Corona-Lockerungen:Freiheit mit vielen Fragezeichen

Bleibt die Inzidenz unter 100, könnten Landkreisbürger bereits am Freitag wieder im Biergarten sitzen, ins Kino gehen oder Tretboot fahren. Gastwirte und Betreiber bereiten sich auf Öffnungen vor. Manche aber wollen noch warten - nicht nur wegen der Wettervorhersage

Von Konstantin Kaip, Paulina Porer und Moritz Hackl

Nach monatelangem Lockdown ist die Sehnsucht nach ein bisschen mehr gesellschaftlichem Leben auch im Landkreis groß. Und angesichts der Inzidenzwerte besteht nun endlich auch Anlass zur Hoffnung, dass bald wieder mehr möglich ist. Zwar lag der Sieben-Tage-Wert mit 90,7 Neuansteckungen pro 100 000 Einwohner am Montag etwas höher als am Wochenende. Allerdings ist der Wert nun schon seit dem vergangenen Freitag unter 100. Bleibt das über fünf Tage so, sind nach zwei weiteren Übergangstagen Lockerungen möglich. Es ist also denkbar, dass man schon am Freitag wieder in den Biergarten oder ins Kino gehen kann.

Coronavirus Gasthaus Rittergütl Irschenhausen Icking Pächter Alexander Linde

Wenn das Gesundheitsministerium zustimmt, können im Irschenhausener Gasthaus Rittergütl in ein paar Tagen wieder die ersten Gäste ihr Bier und ihr Essen mit Blick aufs Isartal genießen - Reservierung und aktueller negativer Schnelltest vorausgesetzt. "Wir haben viele Stammgäste, die werden sicher vorbeikommen", sagt Pächter Alexander Linde.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Im Ickinger Landgasthof Rittergütl hat Wirt Alexander Linde schon die Tische vor dem Haus hergerichtet. Wenn das Gesundheitsministerium zustimmt, können dort in ein paar Tagen wieder die ersten Gäste ihr Bier und ihr Essen mit Blick aufs Isartal genießen - Reservierung und aktueller negativer Schnelltest vorausgesetzt. "Wir haben viele Stammgäste, die werden sicher vorbeikommen", sagt Linde, der den Gasthof im Ortsteil Irschenhausen seit Sommer 2019 führt. Seine Küche müsse sich dafür nicht groß umstellen. Schließlich biete das Rittergütl bereits eine reduzierte Karte für Abholgerichte an, die dann auch für den Biergarten gelte. Das To-go-Angebot, das Kunden aus Icking, Starnberg und dem Münchner Süden gut annähmen, bleibe. Schwieriger werde es allerdings beim Service, sagt Linde. Er werde zwei Kräfte einteilen und eine auf Abruf stellen - "je nachdem, wie das Wetter wird".

Im Klosterbräustüberl Reutberg werden sich die Gäste hingegen noch etwas gedulden müssen. Der Biergarten werde wohl erst am Montag, 17. Mai, öffnen, sagt Georg Lichtenegger, der das beliebte Gasthaus in Sachsenkam zusammen mit Bernhard Haindl bewirtschaftet. "Vorher wird's zu knapp." Die Ware könne er schließlich erst dann bestellen, wenn auch die Genehmigung für die Lockerung sicher da sei.

Der Reutberger Biergarten ist deutlich geräumiger als der in Icking. Trotz coronabedingten Abstandsregeln gibt es dort laut Lichtenegger etwa 350 Plätze. Wann die Saison startet, hängt an zwei Unsicherheitsfaktoren: dem Wetter und dem Infektionsgeschehen. Er werde in den kommenden Tagen deshalb den Wetterbericht und die Webseite des Robert-Koch-Instituts sehr genau im Auge behalten, sagt der Gastronom. Schließlich sei der Sieben-Tage-Wert zuletzt zwei Tage in Folge wieder leicht gestiegen, weit sei man im Landkreis nicht von der entscheidenden 100 entfernt. Und weil seit Montag die Schulen wieder offen haben, könnten die Neuansteckungen auch schnell wieder steigen, befürchtet Lichtenegger. "Meine große Angst ist, dass wir wieder zumachen müssen." Seinen Betrieb mit insgesamt 40 Mitarbeitern, komplexen Kühlanlagen und verderblicher Ware erst hoch- und dann wieder herunterzufahren, wolle er vermeiden. "Das würde uns sehr viel Geld kosten."

Klosterbräustüberl Reutberg Außengastronomie Biergarten Georg Lichtenegger Sachenskam

"Meine große Angst ist, dass wir wieder zumachen müssen", sagt Georg Lichtenegger vom Klosterbräustüberl Reutberg.

(Foto: Manfred Neubauer)

Euphorie kommt deshalb in Reutberg auch nach sieben Monaten Lockdown vorerst nicht auf. Zumal die unübersichtlichen Corona-Regeln den Biergarten-Betrieb erschweren, wie Lichtenegger sagt. Nach offizieller Vorgabe dürfe ein Hausstand ohne Test an einem Tisch sitzen, erklärt der Wirt. Wolle man aber mit Freunden eines weiteren Haushalts zusammensitzen, sei ein aktueller negativer Schnelltest erforderlich. Vollständig Geimpfte und Genesene bräuchten indes keine Kontaktbeschränkungen zu beachten. "Es wird schwierig, das zu kontrollieren und den Gästen zu erklären, warum am anderen Tisch zehn Leute sitzen dürfen", prophezeit Lichtenegger.

Nicht gerade biergartenfreundlich ist auch die Wetterprognose, die eher kühle und verregnete Tage voraussagt. "Wir werden je nach Lage entscheiden, ob wir aufmachen oder nicht, und das dann am jeweiligen Morgen auf unserer Homepage veröffentlichen", sagt Lichtenegger. Die sollten die Gäste trotz Reservierung vor ihrer Fahrt nach Reutberg daher unbedingt konsultieren.

Witterungsabhängig ist auch der Betrieb im Ickinger Rittergütl. Er habe schon Reservierungen für Konfirmationen, die nur bei schönem Wetter stattfinden können, berichtet Linde. Das störe die Gäste aber genauso wenig wie die coronabedingt reduzierte Karte. "Die Leute sind flexibel", sagt er. "Sie sind einfach nur froh, wenn sie wieder rausdürfen."

Das weiß man auch bei den Freizeitbetrieben, die sich auf die Öffnung einstellen. Beim Bootsverleih Post am Walchensee laufen die Vorbereitungen schon seit ein paar Wochen. "Man muss ja alles wieder putzen und verkehrstüchtig machen", erklärt Reinhard Post. Ob er den Verleih am Wochenende tatsächlich startet, hängt neben den Corona-Zahlen aber auch bei ihm vom Wetter ab. Post rechnet damit, dass er kurzfristig öffnen kann. "Wir warten auf grünes Licht und dann geht's wieder weiter." Die Boote der Motorschifffahrt Kochelsee sind dagegen noch in der Bootshütte verstaut. Deren Bootsverleih ist jedoch startklar. "Sobald es geht, machen wir auf - das wollen wir ja", betont Betreiberin Kreszentia Kneidl.

Cornelia John Gudrun Heigl Kino Wolfratshausen

Ganz wetterunabhängig sind hingegen die Kinos, in denen statt der Sonne die Projektoren die Stimmung erzeugen. Doch genau diese Stimmung komme mit den vielen geltenden Reglementierungen nicht auf, findet die Geschäftsführerin des Kinocenters Wolfratshausen, Cornelia John (im Bild mit Mutter Gudrun Heigl).

(Foto: Hartmut Pöstges)

Ganz wetterunabhängig sind hingegen die Kinos, in denen statt der Sonne die Projektoren die Stimmung erzeugen. Doch genau diese Stimmung komme mit den vielen geltenden Reglementierungen nicht auf, findet die Geschäftsführerin des Kinocenters Wolfratshausen, Cornelia John. "Ein Kino ist ein Unterhaltungsbetrieb, und das kommt mit den Ausweispflichten, den Tests und Masken gerade einfach nicht rüber." Deshalb werde sie ihr Lichtspielhaus auch vorerst nicht aufmachen. "Wir wollen solidarisch mit den anderen Kinos öffnen. Und zwar dann, wenn es bundesweit möglich ist", sagt John. Dann erst lohne es sich auch, neue Filme vorzuführen, statt weiter die gleichen alten Streifen wie schon vor dem Lockdown über die Leinwand laufen zu lassen. Ein Bekannter habe es treffend auf den Punkt gebracht, sagt John: "Man kommt derzeit leichter nach Stammheim rein als ins Kino." Bis sich das ändert, müssen Wolfratshauser Filmfans noch geduldig bleiben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: