Gastronomiegeschichte in Münsing:Der schwere Abschied auf Raten

Statt Wirtshaus und Metzgerei plant Inhaberfamilie Limm neue Wohnungen

Von Benjamin Engel, Münsing

Was als Institution unverrückbar scheint, kann bekanntlich schnell zur historischen Episode werden. Kaum anders wird es dem charakteristischen Gebäudekomplex des Gasthauses und der Metzgerei Limm in der scharfen Kurve der Hauptstraße passieren. Die Gastronomie ist schon zweieinhalb Jahre zu. Mitte Dezember hat Inhaberin Ingrid Limm jetzt noch den Metzgerei- und Schlachtbetrieb geschlossen, weil dessen Leiter gekündigt hat.

Das hat wohl direkt damit zu tun, dass sich die Neubaupläne der Besitzer für zwei Gebäude mit Mietwohnungen und Gewerbe konkretisiert haben. Der Abriss des jetzigen Hauses mit mattgelber Fassadenfarbe und grüner Fensterumrandung ist damit nähergerückt. Das Aus für die verbliebene Metzgerei und den Schlachthof ist schneller gekommen als gedacht.

Sich für eine noch kurze Betriebszeit, einen neuen Schlachthofleiter als Ersatz zu suchen, kommt für Limm nicht infrage. "Wir sind so ein gutes Team. Da findet sich niemand, der dazu passt", betont sie. Die zwei Metzger und der Lehrling seien für den Schlachtbetrieb und die Metzgerei die Minimalbesetzung. Ohne Meister lasse sich der Betrieb nicht weiterführen, so Limm. Der sei mit dem Geschäft eng verbunden, habe mit 16 Jahren als Lehrling angefangen. "Jetzt ist er 50", sagt Limm. Dass er seinen Karriereweg gehe wolle, stehe ihm auch zu. Sich auf einen Nachfolger neu einzustellen, könne sie sich nach so langer Verbundenheit gar nicht vorstellen.

Ähnlich eng und eingeschworen ist das Verkaufsteam der Metzgerei. Die jüngste Mitarbeiterin sei 51 Jahre alt, eine schon im Rentenalter. Im Verkauf wechselten sich sechs bis acht Mitarbeiterinnen ab, eine käme nur montags, andere hätten einen Minijob. Die Arbeit bestehe aber nicht nur darin, hinter der Verkaufstheke zu stehen. Das Team habe viele der angebotenen Produkte selbst gemacht - von Kartoffel- und Fleischsalat bis zu Obazda und dem Marinieren des Grillfleischs.

Vor allem Rinder und Schafe hat das Team noch wöchentlich geschlachtet. Nicht nur für die Metzgerei, sondern auch für die umliegenden Bauern zum Eigenverbrauch. Eine andere Option, als alles jetzt endgültig dichtzumachen, sieht Limm nicht. "Ich habe sehr viel leer stehende Fläche, die gepflegt gehört", schildert sie. Für die ungenutzten Gasträume fielen immer noch Energiekosten an. So müsse sie etwa im Winter heizen, damit es zu keinen Frostdurchbrüchen in den Leitungen komme.

Zu spüren ist, dass dieser Abschied auf Raten Ingrid Limm nicht leicht fällt. Als ihr Mann Sebastian an Krebs starb, hatte sie wenig später das Gasthaus aufgegeben. Einen Pächter wollte sie nicht in ihrer Immobilie.

Damit schließt sich ein Kapitel Gastronomiegeschichte in Münsing. Verändert hat sich das Areal aber wiederholt. 1873 ist aus dem einstigen Wollschlager-Hof der Neuwirt geworden. Seit 1908 ist der Betrieb in Familienhand. Damals erwarb Joseph Limm nach mehreren Besitzerwechseln das Anwesen - und die Gemeinde erteilte ihm die Genehmigung zum Betrieb einer Schankwirtschaft. Auf einer historischen Fotografie von 1911 sind noch der Kuhstall und die Scheune im hinteren Gebäudebereich zu sehen. Die Metzgerei Limm existiert seit 1964. Ingrid Limm bleibt jetzt nur noch, sich auf ihre weitere private Zukunft zu konzentrieren, wie sie selbst sagt.

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