Geothermie:Der nächste Bohrturm

Geothermie: Auf Ickinger Flur nahe der Autobahnraststätte Höhenrain will die Erdwärme Bayern nach heißem Wasser bohren.

Auf Ickinger Flur nahe der Autobahnraststätte Höhenrain will die Erdwärme Bayern nach heißem Wasser bohren.

(Foto: Pöstges)

In Icking soll heißes Wasser aus vier Kilometern Tiefe gefördert werden, um Strom zu produzieren. Der Gemeinderat berät über den Bau eines Kraftwerks nahe Walchstadt.

Von Claudia Koestler, Icking

Das Geothermieprojekt in Gelting ist wiederbelebt, nun bahnt sich ein weiteres Großprojekt in Sachen Erdwärme im Nordlandkreis an: Bei Walchstadt in der Gemeinde Icking will die Erdwärme Bayern GmbH nach heißem Thermalwasser bohren. Genutzt werden soll es zunächst für die Stromproduktion. Doch sollte das Projekt Erfolg haben, könnten auch die Thermalwärme genutzt und Wolfratshauser Heizungen in Zukunft mit Fernwärme versorgt werden.

Die Erdwärme Bayern hatte zur Ickinger Gemeinderatssitzung am Montag einen Antrag auf Vorbescheid zur "Errichtung einer Geothermiezentrale" gestellt. Ein Ergebnis lag bis Redaktionsschluss noch nicht vor. Weil das Gebiet nahe der Raststätte Höhenrain an der Garmischer Autobahn und somit auf Ickinger Flur liegt, benötigt das Unternehmen aber die Einwilligung der Kommune. Bei dem Begriff "Geothermiezentrale" im Antrag handelt es sich nach Angaben von Geschäftsführer Markus Wiendieck um nichts anderes als ein Geothermiekraftwerk. Parallel zum Antrag laufe auch ein bergrechtliches Genehmigungsverfahren für die nötigen Bohrungen. Sollten die Genehmigungen erteilt werden, könnte die Erdwärme Bayern bereits im kommenden Jahr mit dem Aufbau eines Bohrturms und den ersten Bohrungen beginnen. Bislang sei das Wasser, das nach den Hoffnungen Wiendiecks zwischen 140 und 155 Grad Celsius heiß sein soll, in einer porösen Kalksteinschicht eingeschlossen, die das Unternehmen in etwa 4000 Metern Tiefe vermutet.

Sollten die Bohrungen die erhofften Wassermengen und -temperaturen bestätigen, würde die Erdwärme Bayern "im Jahr 2019 oder 2020 mit dem Bau des Kraftwerks beginnen und es in Betrieb nehmen", erklärte Wiendieck den Zeitplan. Momentan sei das Unternehmen ein "stromgeführtes Projekt". Zu deutsch: Die Wirtschaftlichkeit hänge von der Stromproduktion ab, auf die deshalb derzeit der Fokus liegt. Allerdings ist es laut Wiendieck ein Wunsch des Unternehmens, auch die Wärme zu nutzen. Zwar habe man mit dem Gebiet ein "sehr vielversprechendes Areal" für Geothermie gefunden. "Es ist ein äußerst geeignetes Grundstück für den Kraftwerksbetrieb, nahe der Autobahn und fernab von Wohnbebauung", erklärte der Geschäftsführer. Das aber wiederum könnte ein Problem für die Wärmenutzung werden, weil lange Wegstrecken zu den Abnehmern zu überwinden sind. Die nächstgelegene größere Ansiedlung wäre Wolfratshausen. "Wir können es uns durchaus vorstellen, die Loisachstadt mit Wärme zu versorgen", sagte Wiendieck. Allerdings müssten die nicht unerheblichen Kosten eines Fernwärmenetzes geklärt werden. Noch sei Erdwärme Bayern nicht an die Stadt herangetreten. "Eins nach dem anderen", sagt Wiendieck.

Zusatzinfo: Geothermie in Gelting

Zuerst war es das Leuchtturmprojekt mit Strahlkraft für Nachahmer in der Region, das Geothermiekraftwerk in Gelting. Dann aber der herbe Rückschlag in 2013: Nachdem vier Jahre lang Enex das Projekt am Gut Breitenbach vorbereitet, rund 35 Millionen Euro investiert und knapp sechs Kilometer unter die Erdoberfläche vorgestoßen war, sprudelte das heiße Thermalwasser nicht, es tröpfelte: Statt der erwarteten 120 wurden nur rund zehn Liter heißes Wasser pro Sekunde gefördert. Enex aber hoffte auf die Rettung ihres Millionen-Projekts mit einer sogenannten Ablenkungsbohrung und kämpfte lange um Investoren, um die Kosten zu stemmen. Inzwischen steht fest: Es wird einen zweiten Anlauf für das Geltinger Projekt geben. Zwar will bis heute kein Versicherungsunternehmen das Risiko eines zweiten Versuchs tragen, doch die Umwidmung des Bohrvorhabens in ein Forschungsprojekt macht es möglich, die Ablenkungsbohrung anzuvisieren. Anfang Mai diesen Jahres erhielt Enex eine Förderzusage des Bundeswirtschaftsministeriums in Millionenhöhe. Die neue Bohrung auf dem Gelände am Breitenbach soll Ende dieses Jahres beginnen. cjk

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