Für den Klimaschutz:Lenggries auf dem Weg zur Energiewende

Für den Klimaschutz: Inbetriebnahme des Biomasseheizkraftwerks Lenggries mit (von links): Martin Sappl vom technischen Bauamt, Bürgermeister Werner Weindl und Planer Christian Schuhmacher.

Inbetriebnahme des Biomasseheizkraftwerks Lenggries mit (von links): Martin Sappl vom technischen Bauamt, Bürgermeister Werner Weindl und Planer Christian Schuhmacher.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Gemeinde nimmt eine Hackschnitzelheizung für mehrere kommunale Gebäude in Betrieb

Von Petra Schneider

Ein leises Brummen ist in dem neuen Gebäude am Schulsportplatz zu hören, Heizkessel, Leitungen und ein raumhoher Speichertank strahlen eine angenehme Wärme ab. Seit voriger Woche ist in Lenggries die neue Hackschnitzelheizung samt Nahwärmenetz in Betrieb, die den Schulkomplex mit den Turnhallen, die "Isarwelle", Rathaus, Touristinfo, Alpenfestsaal, Bücherei und künftig den "Gasthof Post" mit Wärme versorgt. Alles funktioniere bestens, "im Rathaus ist es warm", sagte Bürgermeister Werner Weindl (CSU) beim Rundgang am Dienstag.

Mit dem Biomasse-Heizkraftwerk, das an das seit zehn Jahren laufende Blockheizkraftwerk (BHKW) angeschlossen ist, leiste die Gemeinde einen Beitrag zur Energiewende. Hackschnitzel sind klimaneutral, weil bei der Verbrennung nur soviel Kohlendioxid freigesetzt wird, wie die Hölzer beim Wachsen aufgenommen haben. Durch die neue Anlage könnten 650 Tonnen Kohlendioxid (CO₂) pro Jahr eingespart werden, sagte Planer Christian Schuhmacher. Die zum Teil 40 Jahre alten Ölheizungen in den nun angeschlossenen Gebäuden, die jährlich 240 000 Liter Heizöl verbraucht hatten, wurden ausgebaut.

Für die Biomasseheizanlage werden pro Jahr 42 Lastwagen-Ladungen Hackschnitzel angeliefert, in der sehr kalten Zeit zwischen Dezember und Februar sind es elf. Sie werden in einem Bunker gelagert, der mit einem elektronisch steuerbaren Deckel abgesichert ist. Weil die Abwärme der Anlage zur Trocknung der Hackschnitzel genutzt wird, bleibe der Deckel immer schneefrei, sagte Schuhmacher. Über ein Förderband wird das Brennmaterial nach oben gebracht, ein Magnetabscheider sortiert Metallteile aus. Die anfallende Asche sei rückstandsfrei und dürfe "auf Wald und Flur" ausgebracht werden. Eine zweistufige Abgasreinigung filtere Schadstoffe wie Feinstaub aus. "Die Anlage ist deutlich sauberer als jede Erdgasheizung", sagte Schuhmacher.

Weil die benötigte Hackschnitzelmenge der Lenggrieser Anlage einen festgesetzten Schwellenwert überschreitet, müssen Lieferverträge europaweit ausgeschrieben werden. Für die Gemeinde sei das ein "Riesenaufwand", sagte Weindl. Auch ökologisch hat das wenig Sinn: Denn dann werde auf unter Umständen langen Transportwegen wieder viel CO₂ und Feinstaub freigesetzt, den man in modernen Biomasseheizkraftwerken durch aufwendige Filteranlagen vermeide. Die neue Hackschnitzelheizung ist an ein Blockheizkraftwerk gekoppelt, das Strom und Wärme erzeugt. Es wird mit Erdgas, einem fossilen Brennstoff, betrieben. Mittelfristig wolle man auf Biogas umsteigen, das durch die Vergärung von Biomasse entsteht, sagte Bürgermeister Weindl. Im Sommer läuft nur das Blockheizkraftwerk, in den kälteren Monaten deckt die Hackschnitzelheizung den zusätzlichen Wärmebedarf. Zwei Gasbrennwertkessel tragen vier Prozent zur Wärmeproduktion bei und übernehmen bei Störungen den Notbetrieb. "Wir müssen niemanden evakuieren, falls die Hackschnitzelheizung mal ausfällt", sagte der Planer. Die Anlage läuft vollautomatisch, Störmeldungen gingen bei der Gemeindeverwaltung ein.

"Ein Kraftakt"

Ein Pufferspeicher, der 30 000 Liter Wasser fassen kann, wirkt wie eine Batterie und sorgt dafür, dass die Anlagen optimal genutzt werden: Wenn in BHKW und Hackschnitzelheizung mehr Wärme erzeugt wird als gebraucht, wird mit der überschüssigen Energie Wasser im Pufferspeicher erhitzt. Damit wird vermieden, dass die Anlagen heruntergefahren werden müssen, was den Wirkungsgrad verschlechtern würde. Über Leitungen, in denen 45 000 Liter Wasser zirkuliert, wird die Wärme in die angeschlossenen Gebäude geleitet.

Der Aufbau des Nahwärmenetzes sei "ein Kraftakt" gewesen, sagte Schuhmacher. Denn die Leitungen mussten in einer 4,50 Meter tiefen Grube den Dorfbach unterqueren. Auch im Bereich der Marktstraße führten die Bauarbeiten zu Verkehrsbehinderungen, die von den Bürgern aber "geduldig" ertragen worden seien, wie Weindl sagte. Der Bürgermeister könnte sich vorstellen, dass längerfristig auch Kindergarten, Haus der Senioren und Pflegeheim angeschlossen werden. Nicht geplant sind allerdings private Hausanschlüsse. Denn dann müsste die Gemeinde eine eigene Gesellschaft gründen und Personal einstellen, was die Preise für Privatkunden erhöhen würde. "Bei uns ist das Nahwärmenetz nur für kommunale Gebäude gedacht", sagte Weindl.

Die Gesamtkosten für das Biomasseheizkraftwerk und die Leitungstrasse belaufen sich auf 3,5 Millionen Euro. Die Gemeinde erhält einen Zuschuss von rund zwei Millionen - 50 Prozent aus europäischen Fördermitteln, zehn Prozent schießt der Freistaat zu.

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