Anbau in Eigeninitiative:Gemeinschaft mit Gemüsefeld

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Gärtnerin Iris Konnerth betreut das Gemüsefeld der Solawi Isartal zwischen Münsing und Degerndorf. Der rote Kopfsalat hat sich schon einmal gut entwickelt. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Solawi Isartal hat zwischen Münsing und Degerndorf mit dem Anbau begonnen. Von der Ernte erhalten die Mitglieder wöchentlich eine Gemüsekiste.

Von Benjamin Engel, Münsing

Was sich auf dem Feld mitten im Grünland zwischen Münsing und Degerndorf entwickelt, hat durchaus exotischen Charakter. Insofern passt es ganz gut, wenn Iris Konnerth von ihrer "Experimentierphase" spricht. An einem Montagmittag Ende Mai steht sie zwischen zwei Reihen Mitte April angepflanzten und nun erntefrischen roten Kopfsalats. Direkt daneben sprießen die grünen Blätter des Kohlrabi aus der Knolle. Erst zaghaft lugt dagegen das Grün der Karotten aus dem Boden. Im Wachstum sind diese etwas zurück, weil sie im Frühjahr mehr Regen gebraucht hätten. Insgesamt ist die junge aber Gärtnerin zufrieden, wie sich das Gemüse auf dem heuer erstmals bewirtschafteten Feld der solidarischen Landwirtschaft (Solawi) Isartal entwickelt hat.

Das Gemüsefeld wurde heuer erstmals bepflanzt. (Foto: Manfred Neubauer)
Am Feld wächst Kohlrabi. (Foto: Manfred Neubauer)
Der Salat ist Anfang Juni erntebereit. (Foto: Manfred Neubauer)

"Dieses Jahr ist es ein Herantasten und Improvisieren", sagt Konnerth. Unter ihrer Regie will die Solawi Isartal heuer etwa einen von insgesamt 2,7 Hektar eines gepachteten Felds mit Gemüse bepflanzen - und so die Mitglieder mit frischer Ernte versorgen. Wachsen sollen erst einmal um die 30 verschiedene Kulturen - von Salaten , Zwiebeln und Sellerie bis zu Lauch, Fenchel, Kürbissen, Zuckermais, Roten Rüben, Bohnen oder Rettich.

Die Solawi-Mitglieder helfen ganz nach eigener Lust und Laune mit. "Es geht darum, eine Gemeinschaft aufzubauen", beschreibt Konnerth die Zielsetzung. "Das klappt ganz gut. Die Leute haben Lust darauf zu arbeiten." Gezwungen werde aber niemand, aktiv zu werden, betont sie. Wer sich engagiere, mache das freiwillig.

So wie Walter Kunert. Der Starnberger ist selbst ausgebildeter Gärtnermeister für Gemüsebau, hat später den Beruf gewechselt. "Das Solawi-Konzept ist eine spannende Geschichte", sagt er. Das Prinzip dahinter: Private Haushalte schließen sich zusammen und investieren Geld, um Lebensmittel produzieren zu lassen und selbst für den Eigengebrauch abzunehmen. An der Solawi Isartal beteiligen sich bislang 175 Mitglieder, wovon 120 wöchentlich eine Gemüsekiste bekommen. Für weitere Abnehmer im kommenden Jahr existiert eine Warteliste. Zusammen haben die Mitglieder 600 Anteilsscheine an der Genossenschaft gezeichnet.

Mit dem Geld hat die Solawi die im Demeter-Betrieb im nahen Schloss Weidenkam ausgebildete Gärtnerin Konnerth fest angestellt. Die Genossenschaft hat seit dem Frühjahr einen Zaun errichten lassen, um das Gemüsefeld vor Rehen und Hasen sowie Fuchsbandwurmbefall zu schützen. Ein Werkzeugschuppen ist fast fertig, woran Mitglied Kunert beispielsweise mitgebaut hat. Zudem ist ein Traktor angeschafft worden, mit dem sich der Boden maschinell leichter bearbeiten lässt.

Ausgerechnet die Gerätebeschaffung war für die Solawi Isartal laut Konnerth allerdings die größte Herausforderung im ersten Jahr des Gemüseanbaus. Auf dem Feld wollte Konnerth nämlich alle Lebensmittel nach der Dammkultur-Methode bepflanzen. Dafür werden auf dem Acker Dämme gezogen, auf deren Oberkanten die Pflanzen gesät werden. So lässt sich Staunässe vermeiden. Die Oberfläche des Bodens werde größer, Nährstoffe könnten besser gespeichert werden, sagt Konnerth. Zudem erhöhe die Abfolge von Dämmen und Senken die Luftzirkulation. Doch bislang wartet die Gärtnerin immer noch darauf, dass die Felgen für die dafür benötigten hohen und schmalen Reifen des Traktors endlich geliefert werden.

Notgedrungen musste die Solawi Isartal am Münsinger Feld auf den klassischen Flachanbau ausweichen. "Wir mussten alles von Hand pflanzen", beschreibt Konnerth die Problematik. Nur weil sie sich vom Kooperationspartner Weidenkam anfangs einen Traktor leihen konnte, ließ sich ein kleiner Teil nach der Dammkultur-Methode bepflanzen. Neben den Gemüsekulturen haben die Solawi-Mitglieder auch Blühstreifen angelegt. So sollen Nützlinge angezogen werden, die Pflanzenschädlinge wie den Kohlerdfloh ökologisch ausschalten sollen. Denn das Feld soll rein biologisch ohne Pestizideinsatz bewirtschaftet werden. Erst im übernächsten Jahr wird die Umstellungsphase allerdings offiziell abgeschlossen sein. Noch heuer im Herbst soll eine Hecke mit heimischen Gehölzen wie Schlehen oder Holunder am Wildzaun entstehen. Auch Obstbäume soll es geben. "Es wird alles ausprobiert", sagt Konnerth.

Als Glücksfall bezeichnet es die junge Frau, dass ihr die Solawi nach dem Ausbildungsabschluss die Gelegenheit gegeben habe, das Genossenschaftsprojekt aufzubauen. An ihrem Beruf als Gärtnerin reize sie vor allem, direkt das Ergebnis ihrer Arbeit sehen zu können, sagt Konnerth. Ursprünglich hatte sie Umweltingenieurwesen studiert, einige Zeit am Lehrstuhl für Hydrologie der Technischen Universität München (TUM) gearbeitet. Das war ihr zu viel Computerarbeit. "Es zieht mich raus", sagt Konnerth. "Ich will mit den Händen arbeiten."

In den kommenden Jahren will die Genossenschaft der Solawi Isartal sukzessive wachsen. Endziel ist es, bis zu 500 Haushalte mit Gemüsekisten zu versorgen. Was das 2,7 Hektar große Feld jahreszeitenabhängig nicht hergibt, wird mit dem Sortiment der Schlossgärtnerei Weidenkam aufgestockt.

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