihrer Tochter im Auto unterwegs war, sei ihr nicht bewusst gewesen, dass sie so viel Alkohol im Blut hatte. Sonst wäre sie nicht gefahren.

Für den Staatsanwalt ist der Fall klar: Die Frau ist wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr schuldig. Das bewiesen das Alkoholgutachten und die Atemalkoholkontrolle. Eine Verwechslung mit einer anderen Person sei auszuschließen. Ebenso ist die Angeklagte für den Richter schuldig.

Die Frau empfindet das Urteil als zu hart. Sieben Monate Führerscheinentzug seien zu viel. Das Auto brauche sie für die Arbeit, sagt sie. Und kündigt an: "Ich esse keine Schnapspralinen mehr. Ich trinke auch nichts mehr."

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