Gaudi on Ice:Erstmals Winter-Wiesn im Tölzer Eisstadion

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Wo sonst die Eishockey-Zweitligisten "Tölzer Löwen" das Publikum begeistern, wird im November ein großes Fest gefeiert. Mit Kunsthandwerk, Lebkuchen, Würsten, Wurfbuden und vielen Events. Es ist ein Test für die "Tölzer Sommer Wiesn", die nächstes Jahr ebenfalls sattfinden soll. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Party am 11. November bietet eine Mischung aus Volksfest, Blaskapellen und Klassik. Auch DJ Ötzi ist dabei.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Weißblaue Fahnen hängen von der Stadiondecke herab, über dem Eis ist ein Teppichboden auf dicken Platten verlegt, die Bierbänke bieten Platz für 1740 Gäste, Blasmusik schallt von einer 140 Quadratmeter großen Bühne herab: Die Eisarena auf der Flinthöhe soll zu einer Art Oktoberfest-Hütte werden. In und um die Sporthalle geht am Samstag, 11. November, erstmals die "Tölzer Winter Wiesn" über die Bühne. Veranstaltet wird sie vom Unternehmen "weeConomy" aus der Schweiz, dem neuen Hauptsponsor des Eishockey-Zweitligisten "Tölzer Löwen". Schon als Kind war Firmengründer Cengiz Ehliz bei den Spielen des EC Bad Tölz dabei, damals noch in der zugigen Wellblechhalle an der Peter-Freisl-Straße. "Ich konnte selber nicht Eishockey spielen", räumt der 47-Jährige ein. Sein Neffe hat umso mehr Talent: Yasin Ehliz ist deutscher Nationalspieler.

Die Winter Wiesn beginnt mit einem Volksfest. Nach der Eröffnung mit Fassbier-Anstich durch Ehliz, Landrat Josef Niedermaier und Bürgermeister Josef Janker um 11 Uhr gibt es im Sportpark einen Wintermarkt mit Kunsthandwerk, Lebkuchen, Würsten, Wurfbude und Eisbar. Im Stadion tritt neben Blaskapellen auch die Band The Heimatdamisch um den Tölzer Florian Rein auf, außerdem gibt der Tölzer Knabenchor von 16 Uhr an ein kleines Konzert. Auf dem Programm steht obendrein ein uriger Fünfkampf: Maßkrugstemmen, Bierfilze-Werfen, Kuhmelken, Biertraglstapeln, Nageln. Kleine Gäste können sich mit Kinder-Disco, Airbrush-Tattoos, Mitmachzirkus und Schminkstation die Zeit vertreiben. Teil zwei der Wiesn steht am Abend unter dem Motto "Alpen-Pop trifft Tölzer Rock". Nenas Hit "99 Luftballons" als Landler, AC/DC im Oberkrainer-Sound oder Songs von Iron Maiden als Polka: Noch einmal kommt The Heimatdamisch von 20 Uhr an auf die Bühne. Gefolgt von DJ Ötzi mit Bühnenshow, Ballett und Band.

Um ein Eisstadion in eine Wiesn-Hütte zu verwandeln, sind eine ganze Menge Vorarbeiten nötig. Dazu müsse nicht bloß die Eisfläche abgedeckt werden, erklärt Tilmann Meuser, Mediensprecher der wee-Conomy AG. "Wir müssen eine Raumtemperatur reinkriegen, die höher als 14 Grad ist, ohne dass dabei das Eis abschmilzt." Ein anderes Problem schildert Event-Koordinator Rüdiger Mengede. Der Nachhall im Eisstadion liege bei 7,2 Sekunden, für ein Konzert müsse man ihn jedoch auf etwa zwei Sekunden verringern, sagt er. Dazu würden etliche Vorhänge im Eisstadion an den akustisch wichtigen Stellen aufgehängt. Dies soll auch ein Test für 2018 sein. Dann plant der Hauptsponsor gleich noch eine "Tölzer Sommer Wiesn": Vorgesehen sind eine Schlagernacht (2. Juni), eine Comedy Night (9. Juni), eine Boxgala mit zumindest einem WM-Titelkampf (23. Juni), eine 90er Live Party (30. Juni). Insgesamt rechnet der Veranstalter mit rund 35 000 Gästen im Winter und im Sommer. Wobei etwa 4500 Teilnehmer am Sonntag, 12. November, voraussichtlich zur "wee-Convention" kommen werden - einer Art Hauptversammlung des Unternehmens. Der ehemalige Ministerpräsident Edmund Stoiber wird dabei über die Zukunft von Mittelstand und Einzelhandel in Europa sprechen.

Der Grund für die Tölzer Wiesn ist das Cashback-Bezahlsystem des Schweizer Unternehmens. Das Oberland mit Kern Bad Tölz wurde als Pilotregion für wee-Card und wee-App auserkoren. Die Nutzer sammeln damit einen Bonus beim Einkauf im Internet (wee.com) und im Einzelhandel. Das Geld können sie sich aufs Girokonto gutschreiben lassen oder beim Kauf im Einzelhandel verwenden, nicht allerdings im Internet. Mit dabei sind Metzger, Bäcker oder Friseure, auch Restaurants, Hotels oder Taxi-Unternehmen. Das System gibt es in etwa 15 europäischen Ländern, ebenso in Trinidad-Tobago oder Panama. "International haben wird etwa 20 000 Händler", sagt Ehliz. In Bad Tölz, Gaißach, Lenggries und Bad Heilbrunn sind es derzeit 56, wie Regionalkoordinator Paul Wenus mitteilt. Bis zur Winter Wiesn sollen es 70 sein.

Für den Tölzer Eishockey-Fan bedeutet dies, dass er sich das Ticket für die Arena auf der Flinthöhe künftig mit dem Bonus von Restaurant-Besuchen, Bestellungen im Internet oder mit einem Blumenkauf zusammensparen kann. Die Drehkreuze im Eisstadion werden entsprechend umgerüstet. Warum ausgerechnet das kleine Bad Tölz fürs Pilotprojekt auserkoren wurde? Der dominante Einzelhandel, das Eishockey-Sponsoring, zwei Millionen Tagestouristen pro Jahr - all dies spielte bei der Wahl eine Rolle. Laut Ehliz kam noch was hinzu: "Tölz ist meine Heimat."

© SZ vom 26.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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