Vernissage:Ach, du heilige Kuh!

Was ist uns heute noch sakrosankt? Das fragt der Tölzer Kunstverein in seiner neuen Ausstellung. Die Beiträge drehen sich um Engel, Geld und Individualität. Die erste Veranstaltung im ehemaligen Kunstsalon gelingt.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz

Was ist jedem heilig? Gibt es so etwas wie in einer Welt, die der Unfehlbarkeit der Wissenschaft huldigt, überhaupt noch? Mit diesen Fragen setzt sich die aktuelle Ausstellung "Was uns heilig ist" des Tölzer Kunstvereins auseinander - und präsentiert individuelle Antworten. Für Holzbildner Jürn Ehlers etwa ist es die Natur in ihrer Perfektion. Er ist mit der Plastik "Pflanzenform" aus Kirschholz vertreten. Für Christel Haag geht es um Freiheit: die Freiheit als Mensch, Frau und Künstlerin. Sie zeigt ihr "Heiligtum" im abstrakten Acrylbild "Born to be free".

Dicht an dicht drängten sich die Besucher auf der Vernissage am Samstagabend. Zum ersten Mal stellt der Kunstverein Tölzer Land in den Räumen in der Marktstraße 6 aus. Die Übernahme des ehemaligen Kunstsalons von Galeristin und Vereinsvorsitzender Patrizia Zewe scheint die richtige Entscheidung gewesen zu sein. Künstlerin Sylvia van der Drift gab in ihrer Eröffnung der Hoffnung Ausdruck, die "Beletage" in der Innenstadt möge zum Dreh- und Angelpunkt des kulturellen Lebens in Bad Tölz werden, Veranstaltungen seien bereits geplant.

Zum Thema der Gemeinschaftsausstellung heißt es in der Einladung: "In einer Zeit, wo heilige Krieger unsere heilige Mittagsruhe stören, ist es angebracht, sich dem Thema kunstvoll zu nähern." Diese Annäherung ist so vielfältig wie die Künstler. Gezeigt werden neben Bildern Fotografien, Collagen, Plastiken und Objekte. Christel Haag ist zum ersten Mal in Bad Tölz dabei. "Wie und was beim Schaffensprozess auch entsteht, ich muss immer erkennbar sein. Das ist mir heilig", sagt die Malerin aus München.

Christian Stadelbacher interpretiert die Legende des heiligen Hubertus, der auf der Jagd zum Christentum bekehrt wurde, nachdem ihm ein Hirsch mit Kreuz zwischen dem Geweih erschien, kurzerhand um: Nicht ein Hirsch ist auf seinem eigens für die Ausstellung geschaffenen Ölgemälde zu sehen, sondern - wie für Stadelbacher typisch - eine Kuh, eine "Huberta".

"Heiligtümer" nennt Jeannine Rücker ihr Acrylbild, auf dem die Begriffe "Glaube", "Familie", "Achtung" und "Freiheit" zu lesen sind. Birgit Haas-Heinrich hat sich des Gedichts "Hallo Afrika" von Egbert Schinkel angenommen - eine Gouache auf Bütten ist entstanden, rote Buchstaben auf dunklem Grund. "Wenn der Baum stirbt, stirbt der Mensch" ist zur Bronzeplastik von Berndt Schweizer zu lesen. Der Künstler hat die Blätter des Baums aus etwa 1400 Münzen aus 84 Ländern zusammengesetzt. Das Kunstwerk hat eine Sommer-Ansicht, auf der die Breitseite der Münzen zu sehen ist; die Winter-Ansicht zeigt die Kanten der Münzen.

Beim Hängen und Aufstellen der Werke habe sie Gänsehaut bekommen, sagt Zewe. Dass nun mehr Kunstinteressierte das Schaffen des Tölzer Vereins dank der zentralen Lage verfolgen werden, sei sicher.

Kunstverein Tölzer Land, "Was uns heilig ist", bis 6. März, geöffnet Freitag, Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung

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