Für 40000 Euro saniert:Kleines Juwel in neuem Glanz

Die evangelische Kirche in Kochel vereint auf kuriose Weise Jugendstil mit barockisierenden Elementen. Nun ist sie restauriert worden

Von Veronika Ellecosta, Kochel am See

Das weiße Kirchlein mit dem auffallend geschwungenen Zwiebeltürmchen, das Kochels Protestanten als Gotteshaus dient, hat in seiner noch jungen Geschichte erst wenige Restaurierungsarbeiten hinter sich. Die letzte denkmalpflegerische Reinigung der Wand- und Deckenflächen wurde 1975 durchgeführt. Im Frühling dieses Jahres war es deshalb nach 44 Jahren wieder soweit, eine denkmalgerechte Restaurierung an der Wandbemalung durchzuführen, wie dem Gemeindebrief der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Kochel zu entnehmen ist. Die Kirchenmalereien seien verdunkelt und verschmutzt gewesen, so Pfarrerin Elke Binder.

ev. Kirche Kochel

Die letzte denkmalpflegerische Reinigung der Wand- und Deckenflächen wurde 1975 durchgeführt.

(Foto: Manfred Neubauer)

In den Wandsockelbereichen waren mehrere, zeitlich unterschiedlich ausgeführte Anstrich- und Putzausbesserungen erkennbar. Auch Putzausblühungen und Wandrisse, vor allem beim Chorbogen, seien vereinzelt vorhanden gewesen, schreibt Restaurator Matthias Wenzl in seinem Restaurierungskonzept. Er hat die Arbeiten geleitet. Geplant habe man die Restaurierung mit Vorlauf seit 2018. Während dieser Zeit habe die Kirchengemeinde auch die nötigen Spendengelder sammeln können. Die Kosten betrugen etwa 40 000 Euro, die vor allem durch Privatspenden und die Kommune gestemmt wurden.

ev. Kirche Kochel

Kurioses Einzelstück: Die evangelische Kirche in Kochel vereint Elemente des Jugendstils mit Bezügen zum Barock.

(Foto: Manfred Neubauer)

Begonnen haben die Arbeiten nach Pfingsten, diese Woche werden sie pünktlich abgeschlossen sein, betont Pfarrerin Binder. Am Sonntag, 4. August wird die Evangelisch-Lutherische Kirche Kochel den ersten Gottesdienst zur Wiedereröffnung feiern - mit besonderer Orgelmusik, einem liturgischen Chor und anschließendem Kirchcafé.

Für die etwa 1400 Protestanten der Kirchengemeinde gab es allerdings auch an den vergangenen Sonntagen Gottesdienste. Während der sechswöchigen Arbeiten wich die Kirchengemeinde in umliegende Räumlichkeiten in Benediktbeuern und Walchensee aus. Von 4. August an werden die Sonntags-Gottesdienste wieder regelmäßig in der Kochler Kirche stattfinden.

evangelische Kirche Kochel Restaurierung

Die besondere Kirche ist nun restauriert worden.

(Foto: oh)

Die kleine Kirche wurde in den Jahren 1913 und 1914 im damals typischen Jugendstil von dem Münchner Architekten Herrmann Selzer errichtet, nachdem 25 evangelische Christen aus Kochel bereits 1903 einen "Kapellen Bauverein" gegründet hatten. Gründungsmitglied Karl Gustav La Roche hatte dem Verein das Grundstück zur Verfügung gestellt, auf dem das Gotteshaus heute steht. Charakteristische Elemente wie dekorativ geschwungene Linien und flächenhafte Ornamente vermischen sich im Inneren mit barockisierenden Voluten und Stuckierungen.

Diese Bezüge zum Barock in der Kochler Kirche stehen kurioserweise im Widerspruch zum Jugendstil, der nach Erneuerung und Aufbruch strebte und jeglichen Historismus ablehnte. Warum die Kirche in Kochel dennoch beides vereint, erklärt die Architekturhistorikerin Kaija Voss als "Zugeständnis an die katholische Mehrheit in Bayern".

Mit den Restaurierungsarbeiten ist die Evangelisch-Lutherische Kirche nun wieder der Öffentlichkeit zugänglich. Elke Binder freut sich über die gelungene Denkmalpflege. "Sogar unser Organist hat gesagt, dass die Akustik besser geworden ist. Vielleicht liegt das daran, dass die Wände jetzt glatter sind", sagt die Pfarrerin.

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