Die Müllgebühren im Landkreis werden zum 1. April dieses Jahres um 8,5 Prozent steigen. Das hat der Verwaltungsrat des Abfallwirtschaftsunternehmens (AWU) am Dienstag beschlossen - unter dem Vorbehalt, dass der Kreistag keine Einwendungen erhebt. Mit dieser Erhöhung will das AWU das Defizit von 600 000 Euro abfangen, das laut Wirtschaftsplan 2019 erwartet wird.
Es ist ein Beispiel dafür, dass die Finanzpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) konkrete Auswirkungen auf das Abfallwirtschaftsunternehmen des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen hat. Das AWU muss für die Rekultivierung und die Nachsorge der Deponie "Am Vorberg" Geld zurücklegen. Dabei geht es um Millionenbeträge. In der jüngsten Bilanz seien es zehn Millionen Euro gewesen, sagte AWU-Vorsitzender Reiner Späth. Das Handelsgesetzbuch schreibt für die Bewertung langfristiger Rückstellungen die Abzinsung auf den Bilanzstichtag vor. Hierfür gibt die Bundesbank monatlich festgeschriebene Zinssätze aus. Die Niedrigzinspolitik der EZB führt dazu, dass diese Zinssätze seit Jahren deutlich sinken. Das bedeutet: Das AWU bekommt für sein angespartes Geld kaum Zinsen und kann so seine Defizite nicht mehr ausgleichen. Doch das Unternehmen ist verpflichtet, wirtschaftlich zu arbeiten. Es muss Fehlbeträge aus eigener Kraft bereinigen.
Das treffe nicht nur auf das AWU zu, sagte Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler). Alle Unternehmen, etwa Kraftwerksbetreiber, seien gesetzlich verpflichtet, Rückstellungen zu bilden für den Fall, dass ihre Anlagen aufgegeben würden. "Das gesparte Geld darf für keine anderen Zwecke verwendet werden." Die 8,3 Prozent seien zwar in der Geschichte des AWU kein Spitzenwert, ergänzte Späth. "Aber schönreden braucht man sie auch nicht."
Als weiteren Grund für die Gebührenerhöhung nannte Späth die Tarifsteigerungen bei Löhnen und Gehältern. In den Jahren 2018 und 2019 erhöhen sich die Löhne im öffentlichen Dienst um 6,3 Prozent. Das entspricht bei Personalkosten in Höhe von 3,2 Millionen Euro einer Kostensteigerung von etwa 200 000 Euro. Ebenfalls schlagen die Entgelte für die Abfallsammlung, die zuletzt 2009 angepasst wurden, zu Buche. Hier geht es um einen Jahresbetrag von circa 190 000 Euro. Und in diesem Jahr stehen Großreparaturen an den technischen Anlagen für etwa 140 000 Euro an.
Beim Restmüll steigt die Jahresgebühr bei einer angemieteten 80-Liter-Tonne von 148 Euro auf 159 Euro, also um 7,69 Prozent. Bei der 80-Liter-Tonne, die dem Nutzer selbst gehört, steigt die Müllgebühr von 150 Euro auf 162 Euro (7,57 Prozent) im Jahr. Insgesamt plant das AWU beim Müll, der selbst angeliefert wird (Baustellenaushub und ähnliches) 2019 mit Einnahmen von 1,1 Millionen Euro, bei den Grundgebühren für die Bioabfall- und Papiertonnen mit etwa 1,4 Millionen Euro und beim Restmüll mit etwa 10,8 Millionen Euro.
Der Verwaltungsrat war sich sicher, dass die Gebührenerhöhung nicht nur Zustimmung finden wird. Dies gelte auch für den Kreistag, der das Thema behandeln wird. Landrat Niedermaier betonte, dass der Verwaltungsrat als Fachgremium die Erhöhung beschließen könne, der Kreistag den Beschluss nur zur Kenntnis nehme. Allerdings, wandte Landratsamts-Geschäftsführer Wolfgang Krause ein, könne der Kreistag den Verwaltungsräten "Anweisungen" geben. Niedermaier bat die Anwesenden daher darum, in ihren Fraktionen die Problematik vorab zu erklären. "Ich bitte darum, dass ihr das klar so kommuniziert."
Gabriele Skiba (SPD) fragte nach, ob es bei der Erhöhung für dieses und nächstes Jahr bleibe. Späth bejahte. Allerdings könne im Jahr 2021 erneut eine Anpassung nötig sein. Um eine andere Aufbereitung des Themas bat Volker Reeh (CSU). "Sie müssen im Kreistag deutlich sagen, dass es sich um eine Erhöhung um 8,5 Prozent handelt", sagte er an Späth gerichtet. Und Helmut Forster (Freie Wähler) wollte wissen, warum über die Müllgebühren-Erhöhung nicht erst der Kreistag informiert worden sei. "Der Fachausschuss kann das entscheiden", meinte Späth.