Geothermie:Gut gerüttelt

Geothermie: Spezialfahrzeuge ließen Anfang des Jahres die Erde im Isartal beben, um Heißwasservorkommen im Untergrund zu erkunden.

Spezialfahrzeuge ließen Anfang des Jahres die Erde im Isartal beben, um Heißwasservorkommen im Untergrund zu erkunden.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Die gemeinsame Geothermie-Erkundung mit der Erdwärme Grünwald und den Stadtwerken München war zumindest für die Pullacher Energiegesellschaft sehr erfolgreich. Mehrere Bohrungen sind geplant

Von Michael Morosow, Pullach

Als Anfang des Jahres massive Spezialfahrzeuge Straßen und Wege südlich von München entlangfuhren, um für ein seismisches Untersuchungsprogramm geologische Daten von unter Tage zu erhalten, bebte ein wenig die Erde und klirrten hier und dort Gläser im Schrank. Inzwischen liegen erste vorläufige Ergebnisse der Erkundung vor. Diese haben nun in den Geschäftsräumen der Pullacher Geothermiegesellschaft Innovative Energie für Pullach(IEP) wiederum ein Beben ausgelöst, ein freudiges Beben: "Die Seismik war sehr erfolgreich", sagt Aufsichtsratsvorsitzender Andreas Most.

Was unter "sehr erfolgreich" zu verstehen ist, erklärt IEP-Geschäftsführer Helmut Mangold: Möglicherweise stehe man vor einem Schritt in Richtung größter Geothermie-Anlage in Deutschland, sagt er, legt aber Wert auf den Konjunktiv, denn in der Branche gilt trotz moderner 3D-Technik die Aussage, wonach es hinter der Harke des Bergmanns finster ist.

Mit großem Interesse warten auch Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund, der Gemeinderat und nicht zuletzt auch Gemeindekämmerer Andre Schneider auf präzisere Ergebnisse der sogenannten Seismikkampagne auf einem 103 Quadratkilometer großen Areal, auf die sich die IEP Pullach, die Erdwärme Grünwald (EWG) und die Stadtwerke München verständigt und dafür 2,5 Millionen Euro hingelegt haben. Denn der Gemeinde, die sich mitten in einem kostspieligen Ortsentwicklungsprozess befindet, stehen möglicherweise in den nächsten Jahren weitere Investitionen in einer Größenordnung von mindestens 120 Millionen Euro ins Haus, sollten auf dem Pullacher Claim tatsächlich drei Bohrdubletten niedergehen. Laut Tausendfreund gehen die Überlegungen aktuell sogar in Richtung vier Dubletten, ergo acht Tiefenbohrungen. "In wenigen Wochen wissen wir, ob wir ein, zwei oder zehn Löcher bohren können", sagt dazu Geschäftsführer Mangold.

Laut den mittelfristigen Haushaltsplanungen für die Jahre 2019 bis 2022 sind Investitionen für die Geothermie in Höhe von circa 26 Millionen Euro vorgesehen. Natürlich könnte die Gemeinde diese Investitionen nicht alleine stemmen und würde Fremdkapital benötigen, sagt Most, der als Fraktionsvorsitzender der CSU im Pullacher Gemeinderat sitzt und damit in einem Gremium, das sich bislang geschlossen hinter die Vorhaben der IEP gestellt hat, anders als der Grünwalder Gemeinderat, in dem zuletzt insbesondere der Kauf großer Teile der Unterhachinger Geothermie umstritten war.

Nach Strom- und Wärmeabnehmern müsste Pullach nicht lange Ausschau halten. Zum einen wollen sie ihr Fernwärmenetz, an dem mehr als tausend Haushalte angeschlossen sind, ausbauen. Zum anderen lechzen die Stadtwerke München (SWM) nach regenerativ erzeugter Wärme. Bis dahin will die SWM den gesamten Münchner Wärmebedarf zu hundert Prozent regenerativ decken, und baut dazu gerade am Heizkraftwerk Süd in Thalkirchen die bislang größte Geothermieanlage Deutschlands, mit der der Wärmebedarf von 80 000 Münchnern gedeckt wäre. Wenn freilich in Pullach drei oder gar vier Dubletten gebohrt werden, wird die IEP über die größte Geothermieanlage verfügen, zumal die Bohrungen tiefer gehen und heißeres Wasser angezapft wird.

Ob die gemeinsame Seismikkampagne auch für die Grünwalder EWG und die Münchner SWM von Erfolg gekrönt sein wird, steht noch nicht fest. Eine fundierte Aussage zu den Ergebnissen der seismischen Untersuchungen sei vor Ende des Jahres nicht möglich, ließ ein SWM-Sprecher wissen. Und auch die Grünwalder "haben noch keine Ergebnisse", sagte Andreas Lederle, Geschäftsführer der EWG. In Pullach soll laut Helmut Mangold bereits 2020 Bohrbeginn sein.

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