Gelassen bleiben:"Was hilft's?"

Gelassen bleiben: Fritz Schnaller, Inhaber der Raritäten-Stube und Vize-Bürgermeister in Wolfratshausen, schippt den Schnee vor seinem Laden weg.

Fritz Schnaller, Inhaber der Raritäten-Stube und Vize-Bürgermeister in Wolfratshausen, schippt den Schnee vor seinem Laden weg.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Wolfratshausens Ladenbetreiber machen das Beste aus dem Winterwetter, denn sie wissen, dass das Schimpfen gar nichts bringt

Von Laura Geigenberger, Wolfratshausen

"Was sollen erst die Menschen in Schweden sagen, die so etwas ständig über Monate erleben?" Rose Kenarziev schüttelt den Kopf. Die Besitzerin des am Wolfratshauser Obermarkt gelegenen Tee- und Gewürzladens versteht die Aufregung nicht. Es hat geschneit, sogar viel, mehr als sonst - na und? "Wir haben halt Winter", sagt sie. Als Teeverkäuferin ist Kenarziev ihren eigenen Worten nach saisonalen Kummer gewöhnt, denn "ein Teegeschäft ist vom Wetter abhängig" - und das passe nie. Regnet es oder ist es zu kalt, wolle niemand vor die Tür. Der Sommer hingegen sei dann vielen zu heiß, um Tee zu trinken, so Kenarziev.

Und dass bei den Schneemassen, die sich in diesem als "Jahrhundertwinter" proklamierten Januar in den vergangenen Tagen am Marienplatz türmten, nun weniger Leute unterwegs waren, könne sie selbst auch nachvollziehen, "gerade bei den älteren Menschen." Trotz der Leere in ihrem Geschäft ist die Wolfratshauserin in ihrem winterlichen Schicksal nicht alleine, zumindest im sprichwörtlichen Sinne: Auch Verkäuferin Anna Bauer harrt von buntverpackten Schokotrüffeln umgeben im Feinkost- und Spirituosenladen "Genussvoll" aus. Man merke schon, dass der Schnee die Kauflust der Leute dämpft, sagt sie, aber es helfe ja nichts: "Ich halte hier die Stellung."

Immerhin sei sie so vormittags zum Putzen gekommen, habe die ein oder andere Besorgung erledigen können - und schneegeschippt habe sie in den vergangenen Tagen natürlich auch. Geräumt, das fällt beim Schlendern über Ober- und Untermarkt auf, sind die Straßen seit Tagen gut. Bei Kenarziev nachgehakt, erfährt man unter anderem von den "praktisch-kaufmännischen" Motiven hinter den winterlichen Räumungsaktionen: nämlich "den Kunden den Besuch erleichtern". Ihr liege aber auch der Gemeinschaftsgedanke am Herzen: "Der Winterdienst zerreißt sich schon, um die Massen zu beseitigen. Aber die meisten schimpfen lieber, anstatt ihren Teil beizutragen. Dabei sollten wir den Helfern danken."

Dafür, "das Beste aus jeder Situation" zu machen, plädiert auch Fritz Schnaller, Inhaber des urigen Antiquitätenladens Raritäten-Stube und - "nebenbei" - Vize-Bürgermeister in Wolfratshausen.

"Was hilft's? Schimpfen verändert die Situation gar nicht", erklärt Schnaller. Ihn störe die geringe Kundenfrequenz wenig, wenn überhaupt. Zwar erzähle er seinen Klienten gerne von den Geschichten, von denen jeder Gegenstand in seinem geräumigen Laden eine eigene habe. Wenn sich aber kein Zuhörer finde, - sei es durch Schnee oder einen anderen "Katastrophenfall" - bleibe ihm wenigstens Zeit, um hinterm Tresen seine Fingerfertigkeit am Akkordeon zu verbessern.

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