Wenn bei den kommenden Bundes- und Landtagswahlen ein bis zwei Minuten nach 18 Uhr schon die ersten, wie meist schon erstaunlich genauen Hochrechnungen auf den Fernsehschirmen erscheinen, dann werden die Geretsrieder zur zügigen Ermittlung der Wahlresultate beigetragen haben. Denn die Stadt ist als "Bundeswahlleiter-Repräsentativbezirk" auserkoren worden. Bei den Landtagswahlen wird die Forschungsgruppe Wahlen Erhebungen für das ZDF anstellen. Für den Privatsender RTL treten, ebenfalls in Geretsried, die Statistiker der Sozialforschungsgesellschaft Forsa auf den Plan. Sie befragen im Wahllokal in der Isardammschule die Wähler anonym und geben ihre Ergebnisse an die jeweiligen Zentralen ihrer Institute weiter.
Die erhobenen Daten ermöglichen nicht nur eine schnelle Ermittlung des zu erwartenden Wahlergebnisses, sondern geben auch Auskunft über das Wahlverhalten der Geschlechts- und Altersgruppen sowie über die Wahlbeteiligung in den Bezirken, die in einschlägige Statistiken einfließt. Sie ermöglichen Aussagen darüber, wie Männer und Frauen welcher Altersgruppe gewählt haben. Die für die Auswertung benutzten speziellen Stimmzettel enthalten jeweils einen Unterscheidungsaufdruck nach Geschlecht und sechs Altersgruppen. Personenbezogene Daten wie Name, Anschrift oder Geburtsdatum seien dabei nicht enthalten, heißt es in einer Erklärung des Bundeswahlleiters. Deshalb sei das Wahlgeheimnis gewährleistet. Es sei sichergestellt, "dass keinerlei Anhaltspunkte für die Stimmabgabe einer Einzelperson gewonnen werden können". Die gekennzeichneten Wahlscheine werden jeweils mit einem Buchstaben für jede Geschlechts- und Altersgruppe versehen, wodurch die Auswertung erleichtert wird.
Ein erhöhter Aufwand sei es aber trotzdem, versicherte der Geretsrieder Wahlleiter Werner Frank bei einem Pressegespräch. Wie er betonte, war es nicht das erste Mal, dass die Statistiker in Geretsried ermittelt haben - auch bei den vergangenen und den vorletzten Landtagswahlen stellten sie ihre Erhebungen bei Wählern in der Karl-Lederer-Schule an. Für alle, die sich über die Durchführung der repräsentativen Wahlstatistik genauer informieren wollen, liegen Merkblätter im Rathaus aus.
Zweiter Bürgermeister Gerhard Meinl verband die Erläuterungen zum Thema Repräsentativbezirk mit dem scherzhaft formulierten, aber gleichwohl ernst gemeinten Appell, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen. Er betonte dies vor dem Hintergrund der Landtagswahl des Jahres 2008, als in Geretsried bestürzend wenige, nämlich nur 51,2 Prozent der wahlberechtigten Bürger zu den Urnen gingen. Erstaunlich ist es nach Meinls Worten, dass sehr vielen Bürgern noch nicht bewusst sei, dass an zwei aufeinanderfolgenden Sonntagen, am 15. September (Landtag) und am 22. September (Bundestag) gewählt wird. Das sei "bei manchem einfach noch gar nicht richtig angekommen". Allen, die an den Wahlsonntagen verhindert sind, empfiehlt Meinl die Briefwahl - wer sich dafür entscheide, müsse mittlerweile keinen Grund mehr angeben, sondern könne die Wahlunterlagen direkt abholen oder auch im Rathaus selbst ausfüllen und seinen Stimmzettel gleich in die verschlossenen Urnen werfen. Zum Wählen sind im Rathaus schon geschlossene Kabinen aufgestellt.
2600 Briefwähler für den Landtag beziehungsweise 1700 Briefwähler für den Bundestag haben von dieser Möglichkeit schon Gebrauch gemacht. Am Wahltag werden diese Stimmen separat ausgezählt. Für die Stadt hat das Verfahren den Vorteil, dass sie sich die Portokosten erspart.
Als statistische Anmerkung stellte Meinl noch fest, dass bei der Landtagswahl 17 301 Geretsrieder wahlberechtigt sind, bei der Bundestagswahl seien es 20 oder 30 Berechtigte mehr, was auf die in Geretsried lebenden Auslandsdeutschen zurückzuführen sei.