Fünfseen-Filmfestival in Starnberg:Was wäre, wenn ich mich lieben könnte?

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Susanne Petz hat einen Dokumentarfilm über Selbstliebe gedreht, der am Mittwoch im Gröbenzeller Kino gezeigt wird. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Journalistin Susanne Petz aus Münsing stellt ihren Dokumentarfilm "...wie Dich selbst?" vor

Von Anja Brandstäter, Münsing

Horst Wendt ist 88. Er sagt: "Ich habe mich vor längerer Zeit entschlossen zu lieben, und zwar alles, inklusive mich selbst." Wendt ist Gärtner, hat die Schlossgärtnerei Weidenkam aufgebaut und arbeitet nach den strengen ökologischen Regeln von Demeter. Und er ist einer der neun Protagonisten des Dokumentarfilmprojekts "...wie Dich selbst?" von Susanne Petz und Ralph Gladitz, der am Freitag, 20. August, auf dem Fünfseen-Filmfest in Starnberg Premiere feiert. "Ich freue mich sehr, dass Matthias Helwig unseren Film in das Programm aufgenommen hat", sagt Susanne Petz, Co-Produzentin und Regisseurin. Zusammen mit dem Filmemacher Ralph Gladitz arbeitet sie nun schon seit drei Jahren intensiv an der Umsetzung. Ihr Thema: Selbstliebe.

Seit dreizehn Jahren verdient Petz ihr Geld als Business-Coach. Dabei habe sie immer deutlicher erkannt, wie wichtig die Selbstliebe für unser Leben und unsere Gesellschaft sei. "Mir ist aufgefallen, dass viele Menschen meinen, sie dürfen nicht sie selber sein, um Erfolg zu haben", sagt Petz. "Die meisten von uns sind so sehr damit beschäftigt, Rollen und Erwartungen zu erfüllen, dass sie dabei weit über ihre Grenzen hinausgehen. So entsteht ein Mangel an Wertschätzung, Wohlwollen und Liebe für uns selbst, der unsere Gesellschaft an den Punkt gebracht hat, an dem wir heute sind." Dieses Thema hat sie nicht mehr losgelassen. Die Journalistin nahm ihren ersten Beruf, Filme zu produzieren, wieder auf und suchte Mitstreiter für ihr Herzensanliegen.

Ihre These: Wenn ich mich selbst in einem gesunden Maße liebe, nehme ich mich so an, wie ich bin. Ich lebe gesund, weil ich es mir wert bin. Ich achte auf die Umwelt, weil sie für mich genauso wertvoll ist. Ich gehe wertschätzend mit meinen Mitmenschen um, wie mit mir selbst.

Politische Dimension

Ralph Gladitz stieg zuerst aus Freundschaft in das Projekt ein. Doch schon nach dem ersten Drehtag erkannte er die politische Dimension des Themas. Als Reporter und Filmemacher ist er weltweit unterwegs, um über konträre Lebenswelten zu berichten. Mit Dominik Utz und Martin Schwimmer von der Produktionsfirma Domar Film holte Susanne Petz zwei weitere Profis mit ins Boot. "Pandemiebedingt war genug Ruhe und Muße da, so dass wir viel drehen und unser Material sofort schneiden konnten", sagt sie.

Für den Film haben sich neun Menschen darauf eingelassen, ihr Leben zu hinterfragen. Sie sind zwischen 28 und 88 Jahre alt und gehen unterschiedlichen Berufen nach. Vor laufender Kamera sitzen sie auf einem Hocker inmitten der oberbayerischen Landschaft, jeder an einem anderen Ort, im Wald, auf einer Lichtung, am See oder an einem Flusslauf. Sie räsonieren über folgende Kernfragen: Welchen Einfluss hat es auf mein Dasein, dass ich mich liebe? Wovon hängt es ab, ob ich mich ohne Wenn und Aber wertschätzen kann? Was macht es schwer, was leicht? Welche Auswirkungen hat meine Selbstliebe auf unser Miteinander, auf unseren Umgang mit der Welt? Und was wäre anders, wenn ich mich noch etwas mehr lieben könnte?

Gemeinsam mit Kameramann Pius Neumaier entwickelten die beiden Regisseure Susanne Petz und Ralph Gladitz einen puristischen Dokumentarfilm. Dabei bleibt der Fokus ganz bei den Protagonisten, die über das eigene Leben nachdenken. Die grandiosen Landschaftsaufnahmen verleihen dem Film Ruhe und Bodenhaftung. Stephan Willig hat dazu Musik komponiert und eingespielt. Sie verstärkt die Momente der Stille, des Schweigens oder des Nachdenkens. Hoffnung auf eine lebenslange Entwicklung gibt die 86-jährige Ingeborg: "Ich bin ein Kind aus gutem Haus", erzählt sie. "Ich war beruflich eine erfolgreiche Fotografin. Aber lieben tue ich mich erst jetzt im hohen Alter."

"Ich bin eine Übende"

Und wie steht es mit Petz? "Ich bin selber eine Übende in meinem Leben, wie alle anderen auch", lacht sie. "Zu spüren, dass viele Menschen auf diesem Weg sind, könnte uns beflügeln." Sie will eine Bewegung anstoßen, die sie "Generation L" nennt. L steht für Liebe. "Wer sich selbst liebt, schmeißt seinen Müll nicht achtlos auf den Boden. Und wenn es passiert, dann regt sich zumindest hinterher das Gefühl, dass das nicht richtig war." Ihr Film soll ein Leuchtturm sein, um Mitstreiter für diese Bewegung zu finden. Zudem betreibt sie einen Blog, in dem wöchentlich neue Beiträge erscheinen, und verschickt regelmäßig Social-Media-Posts. "Ich möchte die Menschen miteinander vernetzen", sagt Petz.

"Liebe deinen Nächsten wie dich selbst", heißt es in der Bibel. Wie würde sich die Welt verändern, wenn mehr Menschen das tatsächlich täten? Welche Perspektiven täten sich auf? Um Perspektiven geht es in diesem Jahr auch beim Fünfseen-Filmfestival - um Austausch, verschiedene Blickwinkel und Wahrnehmungen. Kultur ist ein wesentlicher Motor hierfür. Man sucht Ideen für eine gute Zukunft, um einer Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken.

Zwar hat Petz bislang keine Förderungen für den Film erhalten. "Wir sind aber im Wettbewerb für den Horizonte Filmpreis", freut sie sich. Der Preis wird an einen aktuellen Langfilm aus Mitteleuropa verliehen, der sich in besonderem Maße um Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichstellung der Geschlechter und stimmiges Zusammenleben zwischen Mensch und Natur verdient macht.

"...wie Dich selbst?" läuft am Freitag, 20. August, im Kino Starnberg (Beginn 20 Uhr) und am Samstag, 21. August, im Kino Gauting (14 und 17 Uhr), ausführliche Infos unter www.fsff.de

© SZ vom 19.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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