Gedenk- und Begegnungsstätte:Volles Programm mit zwei Jubiläen

Gedenk- und Begegnungsstätte: Das Badehaus in Waldram bietet auch 2022 viele Veranstaltungen.

Das Badehaus in Waldram bietet auch 2022 viele Veranstaltungen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Das Badehaus wartet 2022 mit vielen Veranstaltungen auf - und feiert zehnjähriges Vereinsbestehen und 65 Jahre Waldram

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Das gerade begonnene Jahr ist ein wichtiges für die "Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald". Denn erstens feiert der Verein 2022 sein zehnjähriges Bestehen, und zweitens wird der Ortsteil mit seiner bewegten Geschichte, welche die Mitglieder in unermüdlicher Arbeit bewahren, heuer 65 Jahre alt. Beide Jubiläen finden sich im Jahresprogramm, das der Verein nun vorgestellt hat. Im Erinnerungsort Badehaus sind 2022 wieder zahlreiche Veranstaltungen geplant - Zeitzeugengespräche, Ausstellungen, Theater- und Filmabende. Trotz zahlreicher Absagen und Umstellungen wegen Corona habe man sich nicht entmutigen lassen, erklärt die Vereinsvorsitzende Sybille Krafft. "Wir hoffen sehr, dass möglichst viele Veranstaltungen in Präsenz stattfinden können." Dennoch bitte man um Verständnis, sollte wegen der Pandemie kurzfristig umgeplant werden müssen.

Der Dokumentarfilm "#Upoading Holocaust", der am Samstag, 29. Januar, den ersten Programmpunkt darstellt, ist in jedem Fall coronakonform erlebbar. Denn das Badehaus zeigt die Doku als Stream im Internet. Der Film zeigt Videos israelischer Schülerinnen und Schüler, die über ihre Erlebnisse ihrer Klassenfahrten nach Polen berichten, wo sich Zehntausende junger Israelis jedes Jahr auf die Spuren ihrer Familien begeben. Vom 19. Februar an wird das Badehaus dann weithin sichtbar: Dank 35 Leuchten, die der Künstler Markus Heinsdorff aus Rettungswesten Geflüchteter hergestellt hat und um den Erinnerungsort aufstellt, um auf die prekäre Lage der Flüchtenden an den Grenzen Europas aufmerksam zu machen.

Zum Weltfrauentag am 6. März gibt es einen gemeinsamen Benefizabend mit Lesungen und Konzerten, der den "Föhrenwalder Weibsbildern" gewidmet ist. In multimedialen Kurzvorträgen wird die Geschichte ausgesuchter Frauen aus dem "Weibsbilder"-Kalender erzählt, umrahmt von Musik des Gitarrenduos The Picking Projekt und der Band almost unpugged.

Ein besonderes Zeitzeugengespräch gibt es am Samstag, 9. April: Die in Föhrenwald geborene Bella Rubin ist Nachfahrin der "Bielski-Brothers", dreier jüdischer Brüder, die in Polen eine Partisanenbrigade gründeten und mehr als 1200 Menschenleben retteten. Zuvor wird der Hollywood-Film "Unbeugsam" gezeigt, der die Geschichte der Bielskis erzählt. Im Sommer gibt es im Badehaus dann einen Theaterabend: "Fremd.Sein.Heimat" heißt das Zweipersonenstück, das sich mit der Geschichte Heimatvertriebener auseinandersetzt und am 25. Juni gezeigt wird. Der Abend des 17. Juli widmet sich dann dem Widerstand im Nationalsozialismus - anhand zweier Personen, die bislang nicht im öffentlichen Fokus stehen: Die Wehrmachtsoffiziere Eberhard Finckh und Cäsar von Hofacker waren am Umsturzversuch des 20. Juni 1944 beteiligt und wurden hingerichtet. Ihre Kinder Barbara von Uthmann und Alfred von Hofacker, beide Mitglieder im Badehaus-Verein, erzählen von ihren ganz persönlichen Erinnerungen an ihre Väter.

Sein zehnjähriges Bestehen feiert der Verein dann am 25. September, mit einem Tag der offenen Tür für junge Familien. Zudem wird der Film "Das Badehaus entsteht" gezeigt, der die Arbeit am Erinnerungsort dokumentiert, und es gibt eine Mitgliederversammlung.

Eine "künstlerische Intervention" von Clemens Brentano wird vom 22. Oktober im Badehaus zu sehen sein. Der Künstler beschäftigt sich mit der Frage der Heimatlosigkeit, mit Fotos seiner Mutter, die aus dem Sudetenland fliehen musste.

Der späte Höhepunkt des Veranstaltungsjahres findet schließlich am 6. November statt: mit dem Festakt zu 65 Jahren Waldram im Badehaus. Den Namen Waldram erhielt Föhrenwald am 7. November 1957. Für das Viertel, das erst Siedlung für Rüstungsarbeiter, dann Lager für "Displaced Persons" war und zur Bleibe katholischer Heimatvertriebener wurde, sollte damit ein neues Kapitel aufgeschlagen werden. Beim Festakt mit Zeitzeugen zeigt das Badehaus auch eine Ausstellung mit kulinarischen Rezepten aus dem Fluchtgepäck der Vertriebenen, zudem ist eine Wanderausstellung des Hauses des Deutschen Ostens zu sehen. Es spielt die Waldramer Tanzlmusi, das Grußwort spricht der ehemalige Ministerpräsident Edmund Stoiber, der selbst mit seiner Familie einige Jahre in Waldram gelebt hat.

Zum Abschluss geht es dann am 11. Dezember über Religionsgrenzen und ihre Überwindung. Ronen Steinke liest aus seinem Buch "Der Muslim und die Jüdin". Es berichtet vom Ägypter Muhammed Helmy, der in Berlin die Jüdin Anna Boros vor den Nazis rettete und als bislang einziger Muslim von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem als "Gerechter unter den Völkern" ausgezeichnet wurde. Im Anschluss gibt es eine Diskussion mit dem Autor, der Religionspädagogin und Vizedirektorin der islamischen Gemeinde Penzberg Gönül Yerli und dem Tölzer Arzt Stephan Krone.

Der Verein bittet um Anmeldung für alle Veranstaltungen. Das komplette Programm mit Terminen und Eintrittspreisen gibt es auf der Website des Vereins unter www.erinnerungsort-badehaus.de

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